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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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dass es »nicht ginge«, ohne jedoch zu wissen, warum nicht.
    Gordon bemerkte: »Wenn Sie erst tot sind, stört Sie eine Sepsis auch nicht mehr. Und was dräut mir? Ich kann’s kaum erwarten.«
    »Das ist nicht zum Lachen«, sagte ich. »Ein Mädchen hat mir mal gesagt, dass ein Mann, wenn er es mit einer Frau in diesem Zustand macht, eine furchtbare Entzündung bekommt.«
    »Ich bin dagegen unempfindlich«, entgegnete er, »Sie haben mit Ihren Mythen und Sagen also kein Glück, mein armes Kind. Wenn sie wenigstens originell wären …«
    Als ich mich auf das Bett legte, war ich noch immer besorgt und argwöhnisch. Er kam zu mir herüber, blieb stehen, erschauderte, stöhnte und schlug sich die Hände vor das Gesicht. »Ich fühle mich Ihretwegen so schuldig«, sagte er, »Sie machen sich gar keine Vorstellung davon!« Er beobachtete mich, wie ich lachte. Dann sagte er: »Ich werde Ihnen etwas Neues beibringen. Wissen Sie, was die Gorgo Medusa ist?«
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Aber wissen Sie auch, was sie bedeutet?«, fragte er. »Das grauenerregende, von Schlangenknäulen umgebene Gesicht? Ein Blick darauf, und man versteinert?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nehmen Sie die Beine auseinander«, sagte er, und als ich es getan hatte, fügte er hinzu: »Es ist das. Was Sie mir jetzt zeigen.«
    »Sie meinen -?«
    »Ja«, sagte er. »Kein Auge darf es je erblicken. Und jetzt haben Sie mich gezwungen, es anzusehen. Ach, wie konnten Sie nur so grausam sein!« Und er erschauderte wieder theatralisch. Ich lachte, bis er mich nahm.
    Aber obwohl er mir in wenigen Minuten meinen fest verwurzelten Glauben an die Heiligkeit der Monatsblutung ausgetrieben hatte, gelang es ihm nie, meine Gefühle gegenüber dem Gesicht der Medusa zu überwinden. Beispielsweise stemmte er sich oft, während er mich besaß, weit von mir ab und beobachtete sich dabei, wie er mich gebrauchte, und dies erweckte in mir regelmäßig das Gefühl, dass er gegen ein Gesetz verstieß.
    Wie ich schon gesagt habe, schlief ich bei Gordon immer »schnell«, versunken in einer ununterbrochenen, tiefen Finsternis, ohne die gewohnten halb träumerischen, halb wachen Intervalle, die einem durch dieses Auftauchen und abermalige Versinken in den Tiefen erst bewusst machen, dass man schläft.
    Einmal allerdings kam ich während der Nacht zu mir, ohne recht zu wissen, ob ich schlief oder wach war. Die Nachttischlampe brannte. Ich stellte fest, dass ich völlig aufgedeckt auf dem Rücken lag, und ich sah Gordon, über meine gespreizten Schenkel gebeugt, am Fußende des Bettes knien. Soweit ich sehen konnte, trug seine Miene den Ausdruck äußerster Konzentration, und ich spürte, wie seine Hand meine Lippen auseinander faltete und umwandte, als blätterte er, auf der Suche nach einem wichtigen Zitat, die Seiten eines Buches durch.
    »Was in aller Welt tun Sie da?«, fragte ich.
    »Nicht bewegen«, sagte er. »Ich sehe Sie an. Ich möchte sehen, ob Sie in sexueller Hinsicht hübsch sind. Sie sind es. Sie sind die einzige Frau, die mir je untergekommen ist, die tatsächlich sexuell hübsch ist.«
    Ich glühte vor Scham, und gleichzeitig war ich froh, dass er imstande war, mich derart zu beschämen.
    »Hören Sie auf, das ist ja lächerlich!«, rief ich aus.
    »Seien Sie still«, sagte er und fuhr fort, mich ernst und konzentriert durchzublättern.
    Noch nie hatte jemand diesen Körperteil von mir angesehen, und es war mir nie in den Sinn gekommen, er könnte »hübsch« sein; ich wusste nicht einmal, wie er aussah.
    »Das gehört sich nicht! Lassen Sie mich in Frieden!«, schrie ich und versuchte mich herumzudrehen.
    Er legte mir die Hände um die Hüften und hielt mich fest.
    »Schlafen Sie wieder ein«, sagte er.
    »Ich kann nicht auf dem Rücken schlafen«, sagte ich.
    »Natürlich können Sie«, erwiderte er, ohne den Kopf zu heben. »Sie sind so müde, mein armes Kind, dass Ihnen schon die Augen zufallen. Sie sind so furchtbar müde, dass Sie einfach in Schlaf versinken, immer tiefer und tiefer und tiefer.«
    Ich kann mich nicht erinnern, ob ich noch weiter protestierte, und ebenso wenig, ob ich tatsächlich so auf dem Rücken liegend einschlief. Das Nächste, was ich weiß, ist, dass ich im hellen Tageslicht aufwachte und ihn, wie gewöhnlich, vollständig angezogen und tadellos zurechtgemacht auf meiner Bettkante sitzen und mich beobachten sah.
    Dieses Erlebnis hinterließ in mir die absurde Überzeugung, dass er fortfuhr, mich von Zeit zu Zeit ohne mein Wissen

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