Gone 4: Rache
Sam und Caine nicht da waren, gab es niemanden, der auch nur die geringste Chance gegen ihn hatte. Aber wenn Brianna mit ein paar von Edilios bewaffneten Leuten aufkreuzte, konnten sie Jamal umlegen. Und wenn Jamal nicht mehr da wäre, hätten sie ihn, sobald Brittney auftauchte. Und würden ihn wieder einsperren. Dann käme Sam zurück und dieses Mal würde er es zu Ende bringen.
Sich selbst wieder zusammenzubauen, als er in drei Teile zerschnitten war, war absolut cool gewesen. Aber er wusste nicht, ob das noch ginge, wenn er nur noch aus Asche bestünde. Und Sam die Asche im Meer verstreute.
Diese Vorstellung machte Drake nervös. Er musste Brittney irgendwie loswerden. Sonst bliebe er für immer und ewig von Jamal abhängig. Aber wie sollte er das anstellen? Es war hoffnungslos. Einen verzweifelten Moment lang stellte er sich vor, zeitlebens an sie gekettet zu sein.
Doch dann – ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht gab es ja jemanden, der ihm helfen konnte. Er spürte, wie dieser Jemand seinen Verstand berührte. Nein, er hatte ihn nicht vergessen.
»Steh auf. Wir gehen«, sagte Drake.
»Wohin?«, wollte Jamal wissen.
»Wir gehen zu …« Beinahe hätte er »zu einem Freund« gesagt. Aber »Freund« war nicht das richtige Wort. Er war so viel mehr als das.
»Zu meinem Meister.«
Sanjit hatte kein Problem, Blumen zu finden. Viele waren es nicht, die meisten hatten die Kids gegessen, aber in den verwilderten Gärten der verlassenen Häuser entdeckte er eine kleine Rose, Ringelblumen und noch ein paar, die er nicht kannte. Manches davon war vermutlich nur Unkraut, aber trotzdem hübsch.
Als er einen kleinen Strauß gepflückt hatte, ging er kurz nach Hause, um nach Bowie zu sehen. Bowie ging es besser. Vielleicht würde er wieder ganz gesund werden.
Virtue, der an diesem Morgen auf seinen kleinen Bruder aufpasste, starrte auf die Blumen. Dann sah er Sanjit an, als hätte er den Verstand verloren.
»Was ist das?«
»Das?« Sanjit blickte in gespielter Überraschung auf den Strauß. »Ich weiß nicht. Vielleicht Blumen?«
»Ich weiß, dass es Blumen sind. Aber wofür brauchst du die?«
»Ich will sie jemandem schenken.«
»Diesem Mädchen?«
»Ja, Choo. Sie sind für dieses Mädchen.«
»Du solltest ihr lieber aus dem Weg gehen. Sie ist richtig unheimlich.«
»Aber auch richtig heiß, findest du nicht?«
Virtue verdrehte die Augen. »Es wurde eine Quarantäne verhängt, hast du das nicht mitbekommen? Wo warst du die ganze Zeit? Niemand darf raus.«
»Eine was ?«
»Eine Quarantäne. Wegen der Grippe. Wir sollen in unseren Häusern bleiben.«
Sanjit winkte ab. »Ich hab die Grippe schon mal gehabt. Alles halb so wild.«
»Mag sein, aber sie haben die Quarantäne bestimmt nicht zum Spaß ausgerufen. Du kennst diese Leute nicht. Die meisten von ihnen sind übergeschnappt und wahrscheinlich zu allem fähig, wenn sie dich draußen erwischen.«
»Ich komme ja wieder«, sagte Sanjit vergnügt. »Außer sie erhört mich.«
»Oder erwischt dich mit ihrem Schießeisen.«
»Auch das ist möglich.« Sanjit tätschelte Bowies Kopf, sah kurz nach den anderen und verließ das Haus.
Auf den Straßen von Perdido Beach war nie viel los. Nicht wie in New York oder Bangkok. Aber jetzt herrschte Totenstille. Keine Menschenseele weit und breit.
Also stimmte das mit der Quarantäne. Aber wenn schon: Wo wäre er mit Grippe besser aufgehoben als bei Lana, der Heilerin?
Er erreichte das Clifftop Hotel und stieß die Tür zur Lobby auf. Er wusste, dass Lana das beste Zimmer im obersten Stockwerk bewohnte, eines mit Balkon und Blick auf die Klippe, den Strand und das Meer.
Oben angekommen, betrat er einen Flur, in dem sich eine Tür an die andere reihte. Die meisten standen offen. Sie waren von hungrigen Kids eingetreten oder aufgebrochen worden, um die Minibars zu plündern.
Als er dachte, die richtige Tür gefunden zu haben, strich er seine Klamotten glatt, zupfte die Blumen gerade und klopfte an. Das Zimmer wurde sofort von Patricks lautem Bellen erschüttert.
Der Spion verdunkelte sich.
Er lächelte und winkte.
Von drinnen war leises Fluchen zu hören. Dann: »Ist schon gut, Patrick, bloß so ein Idiot.«
Die Tür ging auf. In Lanas Mundwinkel hing eine Zigarette, in ihrer Hand lag die Pistole.
»Was ist?«, fuhr sie Sanjit an.
»Blumen«, sagte Sanjit und hielt ihr den Strauß hin.
Lana starrte die Blumen an. »Willst du mich verarschen?«
»Ich hätte dir gerne Schokolade gebracht, aber es gab leider
Weitere Kostenlose Bücher