Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)
schwache Licht der Morgendämmerung hatte gleiten lassen, bewirkte nun, dass sie jetzt wieder in der Erde verschwanden. Jedoch nicht ohne Albert Shoemaker , der nicht aufhören wollte zu kreischen, bis sein Mund von schwarzer, mit vereinzelten Würmern durchsetzter Erde überquoll. Shoemaker wurde von den Wurzeln buchstäblich durch die Erde gedrückt, wie man einen Apfel durch eine Apfelreibe hindurch immer kleiner werden lässt, bis er verschwunden ist.
In diesem Fall war es die steinige Erde, die nichts mehr von dem massigen Mann übrig ließ.
Das Brechen der Knochen verursachte Missklänge, die das frühmorgendliche Konzert der Singvögel entschieden störten, doch nach kurzer Zeit gehörte der Morgen wieder allein den Vogelstimmen.
Zuletzt sah ich Shoemakers tote rechte Hand mit dem hochkarätig goldenen Ehering am Ringfinger mir zum Abschied zuwinken.
Dann verschwand sie in der Erde, und von „Big A“ war nichts mehr zu sehen.
Damit endete der Traum. Ich wurde wie üblich von dem Vogelgezwitscher geweckt, das mich in die Gegenwart zurückholte.
Da Shoemaker nie mehr auftauchte, wurden die Pläne, welche die Pferdekoppel und den Apfelbaum betrafen, auch nie mehr in die Tat umgesetzt. Während die Welt darüber rätselte, was ihm wohl zugestoßen war, lag der Mann die ganzen Jahre direkt vor Vanessa Browns Nase.
Heute weiß ich, dass sie es gewusst hatte. Alles ergibt nun einen Sinn. Ihr damaliger Umzug in die kleine Hütte, um den Baum besser bewachen zu können.
Ihre Ermahnung an mich, keinen Apfel zu essen.
Hatte sie einen der Äpfel gegessen und auf diese Weise die Geschichte erfahren? So, wie ich sie erfahren habe?
Es muss so gewesen sein. Vielleicht wissen es auch noch weitere Menschen, die aber darüber schweigen.
Wie ich es bis heute getan habe.
Vanessa Brown hinterließ keine Erben.
Ihr Vermögen hatte sie, wie man erfuhr, schon zu Lebzeiten auf zwei nahegelegene Waisenhäuser verteilt, und das Land ging nun endlich in den Besitz der Stadt über.
Am Vormittag des 30. August wurde sie beerdigt.
Zur gleichen Zeit rollten die von der Stadt entsandten Bagger und Planierraupen an und rissen die Hütte am Feldweg ab.
Ähnliches geschah mit dem Apfelbaum, der, wie ich als unbeteiligter Spaziergänger an jenem Tag traurig mitverfolgen musste, mit einer Motorsäge innerhalb weniger Minuten gekappt, in handliche Teile zersägt und auf einen Lastwagen geworfen wurde.
Von Shoemaker wurde nichts gefunden, was auf seinen Verbleib hingedeutet hätte. Dafür waren seine Knochen von den Wurzeln damals zu oft gebrochen worden, als er durch die Erde gedrückt worden war.
Mittlerweile ist dort mit dem Bau eines Supermarktes begonnen worden, dessen Eröffnung schon am Ende dieses Jahres gefeiert werden soll.
Was mich betrifft, so habe ich seit einem Jahr nicht mehr vom Feldweg geträumt, und ich glaube auch nicht, dass ich es noch einmal tun werde. Die Geschichte ist nun erzählt, es ist vorbei.
Aber vor meinem Haus, in dem kleinen Gartenstück, da wächst dank meiner Pflege ein kleines Pflänzchen heran, und mit jedem Tag, den ich mich als alter Mann noch des Lebens erfreuen darf (natürlich nur mit Joshs guten Zigarren), freue ich mich ebenso über sein Gedeihen.
E N D E
zum Inhalt
8
Die Sondervorstellung
* Die Stadt, über die nun berichtet wird, existiert heute nicht mehr.
„Einmal Raucherloge, bitte!“
Der Mann war um die Fünfzig, mittelgroß und hager. Er trug einen kleinen Handkoffer, was Tom vermuten ließ, dass der Fremde sich auf der Durchreise befand. Wahrscheinlich hatte sein Zug zwei bis drei Stunden Aufenthalt, bevor er weiß der Henker wohin weiterfuhr.
Irgendwie glaubte er, dieses Gesicht schon einmal gesehen zu haben, aber er konnte sich auch irren.
Tom Fuller händigte dem Mann das gewünschte Billett aus und nahm die sechs Dollar entgegen.
Fuller 's Kino konnte leider nicht mehr die Besucherzahlen früherer Tage aufweisen, und ein Gast in der Raucherloge war ungefähr so selten wie Schnee im Sommer.
Erst vor knapp zwei Jahren hatte Tom sich für diese bauliche Veränderung entschieden, denn die Teenager, die den größten Teil seines kontinuierlich schrumpfenden Stammpublikums bildeten, rauchten ausnahmslos wie die Schlote. Wenn man sie vor die Wahl stellte, entweder zwei Stunden auf ihre Glimmstängel zu verzichten, oder anstatt des Kinos Francesco Salinis Eisdiele, in der kein Rauchverbot herrschte, mit ihrem Besuch zu beglücken, dann gewannen garantiert die
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