Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
verschwitzter, unhandlicher Zwei-Leute-Job. Das wuchtige Ding die Treppe runterzukriegen (Warte, ich muss Pause machen. Nach rechts. Warte, du bist zu schnell. Pass auf, meine Finger, meine Finger!), ist an sich schon eine Team-Übung, die wir gut gebrauchen können. Nach dem Sofa holen wir Lunch vom Eckladen, Bagel-Sandwiches für unterwegs. Kalte Limo.
Nick lässt mich das Sofa behalten, aber alle anderen großen Möbelstücke bleiben in New York. Das Bett erbt einer von Nicks Freunden, er holt es später in unserem leeren Haus ab, in dem nur noch Staub und Kabel herumliegen, und dann wird er sein New Yorker Leben in unserem New Yorker Bett leben, sich morgens um zwei chinesisches Essen reinpfeifen und mit angesäuselten, schlagfertigen Mädels aus der Marketing-Abteilung trägen Kondom-Sex haben. (Unser Haus selbst wird von einem sehr lauten Pärchen übernommen, beide Juristen, die sich schamlos und unverfroren über ihren Käufermarkt-Deal freuen. Ich hasse sie.)
Ich schaffe eine Fuhre, während Nick viermal die Treppe rauf- und runterkeucht. Ich bewege mich langsam, schlurfe, als würden mir die Knochen weh tun, und eine fiebrige Schwächlichkeit ergreift mich. Mir tut tatsächlich alles weh. Nick saust an mir vorbei, rauf und runter, wirft mir einen stirnrunzelnden Blick zu, blafft: »Alles okay?« und hastet weiter, ehe ich antworte, und lässt mich gaffend stehen, eine Comicfigur mit einem schwarzen Mundloch. Nein, mit mir ist nicht alles okay. Es wird schon gehen, aber im Moment wünsche ich mir, dass mein Mann mich in den Arm nimmt, mich tröstet und ein bisschen bemitleidet. Nur einen Augenblick.
Aber er ist hinten im Möbelwagen hektisch mit den Kisten zugange. Er ist stolz auf seine Packkünste: Er ist (war) der Spülmaschinenbelader, der Kofferpacker für den Urlaub. Aber nach drei Stunden ist klar, dass wir zu viele Sachen verkauft oder verschenkt haben. Die riesige Höhle des Miet-Möbelwagens ist gerade mal halbvoll. Das einzig zufriedene Gefühl an diesem Tag, die heiße Schadenfreude, direkt im Bauch, wie Quecksilber. Gut, denke ich. Gut .
»Wir können das Bett mitnehmen, wenn du das möchtest«, sagt Nick und schaut an mir vorbei die Straße runter. »Wir haben genug Platz.«
»Nein, du hast es doch Wally versprochen, also soll er es haben«, widerspreche ich steif.
Ich hab mich geirrt. Sag einfach: Ich hab mich geirrt, tut mir leid, komm, nehmen wir das Bett mit. Du sollst in der neuen Umgebung wenigstens dein altes Bett haben, zum Trost . Lächle mich an und sei nett zu mir. Sei wenigstens heute nett zu mir.
Nick seufzt. »Okay, wie du willst. Amy? Soll das Bett hierbleiben, oder was?« Etwas atemlos steht er da, auf einen Kistenstapel gestützt, die oberste mit der Aufschrift AMY KLAMOTTEN WINTER. »Ist das dein letztes Wort in Bezug auf das Bett, Amy? Weil ich dir jetzt ein Angebot mache. Ich packe es gern für dich ein.«
»Wie liebenswürdig von dir«, sage oder hauche ich eher, ganz leise, so, wie ich meine scharfen Antworten meistens von mir gebe: ein Parfümwölkchen aus einem gammligen Zerstäuber. Ich bin ein Feigling. Ich mag keine Konfrontationen. Stumm hebe ich einen Karton hoch und gehe zum Möbelwagen.
»Was hast du gesagt?«
Ich schüttle nur den Kopf. Ich will nicht, dass er mich weinen sieht, denn das macht ihn nur noch wütender.
Zehn Minuten später knallt es auf der Treppe – Bäng! Bäng! Bäng! Nick schleift das Sofa alleine herunter.
Ich kann mich nicht einmal umschauen, als wir New York verlassen, denn der Möbelwagen hat kein Rückfenster. Im Seitenspiegel verfolge ich die Skyline ( die zurückweichende Skyline – heißt es nicht so in den viktorianischen Romanen, wenn die dem Untergang geweihte Heldin gezwungen ist, ihr angestammtes Heim zu verlassen?), aber keines der wirklich eindrucksvollen Gebäude, weder das Chrysler noch das Empire State noch das Flatiron erscheinen auf dem kleinen glänzenden Rechteck.
Meine Eltern sind gestern Abend vorbeigekommen und haben uns die Familien-Kuckucksuhr geschenkt, die ich als Kind so geliebt habe, und wir haben zu dritt geweint und einander im Arm gehalten, während Nick die Hände in die Tasche gestopft und versprochen hat, sich um mich zu kümmern.
Er hat versprochen, sich um mich zu kümmern, und trotzdem habe ich Angst. Ich habe das Gefühl, dass irgendetwas schiefgehen, gründlich schiefgehen wird und dass es weiter bergab geht. Ich komme mir nicht vor wie eine richtige Person: Ich bin etwas, was man
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