GOR-Zyklus 03 - Die Priesterkönige von Gor
sah Sarm an, dessen Helfer erstarrten.
Misks Worte klangen aus Sarms Übersetzungsgerät. »Du hast dich gegen den Willen der Mutter gewandt«, sagte Misk. »Dein Gur ist abgelehnt! Geh!«
Sarm bebte. »Wir bringen Silberröhren«, sagte er.
»Geh!«
Aus den Übersetzungsgeräten in der Höhle tönten plötzlich die seltsamen Worte: »Ich erinnere mich an ihn … habe ihn nie vergessen … im Himmel … Flügel wie Goldregen!«
Bewegung kam in die Reihen der Priesterkönige, die zur Plattform der Mutter drängten. Das alte Wesen, das erschlafft auf ihrem Lager ruhte, hob ihre Fühler und überschaute die Höhle. »Ja«, sagte sie, »er hatte Flügel wie Goldregen.«
»Die Mutter stirbt«, sagte Misk.
Diese Worte hallten aus den Übersetzungsgeräten, und immer wieder klangen sie auf, als die Priesterkönige sie ungläubig wiederholten.
»Das ist unmöglich«, sagte einer.
»Das Nest ist ewig«, bemerkte ein anderer.
Die schwachen Fühler zitterten. »Ich möchte mit dem Wesen sprechen, das mein Kind gerettet hat.«
Ich trat vor.
»Bist du ein Mul?« fragte sie.
»Nein«, sagte ich, »ich bin frei.«
»Gut.«
In diesem Augenblick drängten sich zwei Priesterkön i ge mit Injektionsspritzen durch die Menge und stiegen auf die Plattform.
Als sie Anstalten machten; ihr ein Mittel einzuspritzen, wie es bestimmt schon tausendmal zuvor geschehen war, schwenkte sie ihre Fühler und winkte die beiden zur Seite.
»Nein«, sagte sie.
Einer der Priesterkönige wollte ihr die Injektion de n noch verabreichen, doch Misks Vorderbein hinderte ihn daran.
Der andere Priesterkönig untersuchte ihre Fühler und die mattbraunen Augen.
Er winkte seinen Begleiter zur Seite. »Es geht sowieso nur noch um Ehn«, sagte er.
Hinter mir hörte ich einen der Priesterkönige immer wieder sagen: »Das Nest ist ewig.«
Misk legte ein Übersetzungsgerät neben die sterbende Mutter.
»Nur er«, sagte sie.
Misk schickte die Ärzte und die anderen Priesterkönige von der Plattform und stellte das Übersetzungsgerät auf kleinste Leistung. Ich fragte mich, wie lange sich die Duftsignale in der Luft halten würden und noch nac h empfunden werden konnten, ehe ich mich zu dem kle i nen Gerät hinabbeugte.
Nun konnte ich hören, was die Mutter mir sagte, ohne daß die anderen Anwesenden etwas mitbekamen.
»Ich habe schlecht gehandelt«, sagte sie zu meiner Verblüffung. »Ich wollte die einzige Mutter von Prieste r königen sein, und ich hörte auf meinen Erstgeborenen. Jetzt sterbe ich, aber die Rasse der Priesterkönige darf nicht mit mir sterben.«
Ich vermochte die Worte kaum zu verstehen.
»Vor langer Zeit«, fuhr sie fort, »stahl Misk, mein Kind, das Ei eines Männchens, das er nun vor Sarm und anderen versteckte, die nicht wollen, daß es ein zweites Nest gibt.«
»Ich weiß«, sagte ich leise.
»Vor nicht langer Zeit, vielleicht vor vierhundert Ja h ren eurer Zeitrechnung, gestand Misk mir seine Tat ein und schilderte mir seine Gründe.« Die alten Fühler erzi t terten, und die dünnen braunen Härchen hoben sich, wie von einem kühlen Wind bewegt, dem Hauch der Ster b lichkeit. »Ich sagte nichts dazu, sondern bedachte seine Worte und das Problem – und in Gemeinschaft mit dem Zweitgeborenen, der seither den Wonnen des Goldenen Käfers erlegen ist, schaffte ich schließlich ein weibliches Ei beiseite, das außerhalb des Nests verborgen liegt.«
»Wo ist dieses Ei?« fragte ich.
Sie schien meine Frage nicht zu verstehen, und ich b e kam Angst, als ihr alter Körper wild durchgeschüttelt wurde, eine Erscheinung, die mir auf das nahe Ende hi n zudeuten schien.
Einer der Ärzte eilte herbei und machte ihr eine Inje k tion. Anschließend umfaßte er vorsichtig die Fühler der Mutter. Das Zittern ließ nach.
Er zog sich zurück und beobachtete uns reglos aus e i niger Entfernung.
Wieder klang mein Übersetzungsgerät auf. »Das Ei wurde von zwei Menschen aus dem Nest geschafft«, sa g te sie. »Von Menschen, die frei waren wie du – nicht von Muls. Sie haben das Ei versteckt.«
»Wo wurde es versteckt?«
»Die beiden Menschen kehrten in ihre Heimatstädte zurück, ohne etwas von ihrer Tat zu verraten, so wie man es ihnen befohlen hatte. Bei diesem Auftrag der Prieste r könige waren sie zusammen gewesen und hatten gemei n sam manche Gefahren und Entbehrungen erlitten. Sie waren fast wie Brüder.«
»Wo ist das Ei?« wiederholte ich.
»Aber ihre Städte begannen sich zu bekämpfen, und die beiden Männer töteten
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