Google-Mitarbeiter Nr. 59
farbig, um sie deutlicher von den Suchergebnissen zu unterscheiden. Dennoch wirkten sie auf mich wie ein Rückschritt in die Prä-Windows-Tage von DOS.
Jeff und Howard hatten nie damit gerechnet, dass sich ihr zusammengestückeltes System zu einer wirtschaftlichen Maschine auswachsen würde. Es war lediglich ein Prototyp, um zu beweisen, dass wir selber Anzeigen anbieten konnten. Der Vertrieb gab den Technikern Informationen darüber, welche Werbung sie verkauft hatten, und die Techniker fügten jede Anzeige manuell ein. Das System meldete direkt an die Datenbank und es gab keine Möglichkeit zur Unterstützung. Die Ineffizienz dieses manuellen Systems ärgerte Larry. Nachdem es jedoch einmal lief, wollte es niemand mehr abschalten.
»Dieses Targeting-Zeug lief nicht besonders gut«, gestand Jeff Dean kürzlich, »aber wir nutzten das zentrale Anzeigen-Publikationssystem viele Jahre. Der Goldklumpen des Originalentwurfs steckt immer noch da drin.«
Die Techniker Ed Karrels, Radhika Malpani, Matt Cutts, Howard Gobioff und Chad Lester wurden zu den Hütern der Werbeflamme. Sie würden die von den Kunden verlangten Features entwickeln und das hinkende System davor bewahren, unter dem eigenen Gewicht zusammenzubrechen. Jane Manning schloss sich als Projektmanagerin der Gruppe an und wurde zu dem Port, durch den das Vertriebsteam die Kundenbedürfnisse schleuste. Alle waren Mitglieder des Verkaufsteams, mit Ausnahme von Bart.
Bart Woytowicz ist ein zwei Meter großer ehemaliger Halbprofi-Basketballspieler und Lebemann und leitete den Vertrieb. Er unterhielt sich gern direkt mit den Technikern und die redeten gern mit ihm, da er der Nutzer der Programme war, die sie schrieben. Darüber hinaus konnte man bei Bart immer darauf zählen, dass er die Stimmung hob, wie er es zum Beispiel einmal an Halloween tat, als er eine lederne S&M-Maske und eine Baseball-Uniform trug und behauptete »Barry Bondage« zu sein, Spieler bei den San Francisco Giants. Bart fühlte sich nicht verpflichtet, die Techniker wegen Deadlines und Ergebnissen aufzumischen. Das war Aufgabe des Projektmanagers. Er bestätigte ihnen jedoch etwas, das sie sowieso schon vermuteten: Das Flatrate-CPM-Preismodell, das wir Inserenten anboten, war ein sterbendes Geschäftsmodell.
Der Markt wechselte zu einer »Kosten pro Klick« (CPC)-Preisgestaltung. Mit CPC zahlten Inserenten nur für ihre Anzeigen, wenn diese von Usern angeklickt wurden. So arbeitete unser Wettbewerber GoTo. Bei GoTos Modell wurde der Preis je Klick durch eine Echtzeitauktion bestimmt und die Inserenten, die bereit waren, den höchsten CPC zu zahlen, erhielten die besten Positionen auf der Seite.
Das GoTo-Modell war innovativ, aber fehlerhaft. Es ermunterte die Inserenten, hoch zu bieten, nicht jedoch dazu, ihre Werbung ausschließlich an relevante Schlüsselwörter zu koppeln. Ein Anwalt, der zum Beispiel in einer Sammelklage Asbest-Opfer vertrat und für den jeder neue Klient Zehntausende Dollar wert sein konnte, würde für Dutzende von Schlüsselwörtern bieten, um Ergebnisseiten mit seinen Anzeigen zu überziehen, die möglicherweise gar keinen Zusammenhang aufwiesen. (»Mesotheliom« war eine Zeit lang das teuerste Schlüsselwort, das man bei Google kaufen konnte.) 99 Prozent der Anzeigen würden ignoriert werden, aber das war dem Anwalt egal, denn der größte Teil der Anzeigenflut kostete nichts. Diese mit dem Inhalt der Seiten in keinem Zusammenhang stehenden, mit hohen Geboten platzierten Anzeigen verdrängten andere, relevantere Anzeigen auf weniger herausragende Positionen, wo sie seltener angeklickt wurden. Da GoTo nur bezahlt wurde, wenn eine Anzeige angeklickt wurde, bedeutete das für sie finanzielle Einbußen. GoTo führte eine manuelle Überprüfung ein, um sicherzustellen, dass die Inserenten nur relevante Schlüsselwörter kauften. Aber sie kämpften auf verlorenem Posten.
Larry erkannte, dass der Bieteraspekt des GoTo-Systems wertvoll war. Allerdings wusste er nicht, wie man die Mängel beheben konnte, und er blieb zudem skeptisch, ob wir überhaupt ein CPC-Preisgestaltungsmodell brauchten, um wettbewerbsfähig zu sein. Falls wir das taten, dann sicher nicht mit einem mangelhaften System. Es war sowieso kaum vorstellbar, dass GoTo sonderlich erfolgreich sein würde. Ihre Ergebnisse waren auch nicht annähernd so gut wie die von Google. Larry schob es auf, sich mit der Frage zu beschäftigen. Zumindest für den Moment. Google hatte wichtigere Dinge, um die man sich
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