GOR-Zyklus 02 - Der Geächtete von Gor
in das Brot biß und hastig zu kauen begann. »Dafür werden wir alle überflutet«, sagte er.
Andreas aus Tor schaltete sich ein: »Was mich angeht, so wäre es mir eine Ehre, in der Gegenwart unseres te u ren Ost zu sterben.«
Und wieder lachten die Männer, und ich glaubte auch auf Osts Lippen ein Lächeln wahrzunehmen.
Der Peitschensklave sah untätig zu, während wir den langen Gang zum Vortrieb zurücklegten. Verwundert beobachtete er uns, denn einer der Männer aus der Kaste der Bauern hatte ein Pfluglied zu summen begonnen, und nacheinander fielen die anderen ein.
Die Ablieferungsmenge schafften wir an diesem Tage mühelos – und auch am nächsten.
18
Von Zeit zu Zeit breiteten sich Neuigkeiten durch die Bergwerke aus. Sie wurden von den Sklaven gebracht, die die Essenströge füllten. Diese Sklaven waren besser dran als wir, denn sie hatten Zugang zum Zentralschacht. Jedes der hundert Bergwerke Tharnas hatte einen Zugang zu diesem Schacht. Er unterschied sich sehr von den viel engeren Erzschächten, die in jedem Bergwerk anders ausfielen. Diese waren schmale Öffnungen, in denen die Plattformen der Hebevorrichtungen gerade einen norm a len Erzsack aufnehmen konnten.
Durch den Zentralschacht wurden die tharnaischen Bergwerke mit Vorräten versorgt, nicht nur mit Leben s mitteln, sondern nach Bedarf auch mit Leinenstoff, Werkzeugen und Ketten. Das Trinkwasser stammte aus den natürlichen Quellen jedes Bergwerks. Ich und meine Mitgefangenen waren durch den Zentralschacht in diese Unterwelt gekommen. Nur tote Sklaven legten den u m gekehrten Weg zurück.
Ausgehend von den Sklaven, die die Flaschenzüge der Versorgungsfahrstühle des Zentralschachtes bedienten, von anderen Sklaven weitererzählt – so hatte sich die Nachricht ausgebreitet, bis sie schließlich auch unser Bergwerk erreichte, welches auf der tiefsten Sohle des Riesenschachtes lag.
Es gab eine neue Tatrix in Tharna.
»Wer ist die neue Tatrix?« fragte ich.
»Dorna die Stolze«, sagte der Sklave, der Zwiebeln, Rettiche, Kartoffeln und Brot in den Essenstrog schütt e te.
»Was ist aus Lara geworden?« fragte ich.
Er lachte. »Du hast keine Ahnung!« rief er aus.
»Es dauert lange, bis Neuigkeiten zu uns dringen«, sa g te ich.
»Sie wurde entführt!«
»Was?« rief ich.
»Ja«, sagte er. »Von einem Tarnkämpfer, wie es sich herausstellte.«
»Und wie hieß der Mann«, fragte ich.
»Tarl«, entgegnete er und flüsterte: »Tarl aus – Ko-ro-ba.«
Ich wußte nicht, was ich sagen sollte.
»Er ist ein Geächteter«, fuhr der Mann fort, »der die Schauspiele Tharnas überlebte.«
»Ich weiß«, sagte ich.
»Da war ein Tarn mit einer Silberstange, der ihn fre s sen sollte. Doch er befreite den Tarn – « der Sklave klatschte sich auf die Schenkel – »bestieg das Tier und entführte die Tatrix wie einen Tabuk!« Sein Gelächter hallte in dem engen Raum wider, und die anderen Skl a ven fielen begeistert ein. Ich begann zu verstehen, mit welchen Augen die Tatrix von den Sklaven gesehen wu r de. Ich lachte nicht.
»Was ist mit der Verhandlungssäule?« fragte ich. »Wurde denn die Tatrix nicht unverletzt dort zurückg e geben und freigelassen?«
»Das hatten alle angenommen«, sagte der Sklave. »Aber dem Tarnkämpfer lag offenbar an ihr mehr als an allen Reichtümern Tharnas.«
»Was für ein Mann!« rief einer der Sklaven.
»Vielleicht war sie sehr schön«, sagte ein zweiter Mann.
»Sie wurde nicht zurückgegeben?« fragte ich den Skl a ven am Trog.
»Nein«, sagte er. »Zwei bedeutende Leute in Tharna, Dorna die Stolze und Thorn, ein Offizier, flogen zur Sä u le, aber die Tatrix wurde nicht zurückgebracht. Daraufhin wurden die Gebirge ringsum abgesucht – doch man fand nur die zerrissenen Gewänder und ihre Goldmaske.« Der Sklave setzte sich auf den Trogrand. »Und jetzt trägt Dorna die Maske.«
»Was ist wohl aus Lara geworden?« fragte ich.
Der Sklave lachte. »Nun«, sagte er, »wir wissen, daß sie ihre Goldgewänder nicht mehr trägt.«
»Zweifellos hat sie passendere Dinge erhalten.«
»Ja!« Der Sklave klatschte sich auf das Knie. »Stellt euch vor! Lara, die Tatrix von Tharna, im Tanzkleid e i ner Sklavin!«
Meine Kettengemeinschaft lachte – alle außer mir und Andreas aus Tor, der mich fragend ansah. Ich lächelte ihn an und zuckte die Achseln. Die Antwort auf seine unausgesprochene Frage wußte ich nicht.
Nach und nach versuchte ich meinen Mitsklaven das Selbstvertrauen wiederzugeben.
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