Google-Mitarbeiter Nr. 59
Google brauche. Jonathan hatte andere Vorstellungen und entschied, noch zwei Jahre bei Excite zu bleiben, bevor er bei Google Leiter des Produktmanagements wurde. Aber bis dahin ließ er mehr als seinen Lebenslauf zurück. Er überzeugte Larry und Sergey, dass es durchaus eine Funktion für ein Produktmanagement gäbe, wenn – und nur wenn – dieses nicht den gottgewollten Vorrang der Technik an sich riss. Gott bewahre, dass Google eine marketinggesteuerte Firma wurde. In marketinggesteuerten Firmen identifizieren Marktforscher die Kundenbedürfnisse und anschließend weisen Produktmanager (PMs 23 ) die Techniker an, Produkte zu entwickeln, die diese Marktlücken füllen. Ich hatte gelernt, dass dies eine gute Vorgehensweise war.
»Lasst uns eine Marktlückenanalyse durchführen«, pflegte ich bei der Merc zu sagen. »Welches Bedürfnis ist unbefriedigt? Wo liegt die Marktchance? Wie viele Marktanteile können wir gewinnen?« Techniker hassen es, so zu denken.
Wenn du ein Techniker bist, eine brillante Idee hast und dann mit ansehen musst, wie diese abgelehnt wird, weil die Umfragen nicht positiv ausfallen, dann ist das so, als würdest du einem Rabauken dabei zusehen, wie er einem Schmetterling die Flügel ausreißt. Richtig dagegen ist, die Idee unbekümmert umzusetzen, um zu beweisen, dass du es kannst, und weil dir das Entwickeln cooler Dinge – nun ja – coole Dinge bringt.
Reinherzige Computerfreaks fliehen vor den höllischen Gefilden der produktgesteuerten Unternehmen, in denen seelenfressende Schlipsträger Profiten statt Perfektion hinterherjagen und das Technikverständnis des Chefs nicht über den Gebrauch einer Büroklammer hinausgeht. Dort regiert das Produktmanagement, angepasst an eine Öffentlichkeit, die keinen Schimmer hat, was sie wirklich will, während versklavte Techniker winzige Verbesserungen für überflüssigen Müll entwickeln – miese Produkte, verpackt in Werbung und den Konsumenten angepriesen wie lippenstifttragende Schweine.
Das würden Larry und Sergey bei Google nicht zulassen. Ihr Unternehmen würde die inhärente Schönheit von beseeltem Design in bahnbrechenden Technologien wie einer Rechtschreibprüfung würdigen, die 100 Schreibvariationen des Namens »Britney Spears« erkennt, oder einen Taschenrechner, der die Lichtgeschwindigkeit in Achtelmeilen pro 14 Tage umwandeln kann. Damit das eintrifft, würde ein Google-PM jemand sein müssen, der clever genug ist, um Techniker zu verstehen, sie jedoch nicht unter Druck setzt oder unterordnet. Jemand, den die Gründer gern als direkten Untergebenen hätten. Jemand, der ihnen, wenn nötig, Paroli bietet, jedoch nicht mit Banalitäten ihre Zeit verschwendet.
»Ich war der erste Nicht-Techniker, der mit Technikern zusammenarbeitete, um ein Produkt zu definieren«, erinnert sich Salar. »Wir entschieden uns, das als Produktmanagement zu bezeichnen.«
Salars Verwandlung in eine Ein-Mann Abteilung ergänzte das andere Prozessteilchen, das mir im Januar 2000 klar wurde.
»Das Internet ist unterbewertet«, hatte John Doerr schon zu Beginn des Dotcom-Booms erklärt. Silicon Valley hatte die Ohren gespitzt, denn Doerrs frühe Investitionen mit Kleiner Perkins in Gewinner wie Sun, Netscape, Compaq und Amazon bewiesen seinen verblüffenden Geschäftssinn. Jetzt, als eines unserer Aufsichtsratsmitglieder, verordnete er die Best Practices aus seinen Portfolio-Unternehmen, um Googles blutarmes Prozessmanagement aufzumöbeln und unsere schlaffe Entscheidungsfindung zu straffen.
»Wir hatten heute Morgen ein fabelhaftes Treffen mit John Doerr«, sagte Cindy eines Tages. »Ich war unheimlich beeindruckt über die Denkweise, die er unseren Jungs anerziehen will.«
Doerrs Wachstumskur beinhaltete ein System zur Zielsetzung und Fortschrittsmessung, das er Objectives and Key Results oder OKRs nannte. Es war wesentlich methodischer als die Ad-hoc-Liste nebulöser Ziele, die Sergey uns eine Woche zuvor präsentiert hatte.
»Ziele«, so instruierte Doerr Sergey und Larry, »sollten bedeutend sein und Aktivität vermitteln. Sie legen fest, was du erreichen willst, während Schlüsselergebnisse detailliert wiedergeben, wie du diese Ziele erreichen wirst.« Schlüsselergebnisse sollten deshalb offensiv, messbar und zeitspezifisch sein. Doerr warnte die Gründer vor Übertreibungen: Fünf Ziele mit jeweils vier Schlüsselergebnissen seien ausreichend.
Zu Larrys und Sergeys ersten Zielen gehörte, »sich in Richtung Marktführer zu bewegen«,
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