Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Titel: Goodbye Chinatown: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Kwok
Vom Netzwerk:
gehen.
    »Ich bin auch in Connecticut!«, rief Annette und erwürgte mich fast mit ihrer Umarmung. »Wir können uns also ganz oft sehen!«
    Nachdem Curt Matt vor dem Schulgebäude gesehen hatte, musste ich nur noch die nächste Nachhilfestunde absagen, und er wusste Bescheid.
    »Ich hab dir doch schon gesagt, dass mir jetzt alles klar ist«, sagte er und wich meinem Blick aus. Seine Kleider waren zerknittert, und er hatte Ringe unter den Augen. Wir trafen uns nie wieder zur Nachhilfe.
    Matt fügte sich perfekt in jeden Aspekt meines Lebens ein. Sonntags kam er manchmal vorbei und half uns bei der Schmuckherstellung. Es sah lustig aus, wie sich dieser große starke Mann mit seinen ungeschickten Händen über die zarten, femininen Schmuckstücke beugte. Aber er bemühte sich nach Kräften, und Mama wusste seine Hilfe sehr zu schätzen. Wann immer es ging, schlichen wir uns in Matts Wohnung davon, um ein wenig allein zu sein. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, wie er, Park und seine Mutter zusammen auf so engem Raum gelebt hatten. Die Einzimmerwohnung war so winzig, dass die Matratzen und das Bettzeug jeden Morgen im Schrank verstaut werden mussten, damit genug Platz zum Herumlaufen, Kochen und Essen war. Matt und
ich waren so verrückt nacheinander, dass wir es kaum erwarten konnten, bis wir die Matratzen aus dem Schrank geholt hatten und endlich übereinander herfallen konnten.
    Matt gab seine Arbeit in der Fabrik auf und fing kurz darauf bei einem Umzugsunternehmen an. Er mochte Jobs, die seinen Körper noch mehr stählten. Außerdem zahlte die Firma gut, und er wusste genau, wie viel er jeden Monat verdienen würde.
    »Meinetwegen hättest du die Fabrik nicht verlassen müssen«, sagte ich.
    »Ich wollte sowieso schon lange dort weg. Ich bin nur geblieben, um meiner Mutter zu helfen und ein Auge auf Park zu haben.«
    Park zog sich nach dem Tod seiner Mutter fast völlig in sich zurück. Er war so in sich gekehrt, dass wir schon befürchteten, nie wieder an ihn heranzukommen. Er fing an, wie ein Baby in die Hosen zu pinkeln, und reagierte auf nichts mehr, weder auf Wörter noch auf Zeichen. Matt musste ihn regelrecht füttern, damit er wenigstens ein bisschen Nahrung zu sich nahm. Park wurde erschreckend mager. Er blieb alleine in der Wohnung oder bei einer älteren Nachbarin, die schon früher auf ihn aufgepasst hatte, wenn Matt und seine Mutter weg mussten. Manchmal hing Park auch in der Garage des Umzugsunternehmens herum, für das Matt arbeitete.
    »Die Jungs dort sind in Ordnung«, sagte Matt. »Ihnen macht es nichts aus, wenn Park dort ist. Sie wissen, dass er ein lieber Junge ist.«
    Matt schien bei seinen neuen Kollegen genauso beliebt zu sein wie früher in der Fabrik. Mir war vollkommen klar, dass sie Park nur duldeten, weil er Matts Bruder war.
    Inzwischen hatte ich festgestellt, dass Matt mit ganz Chinatown befreundet war. Wir mussten nirgendwo Schlange stehen.
Einmal sollten wir ein paar Lebensmittel für Mama besorgen, und als der Fischhändler Matt entdeckte, fragte er uns sofort nach unseren Wünschen, obwohl eine Reihe anderer Kunden vor uns da gewesen war.
    »Hast du hier etwa mal Fische geschuppt?«, fragte ich Matt flüsternd.
    »Nein«, antwortete er verlegen. »Aber ich wohne schon ewig in Chinatown, da kennt man sich irgendwann.«
    Mama erklärte später, sie habe noch nie so frischen Seebarsch bekommen und noch nie so viel davon.
    Jedes Mal wenn wir am Zeitungskiosk vorbeikamen, rief Matt dem Verkäufer zu: »He, brauchst du mal eine Pause? Ich passe für dich auf den Kiosk auf, falls du mal pinkeln musst.«
    »Nein, Matt, aber trotzdem danke.«
    »Soll ich dir dann vielleicht einen Becher Kaffee besorgen?« Matt warf mir dann immer einen Blick zu und fragte: »Macht es dir was aus? Der arme Mann ist den ganzen Tag da drinnen eingepfercht.«
    Es machte mir nie etwas aus. Ich liebte ihn nur noch mehr dafür.
    Ich wollte, dass Annette ihn kennenlernte, deshalb kam sie auf eine Tasse Tee zu uns nach Chinatown. Sie war die einzige Weiße in dem Café und bestand darauf, das chinesischste Getränk zu trinken, das uns einfiel. Wir bestellten ihr einen Rote-Bohnen-Drink, mein Lieblingsgetränk: gekochte rote Bohnen und geschabtes Eis mit süßer Kondensmilch.
    »Kriege ich das Getränk auf die traditionelle chinesische Art?«, fragte sie. »Oder hat der Kellner dem Koch gesteckt, dass ich weiß bin?«
    Seit ich einmal erwähnt hatte, dass manche chinesische Restaurants nach dieser Methode

Weitere Kostenlose Bücher