GOR-Zyklus 02 - Der Geächtete von Gor
sehen, erblickte die Säule, den Himmel und meine Gegner in aller Deutlichkeit.
In der Ferne machte ich einen winzigen Fleck aus. Das mußte mein Tarn sein. Als er mich in der Gewalt meiner Gegner sah, war er offenbar sofort fortgeflogen. Nun g e noß er wieder die Freiheit, begann ein Leben, das ihn o h ne Sattel und Zügel, ohne silberne Fußlast zum Ubar des Himmels machte. Sein Verschwinden stimmte mich tra u rig, doch zugleich war ich froh, daß er entkommen war. Besser das, als wenn er von dem Speer eines Kriegers g e tötet worden wäre.
Thorn packte meine Handfesseln und zerrte mich über den Marmorboden zu einem der drei wartenden Tarns. Ich war hilflos. Meine Arme und Beine waren so schlaff, als wäre mir jeder Nerv einzeln durchgeschnitten wo r den.
Ich wurde an den Fußring eines Tarns gekettet.
Die Tatrix hatte offenbar das Interesse an mir verloren, denn sie wandte sich an Dorna und Thorn.
Der Krieger, dessen Arm ich gebrochen hatte, kniete auf dem marmornen Fußboden, umklammerte seinen ve r letzten Arm und stöhnte. Sein Kamerad stand neben mir zwischen den Tarns. Vielleicht sollte er mich beobac h ten, vielleicht auch die nervösen Riesenvögel beruhigen.
Hochmütig wandte sich die Tatrix an Dorna und Thorn. »Warum«, fragte sie, »sind nur so wenige Soldaten hier?«
»Wir sind genug«, sagte Thorn.
Die Tatrix schaute über die Ebene in Richtung Stadt. »Inzwischen wird die Prozession fröhlicher Bürger lo s gezogen sein«, sagte sie.
Dorna die Stolze und Thorn, Offizier von Tharna, schwiegen.
Die Tatrix kam majestätisch zu mir herüber und starrte zu mir herab. »Krieger«, sagte sie, »wenn du lange genug auf dieser Säule bliebest, könntest du die Prozessionen sehen, die mich in Tharna willkommen heißen werden.«
Die Stimme Dornas der Stolzen wehte herüber. »Ich glaube nicht, geliebte Tatrix.«
Die Tatrix wandte sich verwirrt um. »Warum nicht?« fragte sie.
»Weil«, antwortete Dorna, und ich spürte, daß sie hi n ter ihrer Silbermaske lächelte, »du nicht nach Tharna z u rückkehrst.«
Die Tatrix starrte sie verständnislos an.
Der unverletzte Krieger war nun in den Sattel des Tarns gestiegen, an dessen Fuß ich festgekettet war. Er zog am ersten Zügel, und das Ungeheuer flog los. Ruc k artig wurde ich in die Höhe gezerrt, und im schmerzha f ten Griff meiner Fesseln baumelte ich unter dem fliege n den Vogel. Ich sah die weiße Säule unter mir verschwi n den, sah die Gestalten darauf, zwei Krieger, eine Frau in einer Silbermaske und die goldene Tatrix von Tharna.
17
Der Raum war lang und niedrig, sehr schmal, vielleicht anderthalb Meter hoch und breit, und etwa dreißig Meter lang. Eine kleine, stinkende Tharlarionlampe brannte an jedem Ende. Wie viele solche Verliese es in den zahlre i chen Bergwerken unter der Erde Tharnas gab, wußte ich nicht. Die lange Reihe der aneinandergefesselten Sklaven bückte sich und kroch in den langen Raum. Als er mit seinen unglücklichen Bewohnern gefüllt war, schloß sich eine Eisentür, die ein kleines Beobachtungsfenster hatte. Ich hörte das Zuschnappen von vier Riegeln.
Es war feucht. Hier und dort standen Wasserpfützen. Die Wände waren naß; an einigen Stellen tropfte Wasser von der Decke. Die Belüftung erfolgte durch einige ru n de Öffnungen, die etwa drei Zentimeter im Durchmesser maßen. Eine größere Öffnung, vielleicht sechzig Zent i meter im Durchmesser, war in der Mitte des großen Raumes sichtbar.
Andreas aus Tor, der neben mir angekettet war, deutete darauf. »Durch dieses Loch«, sagte er, »wird der Raum überflutet.«
Ich nickte und lehnte mich gegen die feuchte Wand. Ich fragte mich, wie oft in der tharnaischen Geschichte solche Verliese schon überflutet worden waren, wie viele arme Teufel in den unterirdischen Fallen umgekommen waren. Und ich wunderte mich nicht mehr über die vo r zügliche Disziplin in den tharnaischen Bergwerken. Ich hatte erfahren müssen, daß erst vor einem Monat in e i nem nahegelegenen Bergwerk ein einzelner Gefangener Unruhe gestiftet hatte. Daraufhin hatte der Bergwerk s verwalter entschieden, das gesamte Bergwerk unter Wa s ser zu setzen. So überraschte es mich nicht, daß die G e fangenen jede Möglichkeit des Widerstands für sinnlos ansahen, ihn sogar entsetzt unterbanden, wenn einer der Mitgefangenen unruhig wurde.
Andreas sagte: »Wer das Leben über hat, der müßte sich hier ganz wohl fühlen.«
»Soviel ist sicher.«
Er steckte mir eine Zwiebel und ein
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