GONE Verloren
kam auf Sams gefesselten Fäusten zu liegen und drückte sie auf seinen Kehlkopf. Er stemmte sich mit ganzer Kraft dagegen, aber nicht einmal ohne Fesseln und in Topform wäre er in der Lage gewesen, neunzig Kilo zu heben. Er schaffte es gerade einmal, sie weit genug oben zu halten, um noch atmen zu können.
Orc sagte lachend: »Komm schon, Mann, lass uns zu den anderen zurückgehen. Ich will nichts verpassen.«
Howard folgte Orc zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. »Ist schon seltsam, Mann. Am ersten Abend dachte ich, wenn wir nicht aufpassen, übernimmt Schulbus-Sam das Kommando. Alle haben das von dir erwartet. Und das weißt du auch. Aber du warst viel zu cool, um dich darauf einzulassen. Machst dich einfach vom Acker, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen, haust mit deiner Astrid ab.« Er lachte. »Sie ist ja auch wirklich scharf, was? Und jetzt regiert Caine die FAYZ und Drake ist drauf und dran, deine Freundin kaltzumachen.«
Sam spannte die Muskeln an, holte tief Luft und drückte so fest es ging gegen die Stange. Es war aussichtslos. Selbst wenn er die Arme im richtigen Winkel gehabt hätte, hätte er sie keinen Millimeter hochheben können.
Eines hatte Howard jedoch übersehen: Sam konnte die Folie an seinen Händen mit dem Mund erreichen. Er versuchte daran zu zerren, sah aber rasch ein, dass das eine Ewigkeit dauern würde, und er hatte keine Zeit zu verlieren. Pete hatte sich und Astrid garantiert in ihr Haus teleportiert. Dort würde Drake sie finden.
Wenn er sie zwischen die Zähne bekäme, könnte er sie vielleicht zerbeißen. Er presste das Kinn unter seine Fäuste, wollte nach der Folie schnappen, rutschte aber am glatten Material ab.
Der Druck der Stange verlagerte sich immer stärker auf seinen Kehlkopf und schnürte ihm die Luft ab. Als er noch einmal mit aller Macht dagegen drückte, spürte er die ersten Krämpfe in den Armen – seine Kraft verließ ihn.
Er konnte nur eins tun: Entweder die Folie zerbeißen und seine Hände befreien oder die Stange daran hindern, ihm den Kehlkopf zu zerquetschen.
Und selbst wenn er seine Hände freibekäme, was dann? Er war nicht wie Caine. Er hatte keine Kontrolle über seine Kraft.
Die Stange verrutschte.
Jetzt hatte er das Mylar zwischen den Zähnen.
Er kaute daran, schob es zwischen seinen Zähnen hin und her, um einen Riss zu erzeugen und ihn danach zu vergrößern.
Inzwischen hatte Drake das Schulgebäude längst verlassen und die Verfolgung aufgenommen. Musste er vorher noch woandershin, um die Waffe zu holen?
Astrid wusste sicher, dass sie Jagd auf sie machen würden und dass es in ihrem Haus zu gefährlich war. Doch würde sie schnell genug handeln? Wo konnte sie überhaupt hin?
Sams Zähne stießen knirschend aufeinander. Er hatte ein Loch in das Material gebissen.
Er bekam fast keine Luft mehr.
Als die Tür aufging, registrierte er es nicht einmal.
Jemand lief rasch über den Teppich und machte sich an der Stange zu schaffen. Eine Platte glitt herunter, Sam spürte, wie der Druck nachließ, und schnappte nach Luft.
»Halt durch, Bruder!«
Quinn zog die restlichen Gewichte von der Stange.
Sam schob die Stange mit zitternden Armen weg.
»Ich wusste nicht, dass sie so weit gehen würden. Ich schwöre es!« Quinn war weiß wie die Wand. Als hätte er nie in seinem Leben die Sonne gesehen. »Sam, du musst mir glauben!« Er löste die Fußfesseln. Sam setzte sich auf.
Quinn hatte geweint, seine Augen waren rot und geschwollen. »Mein Ehrenwort, ich hatte keine Ahnung.«
»Ich muss zu Astrid, bevor Drake sie findet.«
»Ich weiß, ich weiß. Es tut mir so leid.«
Als seine Hände frei waren, stand Sam auf. »Ist das wieder ein Trick? Damit sie mir zu Astrid folgen können?«
»Nein, nein. Die schlagen mich tot, wenn sie rausfinden, dass ich dich befreit habe.« Quinn streckte flehend die Hände aus. »Du musst mich mitnehmen.«
»Warum sollte ich dir noch irgendwas glauben, Quinn?«
»Bitte! Wenn du mich hierlässt, macht Caine Hackfleisch aus mir.«
Sam hatte keine Zeit für Diskussionen und traf deshalb eine schnelle Entscheidung. »In Ordnung. Aber gnade dir Gott, wenn Astrid etwas zustößt!«
Quinn leckte nervös seine Lippen. »Du musst mir nicht drohen, Bruder.«
»Hör auf, mich so zu nennen!«, sagte Sam scharf. »Ich bin nicht dein Bruder!«
Dreiundzwanzig
128 Stunden, 22 Minuten
Astrid saß auf ihrem Bett. In ihrem Zimmer.
Der kleine Pete hockte im Schneidersitz auf seinem Fensterplatz, einer kleinen
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