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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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stämmigen Beinen und schweren Schenkeln, dunklen Haaren, einem Mondgesicht und einer groben, großporigen Haut.
    Die Schwester mit dem Ehering war ein eher heller Typ, von schmalem Gesicht und Körperbau, hatte scharfe, lange Gesichtszüge und einen überständigen Unterkiefer. Sie hat te glänzende vorstehende Augen.
    Die Einzige, an deren Porträt ich mich nie versuchte, war Gordons Ehefrau. Gordon hatte nicht den geringsten Zweifel daran gelassen, dass die Sache für ihn aus und vorbei sei. Dennoch war mir der Gedanke an sie vollkommen unerträglich, denn sie repräsentierte für mich die Macht schierer besinnungsloser, unerklärlicher erotischer Anziehungskraft, und deswegen hielt ich ihre gesichtslose Gestalt im Eifersuchts-Abteil meines Herzens eingeschlossen. Dieses Abteil stellte ich mir gern als einen absurden, verrückten Raum vor, achteckig, viktorianisch-neugotisch, ohne Türen und Fenster, mit Spiegelwänden, die die darin gefangene Person nicht nur vervielfältigten, sondern auch vergrößerten und verherrlichten; und passenderweise von der muffigen, staubig-feuchten und modrigen Luft erfüllt, die für solche Orte kennzeichnend ist. Ich wusste, dass es unvernünftig von mir war, so eifersüchtig auf sie zu sein, aber das tat meinen Empfindungen keinen Abbruch. Damals begann ich, Pascals berühmten Ausspruch zu verstehen: »Le coeur a ses raisons que la raison ne connaît point.« Bis dahin hatten mich meine Emotionen nie verwundert, und sie waren mir immer vernünftig erschienen.
    Ich hatte gehofft, Gordon hätte mein Versprechen, ihm den Traum zu erzählen, vielleicht vergessen, aber als er mich, kaum dass ich angekommen war, zum Sofa winkte und sagte: »Lassen Sie hören«, gab ich nicht vor, nicht zu wissen, wovon er redete. Ich ging nur so weit zu sagen: »Er ist ganz kurz. Und eigentlich belanglos«, und er sagte: »Wir werden sehen.«
    Ich sagte: »Ich war in der Lounge des Belgrave Park Hotel. Ich war da, und da war ein Mann, den ich kenne.
    Aber er sah mich nicht. Er war in Begleitung einer Frau, die ihm aufs Haar glich, aber nicht wie ein als Frau verkleideter Mann … Ich meine, sie hätte seine Schwester sein können. Er sieht außerordentlich gut aus und ist äußerst gepflegt und elegant, und er sah so aus wie immer. Aber sie, diese Schwester, war furchtbar altjüngferlich und ohne jeden Schick und genauso lang und dünn und eckig wie er – schlimm für eine Frau. Und sie tat einem in der Seele Leid, denn sie hatte sichtlich ihr Bestes getan, um sich hübsch zu machen; sie trug sogar einen Hut mit Schleier. Einem kurzen Schleier, sehr elegant, der an ihr aber einfach kläglich aussah. Die ganze Zeit über dachte ich: ›Wenn er mich bloß nicht sieht und wütend auf mich wird, dass ich ihm nachspioniere und versuche, seinen Geheimnissen auf die Spur zu kommen!‹ Aber trotzdem blieb ich da in meiner Ecke sitzen und beobachtete ihn, wie er sich mit dieser Frau unterhielt. Plötzlich hob er die Augen und sah mich. Ich war vor Schreck wie gelähmt … Das war’s. Sie sehen ja selbst, nicht gerade weltbewegend.«
    Gordon hatte mir gegenüber gesessen, das Kinn in die Hand gestützt und den Blick ins Leere gerichtet. Er schwieg eine Zeit lang und sagte dann, ohne seine Haltung zu verändern: »Dieser Mann. Sie sagen, es ist jemand, den Sie kennen. Wie lange kennen Sie ihn schon?«
    »Seit vier Jahren«, sagte ich, »aber nicht besonders gut. Ich meine, ich habe ihn kennen gelernt, und dann habe ich ihn drei Jahre lang nicht gesehen, und die ganze Zeit über war ich mir nicht sicher, wer er war und ob er wirklich das war, was er mir erzählt hatte. Ich meine, als ich ihn kennen lernte, hatte er mir gesagt, wie er hieß, aber die ganze Zeit danach dachte ich, das sei vielleicht gar nicht sein richtiger Name. Dann habe ich erfahren, dass er tatsächlich so hieß.«
    Gordon sagte: »Sie sagen, es ist ein Mann, den Sie kennen. Das ist eine höfliche Umschreibung, nicht wahr? In Wirklichkeit sind Sie emotional sehr stark engagiert.«
    Ich dachte: Warum muss er immer so hässliche Wörter verwenden? Engagiert. Romeo engagierte sich bei Julia. ›All dies ist wunderbar – ich wunderbarer noch, dess’ Herz vor Angst gefriert, vor Engagement kocht.‹
    »Ja«, sagte ich, »ich bin – er ist – die Liebe meines Lebens.«
    »So, so«, sagte Gordon. Nach einer kurzen Pause fragte er: »Wie alt ist er?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Als ich ihn kennen lernte, während des Krieges, sah er wie ein

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