GOR-Zyklus 01 - Gor - die Gegenerde
Juwel des Imp e riums – ein Juwel, das dem Ubar, dem siegreichen Ma r lenus, zur Versuchung geworden war. Und irgendwo dort unten in der gewaltigen Helligkeit lag ein unscheinbarer Stein, der Heimstein dieser großen Stadt, und ich mußte ihn an mich bringen.
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Es bereitete mir keine Mühe, den größten Zylinder Ars auszumachen, das Gebäude des Ubar Marl e nus. Als ich näher herankam, sah ich, daß auf allen Brücken ein le b haftes Treiben herrschte; viele der Feiernden mochten bereits vom Paga berauscht sein. Zwischen den Zyli n dern flogen Tarnkämpfer dahin und genossen offenbar Fre i heiten des Festes, flogen miteinander um die Wette, ve r anstalteten spielerische Kämpfe, ritten Attacken gegen die Brücken und zogen ihre Tiere nur Zentimeter über den Köpfen der erschreckten Passanten hin.
Kühn senkte ich meinen Tarn herab, steuerte ihn mitten zwischen die Zylinder, einer von vielen wilden Tar n kämpfern der Stadt. Ich ließ mein Tier auf einer der Stahlstangen landen, die hier und da aus den Zylindern ragten und die für die Tarns bestimmt sind. Der große Vogel hob und senkte vo r sichtig die Flügel, und seine stahlbewehrten Krallen schurrten über die Stange. En d lich war er im Gleichgewicht, faltete seine Flügel unter und blieb still sitzen, reglos bis auf die wachsamen B e wegu n gen des großen Kopfes und das Blitzen der bösen Augen, die die Menschenströme auf den nahegel e genen Brücken betrachteten.
Mein Herz begann wild zu schlagen, und ich überlegte, wie leicht es noch war, aus Ar zu fliehen. Einmal flog ein betrunkener Krieger ohne Helm vorbei und wollte ebe n falls auf meiner Stange landen – ein wilder Tarnsmann von nie d rigem Rang, der es auf einen Kampf abgesehen hatte. Ihm Platz zu machen, war unmöglich, denn das hätte sofort Mi ß trauen erweckt. Auf Gor gibt es nur eine ehrenvolle Antwort auf eine Herausforderung – sie sofort anzune h men.
»Die Priesterkönige mögen deine Knochen zerstre u en!« rief ich und fügte hinzu: »Und du sollst dich von den E x krementen der Tharlarions ernähren!« Meine zweite Bemerkung, die sich auf die gehaßten Reittiere der niedr i gen Clans bezog, schien dem Mann besonderen Spaß zu machen.
»Möge dein Tarn seine Federn verlieren!« dröhnte er, klatschte sich auf die Schenkel und landete se i nen Tarn auf meiner Stange. Dann beugte er sich herüber und warf mir einen Beutel mit Paga he r über. Ich trank davon und warf ihm den Wein verächtlich zurück. Im nächsten A u genblick war er wieder in der Luft und schmetterte i r gendein Lied heraus.
Wie die meisten Kompasse auf Gor, so enthielt auch der meine ein Chronometer. Ich drehte das Gerät herum, drückte auf den Hebel, der den rückwärtigen Deckel öf f nete, und warf einen Blick auf die Zeiger. Es war zwei Minuten nach der zwanzigsten Stunde! Vergessen war jeder Gedanke an D e sertation. Abrupt startete ich meinen Tarn und steuerte auf den Turm des Ubar zu.
Sekunden später tauchte das Gebäude unter mir auf. Ich lenkte den Tarn sofort hinab, denn ohne g u ten Grund darf man nicht in die Nähe dieses Turmes kommen. Im A n flug erblickte ich das große runde Dach des Zylinders. Es schien von unten beleuchtet – ein bläulicher Schi m mer. In der Mitte des Kreises erhob sich eine niedrige runde Plattform, etwa drei Meter im Durchmesser, durch vier flache Stufen abgesetzt. Auf der Plattform stand eine ei n same, dunkelgekleidete Gestalt. Als mein Tarn auf der Plattform landete und ich herabsprang, hörte ich ein Mädchen schreien.
Ich stürzte zur Mitte der Plattform und zerbrach dabei unter meinem Fuß einen kleinen Korb mit Korn und stieß einen Ka-la-na-Behälter aus dem Weg, der seine rote Flüssigkeit über die Steinfläche ergoß. Ich warf mich auf den Stapel von Steinen in der Mitte der Plattform; die Schreie des Mädchens gellten mir im Ohr. Ganz in der Nähe waren die R u fe von Männern und das Klirren von Waffen zu h ö ren. Krieger hasteten die Treppe zum Dach herauf. Welches war der Heimstein? Ich stieß die Ste i ne zur Seite. Einer mußte der Heimstein Ars sein – aber welcher? Wie konnte ich ihn von all den anderen Steinen unterscheiden – von den Heimsteinen der Städte, die u n ter Ars Macht standen?
Ja! Es mußte der Stein sein, der voller Ka-la-na war, der Stein, an dem die kleinen Körner hafteten! Hastig b e tastete ich die Steine, doch mehrere waren feucht und mit Sa-Tarna übersät. Ich spürte, daß die vermummte Gestalt mich
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