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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Irgendwie erschien ihm dieses Versprechen wie ein Verrat an allem, woran er glaubte und was er bisher für wahr gehalten hatte. Einfach so davonzulaufen – das war nicht die Art, wie sich ein angehender Schwertmeister zu verhalten hatte.
    Andererseits – wen gab es außer Thondaril, dessen Wort er hätte vertrauen können?
    »Ich verspreche es«, behauptete er, aber da war eine innere Stimme, die sofort heftig widersprach. Was er wirklich tun würde, falls eintrat, wofür Meister Thondaril seine Anweisungen gab, wusste Gorian nicht.
    Er steckte den Brief ein. Flüchtig bemerkte er, dass magische Zeichen in den Siegelwachs hineingedrückt waren.
    »Wenn dieser Gargoyle dich noch einmal heimsucht, dann jag ihn fort, Gorian«, ermahnte ihn Thondaril. »In Segantia warst du vielleicht noch nicht stark genug, das selbst zu tun, aber inzwischen bist du es.«
     
    Am nächsten Tag ging Meister Thondaril in der vollen Bewaffnung und mitsamt seinem Streitross an Bord eines Schiffes, das ihn über die Mittlinger See nach Ameer bringen sollte. Mit ihm fuhren noch Dutzende weitere Ordensmeister aus allen Häusern außer dem der Schattenmeister, denn die waren bereits auf anderen, ganz speziellen und nur für sie allein begehbaren Wegen in den Norden gelangt.
    Mit vielen anderen Schülern und ganz wenigen zumeist schon sehr alten Meistern, die zurückblieben, standen Gorian, Sheera und Torbas am Hafen und blickten dem auslaufenden Schiff nach. Der Wind stand sehr ungünstig, sodass schon bei der Ausfahrt aus dem Hafenbecken aufwändig gekreuzt werden musste. Zudem war es so kalt, dass selbst mehrere übereinandergezogene Schichten an Kleidung kaum gegen den schneidenden Wind schützten.
    Abgesehen von den Schülern und einer Handvoll Meister befanden sich noch die nichtmagisch begabten Männer der Wachmannschaft auf der Ordensburg. Sie standen auf den zahlreichen Wehrgängen, wo sich auch die großen Katapulte befanden, mit denen die Ordensburg auf ganz konventionelle Weise verteidigt werden konnte.
    »Ich hoffe, dass sie es schaffen, das Unheil aufzuhalten«, hörte Gorian Sheera sagen, als das Schiff gerade das Tor des Hafenbeckens passierte.

19
     
    Schlachtenlärm
     
    In den nächsten Tagen begann es heftig zu schneien, und es wurde so kalt, dass bereits einige gontländische Bäche, die einem der beiden Seitenarme des Gont zuflossen, mit Eis überzogen waren.
    Magiemeister Damaraan, der bereits ungeheuer alt war, hatte die letzten Jahre in selbstgewählter Isolation in einer Zelle im Westturm verbracht. Selbst manch anderer Meister der Ordensburg war sich schon nicht mehr sicher, ob er überhaupt noch am Leben war. Doch nun wurde er von Meister Rhaawaan reaktiviert und erhielt die Aufgabe, mit jungen Schülern des Magie-Hauses – darunter auch Gorian – die Bannsteine zu prüfen, die die Burg schützen sollten, falls Morygors Heere bis hierher durchbrechen sollten.
    Der uralte Meister konnte weder sprechen noch gehen. Darum hockte er in einer schwebenden Sänfte und übermittelte seine Anweisungen nur durch knappe Gedanken. Die Heilerin Hebestis musste ständig in seiner Nähe sein und ihn durch Anwendung ihrer Heilkräfte stärken, damit der Eiswind nicht den letzten Lebensfunken aus seinem Körper blies.
    Draußen, auf der fast zwanzig Schritt breiten Mauer, die den Ordenshafen begrenzte, war es besonders kalt und stürmisch. Aber Meister Damaraan ließ sich nichts anmerken. Die Bannsteine waren oft ohne Weiteres gar nicht auszumachen. Erst durch das Murmeln einer Formel öffnete sich der Blick, und sie wurden sichtbar.
    Damaraans Augen waren die ganze Zeit über vollkommen schwarz, was anzeigte, dass er seine Kräfte sehr konzentrieren musste, um diese Aufgabe zu vollbringen. Gorian hatte allerdings auch den Eindruck, dass der Magiemeister ihn beobachtete, dass der Blick der ausdruckslosen Augen immer wieder auf ihm ruhte, dem jungen Fünfhaus-Schüler, wie er inzwischen von manchen mit einer Mischung aus Skepsis und Bewunderung genannt wurde.
    Als die Bannsteine überprüft und alle in den inneren Burghof zurückgekehrt waren, schickte Meister Damaraan die anderen fort, auch Heilerin Hebestis, was diese sehr irritierte. Dann waren Gorian und er allein – wirklich allein, denn Meister Damaraan webte eine Aura um sie beide, die sie vollkommen abschirmte. Das Rauschen des Meeres, sonst ewige Hintergrundmusik auf der Ordensburg, verstummte ebenso wie das Heulen des eisigen Windes und das Klappern der Taue und Haken an

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