GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
schicken. Ich hatte keine Hoffnung, daß Port Kar genügend Schiffe zusammenbrachte, um die vereinte Flotte von Cos und Tyros abzuwehren. Ich kehrte ihnen den Rücken und ve r ließ mit dem Stein den Saal.
Draußen an meinem Hafenbecken ließ ich ein schne l les Boot kommen. Ich hörte überall die Rufe, daß es e i nen Heimstein in Port Kar gebe, und sah Fackeln auf den schmalen Steigen, die fast überall die Kanäle begleiten.
»Zum Rat der Kapitäne!« rief ich den Ruderern zu und sprang ins Boot. Als ich mich setzte, bemerkte ich, daß Fisch auf einer der Ruderbänke saß.
»Dies ist Arbeit für Männer, Junge«, sagte ich.
Er zog das Ruder durch. »Ich bin ein Mann, Kapitän«, erwiderte er.
Hinter uns standen Telima und Vina auf dem Kai, doch Fisch blickte nicht zurück. Das Schiff glitt durch die Kanäle Port Kars auf den Ratsbau der Kapitäne zu. Überall flackerten Lichter in den Fenstern.
Der Ruf pflanzte sich durch die Stadt fort, die Nac h richt verbreitete sich wie ein Lauffeuer, rief überall Au f regung und lebhafte Diskussionen hervor.
Ein Mann stand auf einem schmalen Steg, ein Bündel auf dem Rücken, das er über seinen Speer geworfen ha t te. »Ist es wahr, Admiral?« rief er. »Ist es wahr?«
»Wenn du es wahr machst«, sagte ich, »ist es wahr!«
Er starrte mich seltsam an, und als ich mich umsah, hatte er sein Bündel abgeworfen und folgte uns zu Fuß. »Port Kar hat einen Heimstein!« rief er.
Andere blieben stehen und folgten ihm.
In den Kanälen herrschte lebhafter Bootsverkehr – u n zählige Tharlarionboote, mit Gütern beladen, die hierhin und dorthin eilten. Offenbar wollten sie alle noch fliehen. Ich hatte gehört, daß Besitzer von größeren Schiffen b e reits zu Hunderten in See gestochen waren und daß im Hafen astronomische Summen für eine Passage aus der Stadt gefordert wurden. Heute nacht würde mancher ein Vermögen machen.
»Macht Platz für den Admiral!« rief mein Steuermann. »Macht Platz!«
Wir sahen erschreckte Gesichter in den Fenstern. Männer hasteten auf den schmalen Kanalsteigen entlang.
Die Ruder unseres Boots verhakten sich mit denen e i nes anderen Fahrzeugs; wir glitten auseinander und set z ten unseren Weg fort.
Kinder weinten. Ich hörte eine Frau schreien. Überall sah ich dunkle Gestalten, die ihre Habe in Sicherheit zu bringen versuchten. In vielen Booten, an denen wir vo r beikamen, drängten sich erschreckte Menschen.
»Wohin willst du?« fragte ein Mann, der aus einem Fenster lehnte.
»Ich denke, zum Rat der Kapitäne«, sagte einer der Vorbeieilenden. »Es heißt, wir haben jetzt einen Hei m stein in Port Kar.«
Und Männer hinter ihm riefen: »Ja, es gibt einen Heimstein in Port Kar!« Dieser Ruf wurde von Tause n den aufgenommen, und überall hielten Menschen in ihrer Flucht inne, Boote kamen ins Stocken, Menschen stür z ten aus den Eingängen ihrer Häuser. Ich sah, wie Waffen gezogen wurden und hinter uns, zu Tausenden jetzt, k a men die Bürger Port Kars, folgten uns zum großen Platz vor dem Ratsgebäude der Kapitäne.
Noch ehe der Mann im Bug meines Boots das Seil ans Ufer geworfen hatte, war ich hinübergesprungen und ei l te mit fliegender Robe auf das große Ratsportal zu.
Vier Mitglieder der Ratswache salutierten, indem sie ihre Lanzenschäfte gegen den Boden schlugen.
Ich hastete an ihnen vorbei in den Ratssaal.
Auf mehreren Tischen flackerten Kerzen. Papiere l a gen herum. Nur wenige Schreiber oder Pagen waren zu sehen. Von den siebzig oder achtzig Kapitänen, die sonst die Versammlungen besuchten, waren höchstens vierzig anwesend. Als ich eintrat, verließen eben wieder zwei die Halle.
Der Schreiber, der mit ernstem Gesicht hinter dem großen Tisch saß, blickte mich sorgenvoll an. Ich sah mich um.
Die Kapitäne schwiegen. Samos saß auf seinem Platz. Das kurze weiße Haar schimmerte zwischen seinen Fi n gern hindurch; er hatte den Kopf in die Hände gestützt. Zwei weitere Kapitäne standen auf und verließen die Versammlung.
Einer blieb neben Samos stehen. »Mach deine Schiffe bereit«, drängte er. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
Samos schüttelte den Kopf.
Ich nahm meinen Sitz ein. »Ich bitte ums Wort«, sagte ich zu dem Schriftgelehrten, als handele es sich um eine ganz gewöhnliche Sitzung.
Die Kapitäne blickten auf.
»Sprich«, sagte der Schreiber.
»Wie viele von euch«, wandte ich mich an die Kapit ä ne, »sind bereit, die Stadt zu verteidigen?«
Bejar, der große langhaarige Kapitän, saß
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