GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
Wir sind stark und können vielleicht eine Insel erobern – eine der nördlichen Inseln. Dort kannst du Ubar sein und wir deine Männer.«
»Viele Kapitäne lichten bereits Anker, um in den No r den zu segeln«, sagte ein anderer Offizier.
»Und andere wollen in den Süden«, bemerkte eine Stimme.
»Das Thassa ist groß. Es gibt viele Inseln, viele Häfen.«
»Und was ist mit Port Kar?« fragte ich.
»Es hat keinen Heimstein«, sagte einer der Männer.
Ich lächelte. Das stimmte. Von allen Städten Gors war Port Kar die einzige, die keinen Heimstein besaß. Ich wußte nicht, ob die Männer sie nicht mochten, weil sie keinen Heimstein besaß, oder ob sie keinen Heimstein hatte, weil die Bürger Port Kar nicht liebten.
Der Offizier hatte gefordert, daß die Stadt den Fla m men und den plündernden Seeleuten aus Cos und Tyros überlassen werden sollte.
Port Kar hatte keinen Heimstein.
»Wie viele von euch glauben, daß Port Kar keinen Heimstein hat?« fragte ich.
Die Männer sahen sich verwirrt an. Alle wußten natü r lich, daß die Stadt keinen Heimstein besaß.
Stille trat ein.
Nach einiger Zeit sagte Tab: »Ich glaube, sie hat e i nen!«
»Aber«, sagte ich, »noch hat sie keinen.«
»Nein«, sagte Tab.
Einer der Männer sagte: »Ich frage mich, wie es wäre, in einer Stadt mit einem Heimstein zu leben.«
»Wie erwirbt eine Stadt einen solchen Stein?« fragte ich.
»Die Menschen entscheiden, daß sie einen bekommt«, meinte Tab.
»Ja«, sagte ich, und die Männer sahen sich zweifelnd an.
»Holt den Sklaven Fisch!« rief ich.
Die Kapitäne begriffen nicht, was ich wollte, doch e i ner ging, um den Jungen zu holen.
Ich wußte, daß von den Sklaven keiner geflohen war – dazu hatten sie auch kaum Gelegenheit. Der Alarm war in der Nacht gekommen, und zu dieser Zeit ist es in e i nem goreanischen Haushalt üblich, daß die Sklaven ei n gesperrt oder angekettet sind. Auch ich sorgte dafür, daß ich hier keine unangenehme Überraschung erlebte.
Fisch, bleich, nervös, wurde in den Saal gebracht.
»Geh nach draußen«, sagte ich, »suche einen Stein und bringe ihn herein.«
Er starrte mich an.
»Beeil dich!« drängte ich.
Er machte kehrt und hastete hinaus.
Wir warteten schweigend, bis er wieder kam. In der Hand hielt er einen ziemlich großen Stein, etwas größer als meine Faust. Es war ein ganz gewöhnlicher Felsbro c ken, grau und schwer und ziemlich körnig.
Ich nahm den Stein zur Hand.
»Ein Messer«, sagte ich.
Man reichte mir eine Klinge.
In den Stein schnitt ich mit der Messerspitze die Initi a len Port Kars.
Dann hielt ich den Stein in die Höhe, so daß die Mä n ner ihn sehen konnten.
»Was habe ich hier?« fragte ich.
Tab sagte leise: »Den Heimstein Port Kars.«
»Und jetzt«, sagte ich und wandte mich an den Mann, der sich für die Flucht ausgesprochen hatte, »wollen wir jetzt noch fliehen?«
Er starrte verwundert auf den einfachen Stein. »Ich habe noch nie einen Heimstein gehabt«, sagte er.
»Wollen wir fliehen?«
»Nicht, wenn wir einen Heimstein haben.«
Ich hielt den Stein in die Höhe. »Haben wir einen Heimstein?« fragte ich die Männer.
»Ich akzeptiere den Stein als meinen Heimstein«, sa g te der Sklavenjunge Fisch. Keiner der Männer lachte. Der erste, der den Heimstein anerkannte, war nur ein Junge, ein Sklave. Aber er hatte wie ein Ubar gesprochen.
»Und ich auch!« rief Thurnock.
»Und ich!« fiel Clitus ein.
»Und ich!« brüllte Tab.
»Und ich!« riefen die Männer durcheinander. Und plötzlich war der Saal von Jubelgeschrei erfüllt, und über hundert Waffen fuhren aus den Scheiden und grüßten den Heimstein von Port Kar. Freude herrschte in diesem A u genblick, wie ich sie echter und reiner in Port Kar nie zuvor erlebt hatte. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl, ein Vertrauen in den Sieg, eine neue Bedeutung für das L e ben – Rufe, Waffengeklirr, Tränen.
Ich wandte mich an Thurnock. »Laß die Sklaven frei. Schicke sie durch die Stadt, zum Hafen, in die Tavernen, zum Arsenal, auf die Plätze und Märkte, überallhin. Sie sollen die Neuigkeit verkünden! Sie sollen allen mitte i len, daß Port Kar einen Heimstein hat!«
Männer hasteten aus dem Saal, um meine Befehle auszuführen.
»Offiziere!« rief ich. »Auf eure Schiffe. Bildet eure Linien vier Pasang westlich des Kais des Sevarius! Thu r nock und Clitus bleiben hier.«
»Nein!« riefen die beiden und sahen mich niederg e schlagen an.
Ich brachte es nicht fertig, sie in den Tod zu
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