Gone 5: Angst (German Edition)
das Erste, was man Ihnen beibringt, keine Fragen zu stellen.«
Die Fahrt im Fahrstuhl schien ewig zu dauern. Danach ging es auf einer Schmalspurbahn durch einen beeindruckenden und beklemmenden Tunnel. Er war in regelmäßigen Abständen mit Eisenbahnschwellen abgestützt und gerade breit genug für zwei entgegenkommende Züge und einen schmalen Fluchtweg an jeder Wand.
Kilometer sechs entpuppte sich als gigantischer Hohlraum, der an der Barriere endete. Hier war sie nicht perlmuttgrau wie draußen, sondern schwarz.
»Diese Höhle war der reinste Zufallstreffer«, erklärte Charlie. »Sie graben zu müssen, hätte einen Riesenaufwand bedeutet. Normalerweise haben wir Hunderte Leute hier unten, aber wahrscheinlich riechen Sie es selbst. Die Luft wird langsam zu dick zum Atmen.«
»Deshalb bin ich also hier?«
In der Höhle stand eine gewaltige Maschinerie. Darius wusste genug über Technik, um eine Bohrplattform zu erkennen, wenn er eine sah.
Offenbar bohrten sie sich noch weiter in die Tiefe, um unter die Kuppel zu gelangen. Es war aber kein Tunnel für Menschen, sondern ein runder Schacht, in den eine Bombe bis zum tiefsten Punkt unterhalb der Kuppel gesenkt werden konnte.
Charlie musste den Blick in Darius’ Augen gesehen haben. Er packte ihn am Arm und zog ihn beiseite. Sie waren allein, trotzdem flüsterte Charlie.
»Okay, Sie sind kein Idiot. Sie wissen jetzt, was hier passiert. Aber denken Sie daran, dass die Sicherheitsleute jeden, der hier rein- oder rauskommt, auf Schritt und Tritt überwachen. Von jetzt an wird Ihr Handy abgehört und es kann sein, dass sie auch in Ihrem Zimmer eine Wanze anbringen. Guter Rat unter Freunden.«
Darius nickte.
»Was ist denn nun wirklich mit Ihrem Mechaniker passiert?«
Charlie lachte freudlos. »Hat in einer Bar den Mund aufgemacht. Als er eine halbe Stunde später in seinen Wagen steigen wollte, wurde er vom FBI verhaftet.«
Vierundzwanzig
14 Stunden, 2 Minuten
Astrid führte Cigar zu einer Stelle neben der ausgetrockneten Rinne, an der ihnen ein riesiger und in den letzten Zügen liegender Rhododendron Deckung bot. Sie bat Cigar, sich zu setzen, und half ihm dabei.
Sie selbst setzte sich so hin, dass sie den Steilhang des grimmigen Bergs im Auge behalten konnte. Er beunruhigte sie immer noch auf eine Weise, die sie sich nicht erklären konnte.
Zugleich vernahm sie das unaufhörliche Ticken der Zeit, das sie zur Eile antrieb. Aber das hier war vielleicht sogar noch wichtiger.
Sie hätte gar nicht weitergehen können. Nicht nach dem, was Cigar gesagt hatte.
»Bradley, ich möchte dich nicht quälen. Ich werde dir ein paar Fragen stellen und du musst sie nur mit Ja oder Nein beantworten, in Ordnung?«
Die winzigen Augäpfel wippten hin und her.
»Okay«, sagte er schließlich. »Aber warum sagt er, dass deine Haare schreien? Du bist ein Engel mit Flügeln und du glänzt. So ein Glanz und dazu ein langes Flammenschwert und …«
»Hör einfach zu, ja?«
Er nickte und lächelte scheu.
»Du hast etwas Schlimmes angestellt?«
»Ja«, antwortete er ernst.
»Und wurdest mit einer halben Stunde Penny bestraft?«
»Halbe Stunde.« Er kicherte, doch gleich darauf verspannten sich seine Kiefer so sehr, dass sie fürchtete, sie könnten brechen. »Nicht eine halbe Stunde.«
»Sie haben dich zu Penny gebracht«, wiederholte Astrid geduldig.
»Sonnenaufgang, Sonnenuntergang.«
Im ersten Moment dachte Astrid, er meinte den gespenstischen Himmel. Doch dann regte sich in ihr ein Verdacht. »Du warst einen ganzen Tag lang bei Penny?«
»Ja«, sagte Cigar, dieses Mal ruhig und vernünftig.
Astrid spürte Wut in sich aufsteigen. Was musste man für ein Schwein sein, um dieses Kind zu einem ganzen Tag mit Penny zu verurteilen? Kein Wunder, dass er den Verstand verloren hatte.
Ihr kam der Gedanke, dass er sich die Augen womöglich selbst ausgekratzt hatte. Bei der Vorstellung wäre sie beinahe ausgerastet. Aber das durfte sie nicht.
»Diese neuen Augen«, sagte sie, »hat Lana die gemacht?«
»Lana ist auch ein Engel. Aber er berührt sie. Er will sie holen.«
»Ja. Aber sie ist zu stark.«
»Mächtig!«
Astrid nickte. Er war also von Penny in den Wahnsinn getrieben worden. Lana hatte getan, was sie konnte. Und aus irgendeinem Grund hatte er die Stadt verlassen, war allein losgezogen und hatte sich verlaufen.
Was nur heißen konnte, dass die Lage in Perdido Beach schlimm sein musste. Cigar gehörte zu Quinns Crew.
»Du bist einer von Quinns Fischern,
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