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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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mich auf den Flurfußboden und nahm mich ohne weitere Umschweife.
    Eines Abends, als ich wegen seiner unangenehmen Fragen in Bezug auf »meine langen Haare« besonders eingeschnappt war, sagte er endlich mit seinem typischen, grauenvoll fröhlichen Krokodilsgrinsen: »Schön, schön, jetzt lasse ich Sie in Ruhe. Wir gehen aus und saufen uns dumm und dämlich.«
    Ich wartete schon im Flur, als er mich zurückrief. »Kommen Sie her, mein armes Kind. Und ziehen Sie Ihre Handschuhe aus. Mir ist gerade etwas eingefallen.«
    Ich kehrte ins Zimmer zurück.
    Er forderte mich auf, mich zu setzen und ihm meine Hände zu zeigen.
    »Wissen Sie, gestern Abend war ich bei Dr. Crombie zum Essen«, sagte er, »und als das Dienstmädchen mit den Tellern hereinkam, habe ich auf ihre Hände gesehen, und sie waren von Krätze entstellt.«
    »Was hat das mit mir zu tun?«, fragte ich. »Das ist ja wohl Dr. Crombies Problem.«
    Mittlerweile war mir Dr. Crombie ein Begriff. Er war ein Kollege Gordons, ein Psychiater derselben Schule wie Gordon, er war Schotte wie Gordon, und er stammte aus einem Dorf in der Nähe von Glasgow, das nur fünf Meilen von Gordons Geburtsort entfernt war. Crombie war Gordons Schutzengel, Freund und Gönner. Er war etwas älter als Gordon, hatte zahlreiche Ämter inne und versorgte ihn mit Mahlzeiten, Patienten und Gutachteraufträgen. Als ich einmal im Hinblick darauf bemerkt hatte: »Crombie muss ja große Stücke auf Sie halten, mirabile dictul«, hatte Gordon gesagt: »Reden Sie keinen Unsinn. Das hat gar nichts damit zu tun. Es ist nur, weil wir fast aus dem selben Dorf stammen.«
    Mit der völlig überflüssigen Anekdote um Crombies Dienstmädchen und ihr Leiden konfrontiert und begierig auf die versprochenen Drinks, fügte ich jetzt hinzu: »Außerdem finde ich, dass er sich unheimlich glücklich schätzen kann, ein Dienstmädchen mit der Krätze zu haben. Viel besser als keines ohne. Jetzt gehen wir, ja?« Und ich stand auf.
    »Nicht so schnell«, sagte Gordon. »Was ist das, was Sie da an der Hand haben?«
    »Das ist ein Kratzer«, sagte ich, »und ich habe keine Krätze, falls Sie das meinen sollten!«
    »Das erzählen einem die Leute immer«, sagte Gordon, »und was, wenn es doch welche ist?« Und in eine nörglerisch-weinerliche Cockney-Stimme verfallend, fügte er hinzu: »Und was, wenn ich sie mir von Ihnen hole und ins Krankenhaus muss, und dann fragen die mich, wo ich die herhabe, und ich müsste dann sagen, dass ich mit einer Dame intim gewesen bin, und mich ganz scheußlich schämen? Sie nehmen überhaupt keine Rücksicht auf mich, Sie würden mich, ohne zu fackeln, verraten, so seid ihr alle, ihr Weiber, eine wie die andere, und nichts für einen anständigen Christenmenschen!«
    Ich lachte, und er sagte: »Setzen Sie sich, und ich hole mein Vergrößerungsglas.«
    Ich setzte mich auf das Sofa, er stand auf, warf mich um und war auch schon in mir drin.
    Manchmal tat er mir weh und manchmal nicht, und ich konnte nie erkennen, ob er mir absichtlich wehtat oder nur versehentlich.
    Bisweilen machte mich die Demütigung, mich fügen zu müssen, so trotzig, dass ich die Zähne zusammenbiss und keinen Ton von mir gab. Manchmal konnte ich mich nicht beherrschen und stöhnte und wimmerte, und manchmal geriet ich in helle Wut und schrie: »Nein, nein, ich halte das nicht aus! Aufhören!«
    Es kam zwar vor, dass er meine Proteste und Schreie einfach ignorierte, doch gab es auch Gelegenheiten, zu denen er sagte: »Ah, das ist gut! Das ist so gut! Oh, ich weiß schon, wann es mir gut geht!« Und er verlangsamte sein Tempo und schob sich mit einer bedächtigen, langsamen, gierigen Entschlossenheit – so wie man Kaviar immer nur löffelspitzenweise isst, damit man länger etwas davon hat – noch tiefer in mich hinein, bis ich in einen Zustand der Finsternis, der Auflösung, der Selbstaufgabe versank, in dem ich ihm so vollkommen ausgeliefert war, dass ich nur noch existierte, um ihn zu empfangen, und wäre er nicht in mir gewesen, ich zu nichts hätte zergehen können.
    Meine Großmutter pflegte zu sagen: »Es gibt Menschen, die muss man zu ihrem Glück zwingen«; und jedes Mal, wenn er mich gegen meinen Willen in seine Gewalt brachte und mich zwang, den Schmerz, den er mir zufügte, ohne Gegenwehr und Widerstand anzunehmen, machte er mich wütend und beschämt.
    Und doch, ungeachtet all dieser sonstigen Emotionen erfüllte er mich mit einer tiefen, außerordentlichen Seligkeit und Befriedigung, die ich

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