GOR-Zyklus 02 - Der Geächtete von Gor
denen die Vorran g stellung der Stadt basiert. In den meisten Vortriebstollen kann kein Mann aufrecht stehen. Nur wenige sind abg e stützt. Bei der Arbeit kriecht der Sklave auf Händen und Knien voran, die zuerst bluten, dann aber eine dicke Hornhaut entwickeln. Um seinen Hals hängt ein Leine n beutel, in dem er seine Erzstücke sammelt und zur Wa a ge bringt. Das Eisen wird mit einer kleinen Spitzhacke aus dem Felsgestein gebrochen. Winzige Lampen spe n den ein schwaches Licht.
Der Arbeitstag ist fünfzehn goreanische Stunden (Ahns) lang, die im Hinblick auf die etwas andere Umlaufg e schwindigkeit Gors um die Sonne etwa achtzehn irdischen Stunden entsprechen. Die Sklaven kommen nie an die Oberfläche. Wenn sie einmal in der kalten Schwärze der Bergwerke untergetaucht sind, sehen sie die Sonne ni e mals wieder. Eine einzige Abwechslung gibt es in ihrem traurigen Dasein: einmal im Jahr, zum Geburtstag der T a trix, erhalten sie einen kleinen Kuchen aus Honig und S e samkernen und einen kleinen Krug mit Kal-da. Ein Mann in meiner Kettengemeinschaft, ein zahnloses Skelett, br ü stete sich damit, daß er schon dreimal Kal-da getrunken hatte. Die meisten andern halten nicht so lange durch. Die Lebenserwartung eines Bergwerkssklaven liegt gewöh n lich zwischen sechs Monaten und einem Jahr.
Unwillkürlich starrte ich zu dem großen runden Loch in der Decke unserer langen, schmalen Zelle auf.
Am nächsten Morgen – die Tageszeit ließ sich nur von den lauten Flüchen der Peitschensklaven und am Klirren der Ketten ablesen – krochen meine Mitgefangenen und ich aus der Zelle und erreichten wieder den breiten, rechteckigen Raum dahinter.
Der Essenstrog war schon gefüllt.
Die Sklaven drängten sich zum Brot, wurden jedoch mit Peitschenhieben zurückgetrieben. Noch war der B e fehl nicht gefallen, der ihnen den Weg freigab.
Der Peitschensklave, ein gewöhnlicher tharnaischer Sklave, der unsere Kettengemeinschaft beaufsichtigen mußte, fand seine Arbeit sehr angenehm. Obwohl auch er das Tageslicht nicht wiedersehen würde, hatte er imme r hin die Peitsche und war der Ubar dieser unterirdischen Schreckenswelt.
Die Sklaven spannten die Muskeln an, ihre Augen ric h teten sich auf den Trog. Die Peitsche wurde angehoben. Ihr Herabzucken war das Signal, daß die Sklaven zum Trog drängen durften.
Vergnügen stand in den Augen des Peitschensklaven, als er diesen qualvollen Augenblick der Ruhe genoß, den sein angehobener Arm auslöste. Er genoß die gierigen Blicke der zerfetzten, hungrigen Sklaven.
Die Peitsche knallte. »Essen!« brüllte er.
Die Sklaven sprangen vor.
»Nein!« schrie ich.
Einige stolperten und stürzten hin, prallten kettenkli r rend auf den Boden, zogen andere mit. Doch die meisten blieben stehen, vermochten ihr Gleichgewicht zu halten. Wie ein Mann richtete die zerlumpte, verdreckte Skl a vengruppe die Augen auf mich.
»Eßt!« brüllte der Peitschensklave und knallte zum zweitenmal.
»Nein«, sagte ich.
Die Männer waren unentschlossen.
Ost versuchte sich zum Trog vorzudrängen; da er j e doch an Kron gefesselt war, kam er nicht voran. Ost hätte ebensogut an einen Baumstamm gekettet sein können.
Der Peitschensklave kam auf mich zu. Siebenmal traf mich die Peitsche, ohne daß ich zusammenzuckte.
Dann sagte ich: »Schlag mich nicht noch einmal.«
Er wich mit erhobenem Arm zurück und ließ die Pei t sche sinken. Er hatte begriffen, daß sein Leben in Gefahr war. Welcher Trost konnte es ihm sein, wenn das ganze Bergwerk überflutet wurde und er zuvor als erster g e storben war – von meiner Hand?
Ich wandte mich an die Männer. »Ihr seid keine Tiere«, sagte ich, »ihr seid Menschen.«
Ich machte eine einladende Handbewegung und führte zum Trog.
»Ost«, sagte ich, »wird das Brot verteilen.«
Ost steckte die Hände in das Brot und stopfte sich e i nen großen Brocken in den Mund.
Krons Handkette traf ihn an der Seite des Gesichts, und das Brot flog ihm aus dem Mund.
»Verteile das Brot!« sagte Kron.
»Wir haben dich ausgewählt«, sagte Andreas aus Tor, »weil du für deine Ehrlichkeit bekannt bist.«
Zu meiner Verblüffung begannen die angeketteten Sklaven zu lachen.
Während uns der Peitschensklave angstvoll beobacht e te, verteilte Ost mit grimmiger Miene das armselige Frühstück im Essenstrog.
Das letzte Brotstückchen brach ich in zwei Teile, nahm eine Hälfte und gab Ost den Rest. »Und nun iß«, sagte ich.
Wütend wanderte sein Blick hin und her, während er
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