GOR-Zyklus 02 - Der Geächtete von Gor
Der erste Schritt war die einfache Essenszeremonie. Dann ermutigte ich sie, mehr miteinander zu sprechen, sich beim Namen und bei der Heimatstadt zu nennen, und obwohl die Männer aus den verschiedensten Gebieten Gors kamen, teilten sie diese l be Kette und denselben Essenstrog und akzeptierten ei n ander.
Wenn ein Mann krank wurde, sorgten die anderen d a für, daß sein Erzsack immer voll war. Wenn ein Mann geschlagen wurde, reichten die anderen Wasser von Hand zu Hand, damit seine Wunden gebadet werden konnten und er zu Trinken hatte. Und mit der Zeit kan n ten wir uns alle, die wir an die große Kette gefesselt w a ren. Wir waren keine finsteren, anonymen Gestalten mehr, die in der Feuchtigkeit des Bergwerks dahinveg e tierten. Schließlich hatte nur noch Ost Angst wegen di e ser Veränderung, denn er befürchtete ständig die Übe r flutung unserer Schlafkammer.
Unsere Kettengemeinschaft leistete gute Arbeit, und die Ablieferungsmenge wurde jeden Tag erreicht, und als sie vergrößert wurde, bereitete uns auch das keine Schwierigkeiten. Manchmal summten die Männer bei der Arbeit sogar vor sich hin, ein Summen, das in den engen Tunneln verstärkt wurde. Die Peitschensklaven begriffen den seltsamen Wandel nicht und begannen sich vor uns zu fürchten.
Die Nachricht von unserer neuen Eßmethode war von den Essensklaven auch in die anderen Bergwerke getr a gen worden. Und sie berichteten von den sonstigen sel t samen Dingen, die sich in dem Bergwerk tief unten am Zentralschacht ereigneten, von den Männern, die sich gegenseitig halfen und die auch die Zeit und den Willen aufbrachten, eine Melodie zu singen.
Mit der Zeit erfuhr ich von den Essensklaven, daß diese Revolution sich heimlich wie der Pfotenschlag eines Larl von Bergwerk zu Bergwerk ausbreitete. Bald mußte ich feststellen, daß die Sklaven, die uns das Essen brachten, den Mund nicht mehr aufbekamen, und vermutete, daß sie einen Schweigebefehl bekommen hatten. Doch an i h ren Gesichtern war abzulesen, daß die ansteckende Se u che der Selbstachtung und des Selbstvertrauens in den Bergwerken unter Tharnas Ländern nicht mehr aufzuha l ten war. Hier im Dunkel der Bergwerke, in der Heimat der niedrigsten und würdelosesten Wesen von ganz Tharna konnten sich die Männer wieder ins Gesicht s e hen.
Ich wußte, daß die Zeit gekommen war.
Als wir an diesem Abend in die lange Zelle gebracht wurden und die Riegel einrasteten, wandte ich mich an die Männer.
»Wer von euch möchte gern frei sein?« fragte ich.
»Ich«, sagte Andreas aus Tor.
»Und ich«, knurrte Kron aus Tharna.
»Und ich!« riefen andere Stimmen.
Nur Ost hielt sich zurück. »Solche Worte sind verb o ten«, wimmerte er.
»Ich habe einen Plan«, sagte ich, »aber er erfordert Mut, und vielleicht kommen wir alle dabei um.«
»Es gibt keinen Ausweg aus den Bergwerken«, sagte Ost schrill.
»Führe uns, Krieger!« sagte Andreas.
»Zuerst«, sagte ich, »müssen wir dafür sorgen, daß die Zelle überflutet wird.«
Ost kreischte entsetzt auf, und Krons gewaltige Faust schloß sich um seinen Hals und brachte ihn zum Schwe i gen. Ost wand sich in seinen Händen. »Halt den Mund, Schlange!« sagte der stämmige Mann und ließ Ost fallen. Der dürre Mann kauerte sich zitternd an die Felswand.
Sein Schrei hatte mir gesagt, was ich wissen wollte. Ich war nun sicher, wie ich die Überflutung der Zelle b e werkstelligen konnte.
»Morgen abend«, sagte ich einfach und sah Ost an, »morgen nacht machen wir unseren Ausbruchsversuch.«
Wie ich es erwartet hatte, stieß Ost am nächsten Tag ein kleiner Unfall zu. Er schien sich mit seiner Spitzhacke am Fuß verletzt zu haben und flehte den Peitschenskl a ven so inständig an, daß dieser ihn von der Kette lo s machte, ihm einen Kragen um den Hals legte und den Humpelnden abführte. Das war eine durchaus unübliche Behandlung, doch es mußte ihm klar sein, daß Ost allein mit ihm sprechen wollte, daß er ihm etwas Wichtiges mitzuteilen hatte.
»Du hättest ihn umbringen sollen«, sagte Kron aus Tharna.
»Nein«, entgegnete ich.
Der stämmige Mann sah mich fragend an und zuckte die Achseln.
An diesem Abend waren die Sklaven, die uns das E s sen brachten, von einem Dutzend Krieger begleitet. Auch wurde Ost nicht zurückgebracht. »Sein Fuß muß gepflegt werden«, sagte der Peitschensklave und drängte uns in unsere Zelle.
Als die Eisentür geschlossen war und die Riegel z u scharrten, hörte ich sein Lachen.
Die Männer waren
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