Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
Vom Netzwerk:
Emanzipation die Haare wachsen. Sie taten etwas, was Ihre Mutter Ihnen in Ihrer Kindheit nicht erlaubt hatte. Ihre Mutter. Ihre Mutter.«
    »Darauf habe ich schon die ganze Zeit gewartet«, sagte ich, wobei ich den Kopf in den Nacken warf und ihm aus halb geschlossenen Augen einen hochmütigen Blick schenkte. »Bei Ihnen kann man sagen, was man will, es läuft immer auf dasselbe hinaus. Fällt Ihnen denn überhaupt nichts anderes ein? Müssen Sie ständig wieder mit meiner Mutter anfangen?«
    Wieder ignorierte er meinen beleidigenden Ton.
    »Mein armes Kind«, sagte er, »mir fällt durchaus etwas anderes ein, aber ich kann noch nicht riskieren, es zu sagen. Ich muss Sie bei Laune halten.«
    »Und das gelingt Ihnen wirklich ganz ausgezeichnet!«, sagte ich böse.
    »Dann sind Sie also nicht gut gelaunt?«, fragte er mit einem freudigen Lächeln.
    »Nein, bin ich nicht!«, sagte ich, durch sein Vergnügen noch mehr verärgert.
    Er stand von seinem Stuhl auf und setzte sich zu mir auf das Sofa. »Kommen Sie her, mein armes Kind«, sagte er und hob mich auf seine Knie; aber er nahm mich nicht in die Arme. Er schloss lediglich die Hände um meine Hüften, um mich im Gleichgewicht zu halten. Er sagte: »Sie sind mein kleines Mädchen. Sie sind mein liebes kleines Mädchen.«
    »Sie machen sich lächerlich«, sagte ich, gegen das Gefühl des Wohlbehagens ankämpfend, das in mir unwillkürlich aufwallte.
    Er sagte: »Ich habe mir schon immer ein kleines Mädchen wie Sie gewünscht, und jetzt habe ich Sie.«
    Ich legte den Kopf an seine Brust und schloss die Augen.
    »Sie sind mein kleines Mädchen«, wiederholte er. Mich erfüllten ein wunderbarer Frieden und eine tiefe Dankbarkeit. Ich hob den Kopf und sah ihn an. Seine Augen fixierten mich mit einem Ausdruck berechnender Aufmerksamkeit.
    »Sind Sie jetzt getröstet?«, fragte er.
    »Ich brauche gar keinen Trost«, sagte ich und schmiegte mein Gesicht an seine Schulter, um seinem Blick zu entrinnen. Ich schämte mich. Ich wollte nicht, dass er sah, wie gut es ihm gelungen war.
    »Nein, nein, natürlich nicht«, sagte er beschwichtigend.
    »Und ich bin kein kleines Mädchen«, sagte ich.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte er.
    »Und ich bin erwachsen«, sagte ich und schmiegte mich enger an ihn.
    »Natürlich sind Sie erwachsen«, sagte er. »Ich spüre genau, wie erwachsen Sie sind, und wenn Sie nicht so viel anhätten, könnte ich es noch besser spüren. Jetzt gehen Sie lu-lu machen, und dann gehen wir aus.« Und er streckte die Beine abrupt aus, so dass ich von seinen Knien hinunterrutschte.
    »Ja«, sagte ich und ging ins Badezimmer.
    Es war wieder ein warmer, sonniger Tag, und er ging mit mir im Regent’s Park spazieren.
    Er erzählte mir vom Leben in einem Krankenhaus in Nordafrika während des Krieges und davon, welch ein verzweifelter Frauenmangel geherrscht hatte. »Ich betrachtete mich als einen Glückspilz«, sagte er, »dass ich überhaupt eine Krankenschwester aufgetrieben hatte. Als einen richtigen Glückspilz. Und dann kam sie nach dem Krieg hierher und wollte sich mit mir treffen, und ich musste sie ausführen. In meiner Verzweiflung ging ich mit ihr im Park spazieren. Genauso, wie ich es jetzt mit Ihnen mache«, und er sah mich an.
    »Schon verstanden; Sie brauchen nicht auch noch Salz in die Wunde zu reiben!«, sagte ich lachend.
    »Und der Spaziergang als solcher hätte mir gar nicht so viel ausgemacht«, fuhr er lächelnd fort, »aber ich musste mir ihr Gerede anhören. Es war peinlich. Sie sagte Dinge wie: ›Nun schauen Sie sich das Hündchen da drüben an!‹ Einfach eine hirnlose Frau.«
    »Aber wo liegt da der Unterschied, wenn sie ›Schauen Sie sich das Hündchen an‹ sagt? Das ist doch genauso interessant wie mein langes Haar. Es ist beides Blödsinn. Und hat keinerlei Bedeutung.« Und ich dachte, dass mich das mit meinem langen Haar nicht so sehr gestört hätte, wenn er wenigstens gesagt hätte, dass es schön war. Selbst der hochgradig schwachsinnige Major Carter hätte mittlerweile eine Bemerkung darüber fallen lassen. Aber nicht er. Gott bewahre!
    Ich sagte: »Sie hätten beispielsweise anfangen können, sie wegen des kleinen Hündchens zu löchern. Warum es ihr so gefiel. Das hätte Ihnen doch Gelegenheit zu einer Ihrer gemeinen Unterhaltungen gegeben.«
    »Sie mögen meine Fragen nicht, wie?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«, fragte er.
    »Weil Sie bohren und bohren und es unangenehm ist.«
    »Sie ahnen gar nicht, was für eine Freude Sie

Weitere Kostenlose Bücher