GONE Hunger
Jack?« Caine klang gestresst und nervös. Die Dinge liefen nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte. »Du weißt, warum du hier bist.«
Drakes Soldaten kehrten zurück. Sie trieben laut schimpfend Mickey Finch und Mike Farmer mit hinter dem Rücken gefesselten Händen vor sich her. Sie hatten die beiden in einem der anderen Büros gefunden.
»Ah, sehr schön«, freute sich Caine. »Unsere Geiseln sind hier.«
»Wir haben gesagt, runter mit den Waffen, und der Trottel da hat’s tatsächlich gemacht«, erzählte einer der Schlägertypen. »Dabei haben wir nur eine Schrotflinte und eine Pistole und der da hat eine Maschinenpistole. Gibt einfach auf, der Hosenscheißer. Der andere war nicht bewaffnet.«
Mickey und Mike machten einen elenden und sehr verängstigten Eindruck. Ihre Mienen wurden noch bedrückter, als sie Brittney reglos in einer Blutlache auf dem Boden liegen sahen.
Drake schlenderte zu ihnen hinüber, stieß Mike zur Seite und schnappte sich die Maschinenpistole. Als er seinen Tentakel über den Lauf und den Verschluss der Waffe gleiten ließ, tauchte in seinen kalten blauen Augen ein fast schon zärtlicher Ausdruck auf.
»Damit hat keiner der Freaks eine Chance gegen mich«, prahlte er.
»Ja, nicht einmal Caine«, stimmte Diana ihm zu. »Jetzt kannst du endlich die Nummer eins sein, was?«
Jack blickte fassungslos von einem zum anderen. Wie hatte er sich auf das hier nur einlassen können? Keine fünf Meter von ihm entfernt lag ein Mädchen im Sterbe n – oder war sogar schon tot.
»Jack, reiß dich zusammen!«, befahl Caine. »Und mach dich an die Arbeit!«
Jack bewegte sich wie ein Traumwandler, als er zum erstbesten Computertisch humpelte. Er ließ sich in einen Drehstuhl fallen. Der Bildschirm war uralt, die Software ebenso und es gab keine Maus. Es war alles tastaturgesteuert.
Er wurde noch mutloser. Die alte Software würde lauter Tastenkombinationen erfordern, die er nicht kannte. Er zog eine Schublade auf und hoffte, ein Handbuch mit den Befehlen oder zumindest einen Spickzettel zu finden.
»Wie sieht’s aus?«, fragte Caine.
»Mit so ’ner Software hatte ich noch nie was zu tun.«
»Aber du kriegst das hin, oder?«
»Nicht auf die Schnelle. Ich muss mich erst mal schlaumachen.«
»Wie lange, Jack?«
»Ich bin verletzt, okay? Ich wurde angeschossen!« Als Caine ihn bloß anstarrte, senkte er die Stimme. »Weiß nicht. Je nachdem.«
Caines von Wut und Furcht gespeiste Anspannung war fast schon greifbar. »Dann vergeude keine Zeit.«
Caine drehte sich zu Drake um. »Bring die Geiseln in die Ecke da drüben.«
»Mmm-hmm«, erwiderte Drake geistesabwesend. Er tastete immer noch entzückt die Maschinenpistole ab.
Caine machte ein paar rasche Schritte auf ihn zu und schlug mit der flachen Hand auf den Lauf. »Hey! An die Arbeit! Brianna kann jeden Moment zurück sein. Und wenn nicht sie, dann Taylor. Bau jetzt ja keinen Scheiß!«
In einer der Schubladen entdeckte Jack ein Ringbuch. Es war ziemlich klein und musste schon lange in Gebrauch sein. Etliche Blätter waren halb herausgerissen und die an den Seitenrändern angebrachten Post-its hatten sich im Laufe der Jahre eingerollt.
Er schlug es auf und fing an zu blättern. Ohne eine Anleitung für die Funktionstasten würde er keinen Schritt weiterkommen. Er hatte noch nie einen Computer ohne Maus gesehen, geschweige denn benutzt. Erstaunlich, dass es so etwas überhaupt noch gab.
»Diana«, hörte er Caine sagen. »Lies die beiden Geiseln. Ich will hier keine böse Überraschung erleben. Drake? Wie läuft’s?«
»Ich spann jetzt mal den Draht.«
»Gut.«
Jack blickte sich verstohlen um. Drake hielt eine Drahtspule in der Hand. Der Draht war ziemlich dünn, sah aber stark aus. Drake musterte den Türrahmen, schien irgendwas zu suchen.
Sichtlich unzufrieden mit dem, was er vorfand, zuckte Drake schließlich die Achseln und wickelte den Draht um das kaputte, aber noch im Stahlrahmen verankerte mittlere Scharnier. Es war eine hohe Tür mit drei Scharnieren, von denen sich eines knapp über seinem Kopf befand, eines in Knöchelhöhe und das dritte genau in der Mitte.
Drake spannte den Draht von der Tür zu einem Aktenschrank aus Metall an der gegenüberliegenden Wand. Er fädelte die Spule durch einen Schubladengriff, spannte den Draht und schnitt ihn mit einer Spitzzange ab. Dann wickelte er das überschüssige Stück um den Griff und mehrmals um sich selbst.
Diana trat von den Geiseln zurück und sagte zu Caine:
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