GOR-Zyklus 16 - Der Leibwächter von Gor
neigte sich das Schiff zum Heck. Ich glitt aus und rutschte nach achtern, ehe ich mich im Wasser fangen konnte. Durch das Leck in der Außenwand konnte ich Sterne sehen; es lag ein Stück entfernt am Ende eines steilen Hangs aus Decksplanken. Mich an der Wand festhaltend, zog ich mich auf die Öffnung zu. Ich legte die Hände um den Rand und zerrte mich hindurch. Dann glitt ich hastig ins Wasser hinaus.
Als ich mich umdrehte, verschwand die Tamira bereits unter Wasser, das Heck voran. Ich kämpfte gegen den Sog des sinkenden Schiffes. Nach einiger Zeit beruhigte sich das Wasser wieder.
»Hilfe!« brüllte eine Stimme. »Hilfe!«
Mein Herz machte einen Sprung. Ich schwamm auf die Rufe zu und erreichte zwei Männer, die im Wasser zappelten.
»Ich kann ihn nicht halten!« rief eine Stimme.
»Ich helfe dir«, sagte ich.
Ich hob die Hand und packte den Eisenkragen, der um den Hals des Mannes lag. »Hör auf zu zappeln!« befahl ich. Die Hände, die mit Eisen gefesselt und durch eine Kette mit dem Sklavenkragen verbunden waren, wirbelten im Wasser herum.
»Strample nicht, Herr!« flehte der andere.
»Könnt ihr schwimmen?« fragte ich die beiden.
»Unsere Füße sind ebenfalls angekettet!« sagte der Mann, der zuvor gesprochen hatte.
»Halt deinen Gefährten fest«, sagte ich. »Ich stütze dich.«
Dann zog ich die beiden durch das Wasser zu einem schwimmenden Holzstück. Den ersten Mann hievte ich hinaus. Der zweite mühte sich, behindert von den Ketten, allein auf das notdürftige Floß.
»Ich hatte mir nicht vorgestellt, euch so wiederzusehen«, sagte ich. »Seltsam sind die Wege des Krieges.«
»Wir sind allein im Fluß«, sagte der erste Mann, den der zweite mit ›Herr‹ angeredet hatte. »Es ist Nacht. Wir sind unter Feinden.«
»Nicht jeder ist ein Feind«, beruhigte ich ihn.
»Welche Hoffnung gibt es denn noch?«
»Du darfst hoffen«, sagte ich zuversichtlich.
Ein Boot näherte sich, im Bug eine Laterne.
»Wir sind verloren«, sagte der erste Mann.
»Jason, bist du es?« fragte eine Stimme aus dem Bug des Bootes.
»Ja.«
»Komm an Bord!« sage Callimachus. »Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir müssen aufbrechen.«
Ich half den beiden Angeketteten beim Aufstehen, damit sie an Bord der Tina gehoben werden konnten.
»Wer sind deine Freunde?« fragte Callimachus.
»Krondar, der Kampfsklave«, antwortete ich, »und Miles aus Vonda.«
10
Zum Zeichen unseres Sieges hatten wir Lola und Shirley an den Bug der Tuka und der Tina gehängt, die sich, langsam hintereinander fahrend, durch den Kanal der Festung des Policrates näherten. Die Tais, von der wir fürchteten, daß sie erkannt werden könnte, bildete die Nachhut.
»An deiner Stelle würde ich mich im Hintergrund halten«, sagte Callimachus.
Ich befolgte seinen Rat. Es wäre nicht gut gewesen, wenn man mich erkannt hätte. Unter meiner Tunika hielt ich eine Maske aus purpurnem Stoff verborgen. Ich hatte sie in Victoria angefertigt, ehe ich nach Westen fuhr, um mich der Tina vor der Kette anzuschließen. Sie glich dem Gesichtsschutz jenes maskierten Mannes, der mir in Victoria den Topas hatte abnehmen wollen. Ich war davon überzeugt, daß er der echte Kurier Ragnar Voskjards war. So hatte ich mir die Maske vorsichtshalber angefertigt; sie mochte mir unter gewissen Umständen gute Dienste leisten. Allerdings hatte ich sie noch nicht angelegt, denn ich wußte nicht, ob man damit rechnete, daß der Kurier Voskjards Flotte begleitete.
Die Ruderer der Tuka hatten ein fröhliches Lied angestimmt. Ihre Kleidung war bunt zusammengewürfelt. Sämtliche Insignien waren abgerissen worden, Ordenzeichen hatte man von Helmen entfernt, Erkennungsmerkmale von konkaven Schildflächen. Sie sangen nicht etwa ein Lied aus Ar, sondern eine Flußballade, in der Raufbolde und Piraten vorkamen.
Am Heck der Tuka sah ich Flaggen aufsteigen. Die Signale entstammten den Dokumenten, die ich Reginald abgenommen hatte.
Über den Mauern des Policrates stiegen Antwortsignale auf.
»Bleib im Hintergrund!« drängte Callimachus.
Ich trat weiter zurück und suchte mir eine Stelle, von der ich unbemerkt verfolgen konnte, wie sich die Dinge entwickelten.
Die Tuka, die unter Aemilianus' Kommando stand, verhielt vor dem mächtigen eisernen Flußtor. Die Ruderer schwiegen.
Auf dem Vorderkastell der Tuka stand Miles aus Vonda, ein Mann, der nicht aus einer Flußstadt stammte und den Bewohnern der Festung daher unbekannt sein mußte. Nach seiner Befreiung hatte er
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