Gondeln aus Glas
unbehagliches Gesicht, so als wäre es ihm unangenehm, in diesem Zusammenhang dreimal das Wort Köchin in den Mund zu nehmen.
«Wann haben Hoheit es erfahren?»
«Heute Morgen beim Frühstück.» Troubetzkoy schüttelte den Kopf, so als könne er es immer noch nicht fassen. Dann sah er Tron an. «Übrigens habe ich mit Ihrem Besuch gerechnet, Commissario. Ich nehme an –», er räusperte sich nervös –, «Sie wissen Bescheid.» Nachdem Troubetzkoy das gesagt hatte, wandte er abrupt den Blick ab und heftete ihn auf die Fingernägel seiner linken Hand.
Tron wollte, dass der Großfürst es noch einmal aussprach. «Worüber sollte ich Bescheid wissen?»
Troubetzkoy, den Blick immer noch auf seinen Fingernägeln, räusperte sich erneut. «Über meine Beziehung zu Signora Potocki.»
Tron nickte. «Signor Potocki hat mir davon erzählt.»
«Gibt es schon einen Hinweis auf den Täter?»
«Es muss jemand gewesen sein, der mit Signora Potocki gut bekannt war.»
«Woraus schließen Sie das?»
«Signora Potocki saß an ihrem Erard, als sie ermordet wurde. Der Mörder hat ihr von hinten eine Schlinge über den Kopf geworfen.»
«Sie ist erdrosselt worden?»
Tron nickte. «Sie hat sich weder gewehrt, noch hat sie geschrien. Dass jemand die sala unbemerkt betreten haben könnte, ist äußerst unwahrscheinlich.
Es kann nur jemand gewesen sein, mit dem sie gut bekannt war und von dem sie nichts zu befürchten hatte.»
«Und wer käme da in Frage?»
«Wie ich schon sagte: jemand aus ihrem engsten Bekanntenkreis. Der hier in Venedig nicht besonders groß war.»
«Das dürfte die Suche nach dem Täter erleichtern.»
«Es gibt noch einen anderen Umstand, der uns die Suche erleichtert.»
«Und der wäre?»
Tron lächelte freundlich. «Dass der Täter vermutlich über den Altan geflüchtet ist. Der Mord geschah kurz bevor ich die sala betreten hatte. Im Treppenhaus bin ich niemandem begegnet, aber ich habe Schritte gehört, die nach oben führten.»
«Sie haben das Dachgeschoss durchsucht?»
«Selbstverständlich.»
«Und auf dem Altan war auch niemand?»
Tron schüttelte den Kopf. «Nein. Aber der Täter könnte über den Steg in den Palazzo Contarini geflüchtet sein.»
«Ich sehe nicht, wie jemand vom Altan in den Palazzo Contarini kommen könnte. Der Zugang zum Altan ist verschlossen.»
«Nicht für jemanden, der einen Schlüssel hatte.»
Troubetzkoy runzelte die Stirn. «Sie meinen, der Mörder könnte den Schlüssel von Signora Potocki an sich genommen haben?»
«Eigentlich dachte ich an eine andere Möglichkeit, Hoheit.»
«Ich verstehe Sie nicht ganz, Commissario.» Der Großfürst sah Tron an und brachte es fertig, so auszusehen, als würde er Tron tatsächlich nicht verstehen.
«Signor Potocki hat mir versichert, dass Signora Potocki die Absicht hatte, dieses Verhältnis zu beenden, und dass Hoheit mit dieser Trennung nicht einverstanden waren. Es sollen Drohungen in diesem Zusammenhang gefallen sein.» Tron räusperte sich nervös. «Hoheit sollen geäußert haben, dass Hoheit sich nichts wegnehmen ließen.»
Tron hatte erwartet, dass Troubetzkoy auf diese Worte hin explodieren würde, aber der sah Tron nur spöttisch an. «Und weil Konstancja die Absicht hatte, sich von mir zu trennen, habe ich sie erdrosselt? Und mich dann über den Altan wieder davongemacht? Ist das Ihre Logik?»
Tron sagte höflich: «Es handelt sich lediglich um eine Hypothese. Allerdings spräche noch etwas dafür.
Hoheit sollen Signora Potocki gegenüber ein Problem erwähnt haben, das es im Zusammenhang mit einem Gemälde gegeben hat.»
«Sie meinen, Signora Potocki hat etwas gewusst, das mir hätte gefährlich werden können? Das ist lä cherlich.»
Troubetzkoy schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und schüttelte den Kopf. «Ich dachte, das Thema wäre abgeschlossen.»
«Es ist erst dann abgeschlossen, wenn das Gutachten über den Tizian vorliegt.»
Tron sah, wie Troubetzkoy ansetzte, etwas zu erwidern, dann aber seinen Stuhl zurückschob und aufstand. Der Großfürst ging zum Fenster und blieb einige Augenblicke lang reglos stehen. Schließlich drehte er sich wieder um, kam zurück zum Schreibtisch und setzte sich. Als er sprach, war seine Stimme leise, aber schneidend.
«Ich hätte Sie nicht empfangen», sagte der Groß fürst langsam, «wenn ich gewusst hätte, welche Fragen Sie mir stellen würden, Commissario.» Er nahm eine Zigarette aus dem silbernen Kästchen und zündete sie an. «Tatsache ist»,
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