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GONE Verloren

GONE Verloren

Titel: GONE Verloren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Grant
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finden deinen Bruder.«
    »Und finden meinen Bruder.« Damit wandte sie sich um und legte sich schlafen.
    Sam hatte Astrid erzählt, dass er Angst hatte, aber ihn quälte noch etwas anderes. Obwohl Astrid und Quinn bei ihm waren, fühlte er sich entsetzlich allein. Er wusste etwas, wovon sie keine Ahnung hatten.
    Alles hing zusammen, davon war er überzeugt. Was er seinem Stiefvater angetan hatte, das Licht in seinem Zimmer, der Kampf mit dem Feuerkind in der brennenden Wohnung, aber auch das Verschwinden der meisten Menschen und diese undurchlässige Barriere – das alles gehörte zu ein und demselben Puzzle. Sogar das Tagebuch seiner Mutter.
    Er fürchtete sich, fühlte sich überfordert und einsam. Wenn auch nicht mehr ganz so einsam wie in den letzten Monaten. Das Feuerkind war der Beweis, dass er nicht der einzige Freak war.
    Er betrachtete seine Handflächen.
    Rosafarbene Haut, Schwielen vom Wachsen seines Surfbretts, eine Lebenslinie, eine Schicksalslinie. Eine ganz normale Handfläche.
    Wie war es dazu gekommen?
    Was hatte es zu bedeuten?
    Und wenn er nicht der einzige Freak war, konnte er für diese Katastrophe auch nicht verantwortlich sein, oder?
    Er streckte die Arme aus, kehrte die Handflächen nach oben und richtete sie auf die Barriere.
    In Panik konnte er Licht erzeugen.
    In Panik konnte er einem Mann die Hand abbrennen.
    Aber für das hier konnte er nichts – ganz bestimmt nicht.
    Erleichterung stieg in ihm auf.
    Trotzdem: Irgendjemand oder irgendetwas musste alles verursacht haben.

Acht
    287 Stunden, 27 Minuten
    Es war Nacht geworden. Mary und ihr neunjähriger Bruder John hatten die letzten Knabbergoldfische mit Käsegeschmack verteilt. Und dazu den gesamten Vorrat an Fruchtsäften. Inzwischen gab es fast keine Windeln mehr.
    Die insgesamt achtundzwanzig Kinder waren in dem größeren der beiden Räume untergebracht. Betreut wurden sie von dem Geschwisterpaar und einem zehnjährigen Mädchen namens Eloise. Sie kümmerte sich zwar vor allem um ihren vierjährigen Bruder, aber wenigstens übernahm sie Verantwortung für ihn. Die anderen hatten ihre kleinen Geschwister einfach nur abgeliefert und waren wieder verschwunden. Sie fühlten sich überfordert und hatten keinerlei Anstalten gemacht, zu bleiben und mitzuhelfen.
    Mary und John hatten Milchpulver angemischt und in Fläschchen gefüllt. Sie hatten mit allem, was in der Kita zu finden war und von John zusammengesammelt werden konnte, improvisierte »Mahlzeiten« zubereitet. Sie hatten den Kleinen Bilderbücher vorgelesen und ihnen pausenlos die CD mit Kinderliedern vorgespielt.
    Mary zitterte vor Erschöpfung.
    Sie sank in den Schaukelstuhl und starrte müde in den Raum. Gitterbetten. Matten auf dem Boden. Auf die Seite gerollte Körper. Sie schliefen jetzt alle bis auf das zweijährige Mädchen, das nicht zu weinen aufhörte, und das Baby, das immer wieder zu schreien anfing.
    John konnte kaum noch die Augen offen halten. Seine Locken wippten sanft auf und ab, sobald sein Kopf nach oben schnellte, um dann gleich wieder nach unten zu sinken, tiefer und immer tiefer. Er saß zusammengekauert auf einem Stuhl am anderen Ende des Zimmers und schaukelte einen Plastiktrog aus der Eisenwarenhandlung, den sie zu einer Wiege umfunktioniert hatten.
    Sie fing seinen Blick auf und sagte: »John, ich bin so stolz auf dich.«
    Beim Anblick seines Lächelns hätte Mary beinahe die Fassung verloren. Ihre Lippen zitterten und ihr schossen Tränen in die Augen. Sie spürte einen dumpfen Druck in der Brust.
    »Ich muss mal!«, rief eine Stimme.
    Mary blickte sich um. »Okay, Cassie«, sagte sie. »Ich helfe dir.«
    Als sie wieder im Hauptraum war, ging sie zu John hinüber. »Hey, kleiner Bruder.« Sie strich ihm mit den Fingern durch die roten Locken. »Uns gehen die Vorräte aus. Ich schau mal, was ich auftreiben kann, damit wir morgen Früh klarkommen. Hältst du noch eine Weile durch?«
    Mary trat in die Nacht hinaus. Einige Kinder schliefen auf den Bänken der Plaza. Andere saßen in kleinen Gruppen beisammen und drängten sich um den Lichtkegel ihrer Taschenlampen. Sie erblickte Howard. Er schlenderte mit einer Pepsi-Dose in der einen Hand und einem Baseballschläger in der anderen die Straße entlang.
    Mary sprach ihn an. »Hast du Sam gesehen?«
    »Was willst du von Sam?«
    »Ich kann mich nicht um die Kleinen kümmern, wenn mir außer John niemand hilft.«
    Howard zuckte die Schultern. »Na und? Es hat dich doch keiner darum gebeten.«
    Das war zu viel.

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