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Good Girls

Titel: Good Girls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Ruby
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gesehen hatten, bekommt die Rolle des O – der männlichen Ausgabe von Ophelia. Wenn sie zusammen das Stück lesen und Joelle ihm ins Gesicht schreit: »Geh in ein Kloster!«, dann sieht O bzw. Joe erschrocken und angetan zugleich aus.
    Ms Godwin ernennt mich zur leitenden Bühnenbildnerin, was weder mich noch die anderen sonderlich überrascht. Sie will keine venezianischen Kanäle und auch keine mittelalterlichen Thronsäle. Aber immerhin ein ausgefeiltes zeitgenössisches Bühnenbild auf Rollen. Ich dachte, die Aufgabe würde mich aufmuntern, aber dem ist nicht so. Ich verspüre keinerlei Bedürfnis, Pläne zu zeichnen oder meinem Team irgendwelche Anweisungen zu geben. Meine üblichen Helfer – bleiche, pickligeJungs aus der Unterstufe, die aus unerfindlichen Gründen für mich schwärmen (umso schlimmer, dass jetzt dieses Foto in der Schule kursiert) – sind enttäuscht. Sie wollen wissen, warum ich mir die Haare gefärbt habe, und fragen mich, ob ich nicht weiß, dass Blondinen mehr Spaß haben oder es zumindest mehr Spaß macht, sie anzuschauen. Sie wollen wissen, ob ich vorhabe, mir die Haare abzuschneiden, und drohen, die Theater-AG zu boykottieren, wenn ich es tue. Fans mögen keine Veränderungen.
    Ich mag auch keine Veränderungen. Normalerweise hilft mir Dad immer bei meinen Entwürfen und beim Besorgen der Materialien. Leider benimmt er sich plötzlich so merkwürdig, sobald ich in der Nähe bin. Nervös und aggressiv wie eine streunende Katze. Er arbeitet noch mehr als sonst, falls das überhaupt geht. Und wenn er nicht im Laden arbeitet, arbeitet er zu Hause. Er erledigt Papierkram oder Hausarbeit oder irgendwelche unnötigen Projekte, nur damit er mich nicht sehen muss. Als er im Keller ein Bücherregal baut, biete ich ihm an, die Schleifarbeiten zu übernehmen, damit er es anschließend lackieren kann.
    »Nein, ich komm schon alleine klar«, antwortet er schroff. »Ich will nicht, dass du dich schmutzig machst.«
    Ich bin nicht mehr sein heiß geliebter Ersatzsohn. Henrys Stellvertreter, der eigentlich an der Seite seines Vaters leben sollte. Ich bin dieses durchgeknallteMädchen, das diese ekligen Mädchensachen macht, mit denen Männer – oder besser gesagt: Väter – nicht gut umgehen können. Und ich kann auch nicht gut damit umgehen.
    »Wann wird mich Dad endlich wieder wie einen normalen Menschen behandeln?«, frage ich Mom auf dem Weg zu dem gefürchteten Termin beim Frauenarzt. Ich frage sie, weil es mich interessiert. Aber auch um mich von der unglückseligen Geschichte mit Ash und dem schrecklichen Arzttermin abzulenken. Mein Magen versteckt sich in meiner Speiseröhre und sämtliche anderen Organe haben die Plätze getauscht. Ich hasse Ärzte, ganz egal welcher Fachrichtung. Ich hasse ihre weißen Kittel und ihr sonderbares Lächeln und ihre Gummihandschuhe und Stäbchen und Nadeln und ausdruckslosen Gesichter. Sollte ich jemals ein Kind gebären, werde ich es in der freien Natur tun. So wie es meine Vorfahren getan haben.
    »Du musst Dad noch ein bisschen Zeit geben, Audrey«, sagt Mom. »Darauf war er nicht vorbereitet.«
    »Aber es muss ihm doch klar gewesen sein, dass ich irgendwann in meinem Leben einmal einen Freund haben würde.«
    »Das schon«, räumt Mom ein und wirft mir einen Seitenblick zu. »Aber keiner konnte wissen, dass dich jemand mit besagtem Freund in einer kompromittierenden Situation ablichten würde. Und das mit gerade mal sechzehn Jahren.«
    »Ich bin fast siebzehn.«
    »Außerdem«, fährt sie unbeirrt fort, »konnte keiner wissen, dass dieses Foto per Handy und Internet verbreitet würde.« Sie atmet scharf durch die Nase ein. Ein sicheres Zeichen, dass sie eigentlich wütend ist, während sie mir gegenüber die Coole spielt. »Wenigstens kann man dein Gesicht nicht darauf sehen. Wahrscheinlich wird dich das Bild nicht ewig verfolgen.«
    »Das scheint die Sache für Dad aber nicht besser zu machen.«
    »Weißt du, wenn ich ehrlich bin, macht es die Sache für mich auch nicht besser. Und ich weiß auch nicht, ob es für dich so ein großer Unterschied ist. Was ist denn eigentlich mit dir los?«
    »Nichts«, sage ich. »Ich will einfach nur nicht den Rest meines Lebens an dieses Foto denken müssen. Das finde ich eigentlich völlig normal.« In Wirklichkeit fühle ich mich gar nicht so, aber ich versuche es zumindest. Ich wechsle das Thema. »Wie kommst du denn mit deinem neuen Buch voran?«
    »Gut«, sagt sie. Noch ein Seitenblick. »Ich habe eine neue Figur

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