GOR-Zyklus 02 - Der Geächtete von Gor
und schlief. Wie lange dieser Schlaf dauerte, weiß ich nicht. Als ich erwachte, tat mir jeder Muskel im Körper weh, ein matter, ziehender Schmerz. Ich versuchte mich zu bewegen, und sofort begannen mir meine Wunden das Leben unerträglich zu machen.
Trotz des Jochs richtete ich mich auf, schlug die Beine unter und schüttelte den Kopf. In der kleinen Schale lag ein halber Brotlaib. Mit dem Joch gab es keine Möglichkeit, an das Brot heranzukommen. Ich konnte auf dem Bauch an die Schale herankriechen, und wenn mein Hunger noch schlimmer wurde, blieb mir auch nichts anderes übrig. Der Gedanke ärgerte mich. Das Joch diente nicht nur dazu, e i nen Gefangenen an der Flucht zu hindern, sondern es sollte ihn auch erniedrigen, ihn einem Tier gleichsetzen.
»Ich möchte dir helfen«, sagte eine Mädchenstimme.
Ich drehte mich um, und das Trägheitsmoment des Jochs ließ mich fast das Gleichgewicht verlieren. Zwei schmale Hände griffen nach der silbernen Last, kämpften einen Augenblick damit und brachten es wieder in die richtige Lage, so daß ich aufrecht hocken blieb.
Ich schaute das Mädchen an. Sie mochte unscheinbar sein, doch ich fand sie attraktiv. Sie strahlte eine mensc h liche Wärme aus, die ich in Tharna nicht erwartet hatte. Ihre dunklen Augen musterten mich besorgt. Ihr Haar, das eine rötlichbraune Farbe hatte, war hinter ihrem Kopf zusammengebunden.
Als sie meinen Blick bemerkte, senkte sie scheu die Augen. Sie trug ein schlichtes braunes Kleid, das wie ein Poncho um ihren Körper geschlungen und an ihrer Hüfte von einem Kettchen zusammengehalten wurde.
»Ja«, sagte sie beschämt. »Ich trage den Sklavenrock.«
»Du bist schön«, sagte ich.
Sie sah mich verwirrt und dankbar an.
Stumm griff sie nach dem Brot in der Schale und hielt es mir an den Mund. Heißhungrig biß ich zu, schluckte den Bissen hinunter und aß weiter.
Ich sah, daß ihr Hals von einem grauen Metallkragen umschlossen war. Vermutlich hieß das, daß sie eine tha r naische Staatssklavin war.
Sie griff in das Wasserbecken, schöpfte zunächst die Wasseroberfläche ab, um den grünen Schleim zu beseit i gen, und hob dann in ihren gewölbten Händen das kühle Naß an meine gesprungenen Lippen.
»Danke«, sagte ich.
Sie lächelte. »Einer Sklavin dankt man nicht.«
»Ich dachte, in Tharna sind die Frauen frei«, sagte ich und deutete auf ihren grauen Halsring.
»Ich werde nicht in Tharna gehalten«, sagte sie. »Ich werde aus der Stadt gebracht – zu den großen Anbaug e bieten, wo ich den Feldsklaven Wasser bringen muß.«
»Was hast du verbrochen?« fragte ich.
»Ich habe Tharna verraten«, sagte sie.
»Du warst in eine Verschwörung gegen den Thron verwickelt?«
»Nein«, sagte das Mädchen. »Ich habe Gefühle für e i nen Mann empfunden.«
Ich war sprachlos.
»Es gab eine Zeit, da ich die Silbermaske trug, Kri e ger«, sagte sie. »Nun bin ich nur noch eine Entwürdigte, denn ich habe mich von der Liebe hinreißen lassen.«
»Das ist doch kein Verbrechen«, sagte ich.
Das Mädchen lachte fröhlich auf. Ich liebe diese übe r raschende, frohe Musik eines Mädchenlachens, das einen Mann so erfreuen kann, das auf ihn einzuwirken vermag wie ein Glas Ka-la-na-Wein.
Plötzlich wurde mir das Joch sehr leicht.
»Erzähl mir von ihm«, sagte ich, »aber sage mir zuerst deinen Namen.«
»Ich bin Linna aus Tharna«, sagte sie. »Und wie heißt du?«
»Tarl«, sagte ich.
»Aus welcher Stadt?«
»Aus keiner Stadt.«
»Ah!« sagte das Mädchen lächelnd und fragte nicht weiter. Sie dachte jetzt bestimmt, daß sie ihre Zelle mit einem Geächteten teilte. Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und schaute mich fröhlich an. »Er war nicht mal aus unserer Stadt«, sagte sie.
Ich stieß einen Pfiff aus. Das konnte nach goreanischen Bräuchen ein schwerwiegendes Verbrechen sein.
»Und noch schlimmer«, sagte sie lachend und klatschte in die Hände. »Er gehört der Kaste der Sänger an.«
Es hätte schlimmer sein können, dachte ich. Obwohl die Kaste der Sänger und Dichter nicht sehr hoch ang e sehen wurde, hatte sie mehr Prestige als zum Beispiel die Kaste der Topfmacher oder Sattelmacher, mit denen sie manchmal verglichen wurde. Auf Gor wird der Sänger oder Dichter als Handwerker angesehen, der denkwürd i ge Sprüche macht, so wie etwa der Topfmacher einen g u ten Krug oder der Sattelmacher einen guten Reitsattel zu fertigen versteht. Er spielt seine Rolle in der Gesel l schaftsstruktur dieser Welt, feiert
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