Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
Vom Netzwerk:
»beste Sucherfahrung für User«, »unseren Umsatzplan zu erfüllen oder übertreffen« und »unsere interne Organisation zu verbessern«. Diese umfassenden Punkte blieben über viele Quartale hinweg bestehen, aber die Schlüsselergebnisse – die Schritte, die wir unternahmen, um unsere Ziele zu erreichen – veränderten sich ständig, von »Distributionsverträgen, die eine halbe Million Suchanfragen pro Tag mehr einbrachten« bis zur »Einführung von Google in zehn Sprachen« und »CEO-Kandidat ausgewählt«.
    Wenn ich die Prioritäten unserer Webmasterin Karen White oder die von Cindy oder Larry wissen wollte, brauchte ich nur die Telefonliste in unserem Intranet aufzurufen (von Craig Silverstein in Anlehnung an das Museum of Modern Art mit dem Spitznamen MOMA versehen) und deren Namen anzuklicken. Das war hilfreich, denn an den letzten Tagen eines jeden Quartals beeilten sich alle, Punkte auf ihrer Liste abzuhaken. Falls die ­OKRs eines anderen von mir abhingen, wollte ich vorgewarnt sein, dass derjenige Jagd auf mich machen würde. Umgekehrt wollte ich jene Kollegen vorwarnen, die ich brauchte, um meine OKRs zu erfüllen.
    Ich nahm an, dass in einem Unternehmen voller Ehrgeizlinge jeder seine OKRs erreicht. Nein. Es stellte sich heraus, dass dies auf Versäumnisse hinweisen würde. Die ideale Erfolgsrate lag bei 70 Prozent, was davon zeugte, dass wir uns streckten. Larry und Sergey versicherten uns, dass das Verpassen von OKRs nicht in Leistungsbewertungen einfließen würde, denn wenn sie das täten, würden wir viel zu wenige Risiken eingehen.
    Die OKRs zwangen uns, unsere Prioritäten wenigstens viermal jährlich zu überarbeiten. Wenn sich unsere Branche oder die Unternehmensziele veränderten, waren wir verpflichtet, unsere bis dahin siechenden Aktionen herauszuschaffen und sie in den Mistkarren zu laden. Bei der Merc war es nahezu unmöglich gewesen, einmal angelaufene Projekte zu stoppen. Ich hatte einem Komitee angehört, das entschied, dass unsere Lokalnachrichtensparte Geld kostete und geschlossen werden sollte. Aber über Monate konnte sich niemand durchringen, abzudrücken. Nicht so bei Google. Larry und Sergey erwarteten sofortige Ergebnisse. Produkte lebten oder starben auf der Basis von Daten und nicht auf der Basis von Sentimentalitäten.
    Ich hegte gemischte Gefühle gegenüber der Wirksamkeit von OKRs als Maßstab für Fortschritt und individuelle Leistung. Ich konnte Produkteinführungen selbst unterstützen, denn das erforderte lediglich das Schreiben eines Textes für die Website oder das Entwerfen von Werbeplänen. Ich kämpfte jedoch damit, Projekte durchzuführen, die technische Ressourcen erforderten, wie das Umgestalten unseres Online-Shops oder das Umrüsten eines Lieferwagens zu einer mobilen WLAN-Basisstation (eine Idee von Larry) oder das Starten eines Affiliate-Programms, um Webmaster dafür zu bezahlen, dass sie Datenverkehr auf unsere Site schickten (ebenfalls eine Idee von Larry).
    Während ich in der »Quartalsmitte« in Cindys Update-Meetings saß, studierte ich die Berichte meiner Kollegen und die ampelfarbenen Kreise neben jedem ihrer OKRs. Grün bedeutete fertiggestellt oder kurz davor. Rot bedeutete Hindernisse oder Sackgasse. Die Public-Relations-Folien sahen stets aus wie gut bewässerte Fairways. Meine technologieabhängigen Ziele ähnelten einem an Gelbsucht Erkrankten, der an einem Sonnenbrand arbeitete. Trotzdem fühlte sich das Endergebnis an wie Fortschritt. Nachdem die OKRs bereits eine Weile eingeführt waren, mailte ich einem Freund, der noch bei der Merc arbeitete: »Plötzlich sind wir ein stark fokussiertes Unternehmen, was mich glauben lässt, wir sind hier wirklich etwas auf der Spur.«
    Zusammen bilden du und ich ein Team
    »Es gibt strittige Themen«, mailte ich einem anderen Freund. »Aber die führen nicht zu Feindseligkeiten. Niemand setzt andere auf Blind Copy und es gibt auch keine Kultur, in der man darauf fixiert ist, immer den Schuldigen zu finden. Mit der Größe wird zweifellos auch Firmenpolitik kommen, aber für den Moment sind die Leute zu sehr damit beschäftigt, Dinge zu tun, als dass sie Verleumdungen streuen können.«
    Egos, die hatten wir zwar im Überfluss, aber wir hatten keine Napoleons, die ihre eigenen Imperien aufbauten. Scharmützel entsprangen Überzeugungen und nicht der Machtgier. Und ich sah keine Spur der blutigen Grabenkämpfe, die ich in anderen Unternehmen beobachtet hatte, wo Köpfe auf Pfählen befestigte Gebiete

Weitere Kostenlose Bücher