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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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veröffentliche?»
    Tron nickte. «Ich denke, das lässt sich machen.»
    «Dann hätte ich das Überraschungsmoment auf  meiner Seite. Neben einer künstlerisch wertvollen Novelle dürfte sein plumpes Kommissgereime ziemlich blass aussehen. So jedenfalls habe ich Signorina Violetta meine Strategie geschildert. Sie war beeindruckt. Wie viel Zeit habe ich, Commissario?»
    «Der nächste Emporio erscheint im Oktober. Wir brauchen die Manuskripte Ende August.»
    «Das dürfte zu schaffen sein. In diesen Novellen muss sich ja nichts, äh, reimen. Oder?» Spaur sah Tron unsicher an.
    Tron schüttelte den Kopf. «Nein. Prosa reimt sich nicht.»
    Spaur nickte befriedigt. «Das dachte ich mir. Es gibt nur ein kleines Problem.»
    «Und welches?»
    «Die Handlung», sagte Spaur seufzend. «Und die Personen.» Er griff zu seinem Szklanka und warf einen düsteren Blick auf die klare Flüssigkeit. «Mir fällt einfach nichts ein. Vielleicht hätten Sie einen Vorschlag.»
    Tron fragte sich, warum der Polizeipräsident nicht einfach wieder abkupferte – so wie bei den Gedichten, die er in der letzten Nummer des Emporio della Poesia veröffentlicht hatte. Den Blick auf Spaurs Barett gerichtet, sagte er, ohne nachzudenken: «Wie wäre es mit einem Künstler als Hauptfigur? Vielleicht einem Schriftsteller in den besten Jahren?»
    Spaurs Gesicht, nach den vielen Szklankas so rot wie eine reife Tomate, hellte sich wieder auf. «Sehr gut.»
    «Dieser Schriftsteller», fuhr Tron fort, «kommt nach Venedig und …» Ja, und was? Fährt Gondel?
    Nein, das war zu trivial. Trinkt einen Kaffee im Florian? Darin lag auch kein theatralisches Potenzial.
    Tron, dem nichts Besseres einfiel, sagte schließlich:
    «Er verliebt sich.» Im Prinzip war das jedenfalls keine schlechte Idee. Doch in wen verliebt sich der ältere Schriftsteller? In ein Zimmermädchen? Oder in eine Gräfin? Trons Blick fiel auf den Szklanka mit dem Wyborowa. «In eine junge Polin», sagte er.
    Das war jetzt ziemlich weit hergeholt, aber Spaur schien es zu gefallen. «Reden Sie weiter, Commissario.»
    «Aber bevor er ihr seine Liebe erklären kann  …»Jetzt musste unbedingt etwas Dramatisches her!
    Aber was? Ertrinkt er? Trifft ihn der Schlag? Stirbt er an einer Alkoholvergiftung? Irgendwie, dachte Tron, schien sich der Wyborowa auf sein Denkvermögen auszuwirken. «Stirbt er an … Cholera», sagte er.
    Nicht gerade originell, aber Tron war froh, dass ihm überhaupt etwas eingefallen war.
    Was Spaur offenbar völlig anders sah, denn er starrte ihn mit großen, bewundernden Augen an.
    Nachdem der Polizeipräsident sich mit einem kräftigen Schluck aus seinem Szklanka gestärkt hatte, sagte er: «Haben Sie etwas zu schreiben, Commissario?»
    «Selbstverständlich, Herr Baron.» Tron griff in die Innentasche seines Gehrocks. Spaur liebte es, Anweisungen wie Stabsbefehle zu diktieren. Tron führte deshalb immer ein kleines Notizbuch mit sich.
    «Dann gebe ich Ihnen», fuhr Spaur fort, «jetzt ein paar Stichpunkte.» Er warf den Kopf in den Nacken, spitzte künstlerisch den Mund und rollte, den Blick nach innen gekehrt, in tiefem Nachdenken die Augen. Schließlich sagte er: «Älterer Schriftsteller. Notieren Sie das.»
    Tron, der plötzlich das Gefühl hatte, vor einer Ohnmacht zu stehen, nickte und machte sich eine entsprechende Notiz in sein Büchlein.
    Wieder versank Spaur in tiefes, augenrollendes Nachsinnen, das er nur einmal kurz unterbrach, um einen weiteren Schluck aus seinem Szklanka zu nehmen. Dann sagte er, den Kopf im Nacken und den Blick konzentriert an die Saaldecke gerichtet: «Liebe. Notieren Sie das ebenfalls.»
    Tron notierte das Wort Liebe in sein Notizbuch.
    War der Polizeipräsident jetzt fertig? Offenbar noch nicht. Tron sah, dass Spaur seine Augen geschlossen hatte – zweifellos, um seine Konzentration zu fördern. Spaur summte ein wenig und sagte, nachdem er die Augen wieder geöffnet hatte: «Cholera.»
    Was Tron sich ebenfalls notierte.
    Spaur wischte sich mit der Serviette den Schweiß von der Stirn und blickte Tron an. Er wirkte wie ein Mann, der gerade eine überaus anstrengende Arbeit verrichtet hat. «Sind Sie mitgekommen, Commissario?»
    Tron senkte bejahend den Kopf. «Schriftsteller, Liebe, Cholera.»
    «Korrekt», sagte Spaur. Er beugte sich mit überraschender Energie über den Tisch und rieb sich unternehmungslustig die Hände. «Und jetzt entwerfen Sie anhand meiner Stichworte ein grobes Handlungsgerüst. Ich werde dann Ihren Entwurf zu

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