GOR-Zyklus 20 - Die Spieler von Gor
vertreten. Auf einem anderen Blatt stand eine angebliche Liste von Turnierstädten, auf dem nächsten ein Namensverzeichnis von Leuten, die angeblich für ihre Kunstfertigkeit in der Herstellung von Spielbrettern und Steinen berühmt waren. Dann gab es noch numerierte Zeichnungen von Brettern.
Auf diesen Brettern standen jedesmal an anderer Stelle angeordnete Buchstaben, manchmal der Beginn eines Wortes, manchmal auch scheinbar zufällige Buchstabenanordnungen. Es waren alles Schlüssel für verschiedene Kaissa-Codes unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade.
Ich hatte die Papiere in meine Gürteltasche gestopft. Die so hastig geöffnete Kiste, die vorher so bedeutsam und unerreichbar ausgesehen hatte, war nur ein Ablenkungsmanöver gewesen. Das wahre Versteck, das alle die täuschen sollte, die eine Vorstellung vom Wert der Dokumente hatten, und das Belnars Klugheit zur Ehre gereichte, hatte einfach darin bestanden, die Codeschlüssel herumliegen zu lassen, sie zwischen ansonsten unwichtige Papiere zu stecken. So waren die Dokumente natürlich auch vor gewöhnlichen Dieben sicher, die bestimmt eher die Kiste aufgebrochen oder nach Geheimverstecken gesucht hätten. Zog man ihre leichte Zugänglichkeit und ihre scheinbare Wertlosigkeit in Betracht, hätte kein gewöhnlicher Dieb sie stehlenswert gefunden.
Allerdings hatte Belnar einen meiner Meinung nach kleinen Fehler begangen. Die Spielsteine in dem Kaissa-Zimmer und die Bretter erweckten nicht den Eindruck häufigen Gebrauchs. Das Holz war nicht vom Spiel glattpoliert, die Oberfläche der Bretter wiesen keine Abnutzungserscheinungen wie winzige Kratzer oder kleine Schleifspuren auf. Wie die meisten Goreaner war Belnar zweifellos mit dem Kaissa-Spiel vertraut gewesen. Andererseits schien er nicht oft gespielt zu haben. Und so hätte die Menge handschriftlicher Notizen und Aufzeichnungen zumindest einigen Beobachtern ziemlich ungewöhnlich erscheinen müssen.
Ich hatte die Seiten gerade eingesteckt, als ich hinter mir einen Laut hörte und mich umdrehte.
»Nein«, sagte Flaminius. »Laß das Schwert stecken.«
»Warum? Glaubst du etwa, du würdest diesen Ort lebend verlassen?«
»Natürlich«, erwiderte er, machte aber keine Anstalten, nach der Waffe zu greifen.
»Du wirst mir jetzt natürlich sagen, daß ich umstellt bin.«
»Natürlich habe ich Männer in der Nähe«, sagte er. »Einige sind in der Nähe der Ubarloge und anderen mir bekannten Ausgängen des Geheimganges postiert. Glaub nur nicht, du könntest auf diesem Weg entkommen. Weitere Männer befinden sich in einiger Entfernung auf den Brücken und vor dem Eingang zum Garten.«
»Diese Entfernung könnte ein Fehler in deinem Plan sein.« Ich legte die Hand auf den Schwertgriff.
»Das glaube ich nicht«, meinte er. »Wir wollen die Soldaten doch sicherlich nicht bei den Gesprächen dabeihaben, die wir führen wollen, oder?«
»Da hast du wohl recht«, sagte ich. »Hast du dir auch überlegt, wie du dein Leben hättest retten können, bevor ich dich erreicht habe?«
»Natürlich.«
»Ach ja?«
»Komm mit zum Eingang«, sagte er. Er drehte sich um, wandte mir den ungeschützten Rücken zu und ging voraus. Ich war neugierig geworden. »Du darfst mitkommen, Yanina«, sagte er.
»Ja, Herr.«
Ich folgte Flaminius und Yanina durch das Haus. Ich wollte beide vor mir haben. Wir gingen durch Türen und Torbogen, und ich blieb auf der Hut.
»Siehst du?« fragte Flaminius, als wir draußen auf der Treppe zum Balkongarten standen.
»Was denn?« fragte ich.
Er hob den Arm und gab den Soldaten ein Zeichen, die vor dem Gartentor auf der schmalen Brücke standen.
»Nein«, stöhnte ich auf.
Seine Männer hielten eine hochgewachsene, schlanke Gestalt bei den Armen gepackt; sie war zusammengesackt und blutete.
»Das ist doch dein Freund Petrucchio«, meinte Flaminius. »Ich bin ihm auf der Brücke begegnet. Anscheinend hat er dein Interesse für die Gemächer des Ubars vorausgesehen und ist gekommen, um die Brücke zu verteidigen und dich zu beschützen. Er hatte bloß sein riesiges, lächerliches Schwert dabei. Ich konnte ihn mühelos niederstrecken.«
»Er sollte aus der Stadt fliehen«, sagte ich.
»Er ist offensichtlich zurückgekehrt, wohl in der Hoffnung, dir helfen oder dich retten zu können«, sagte Flaminius.
Ich stöhnte. Ich konnte mir gut vorstellen, wie sich Petrucchio, der arme, tapfere Petrucchio, Boots Tarskstücks ›Kapitän‹, auf der Brücke aufbaute. Welch eine absurde,
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