Gorian 2
Erkenntnisse, die aus dem Reich des Geistes zusammen mit dem großen Gedankenstrom in seine Seele gespült worden waren.
Aber in diesem Fall war es nicht die Wärme, die töten
sollte, sondern die Kälte, erkannte Gorian. Und da die Caladran gegen Kälte recht unempfindlich waren, war jeder Zweifel daran beseitigt, wem dieser Angriff in erster Linie galt.
Es wurde innerhalb von Augenblicken so eisig, wie Gorian es nicht einmal in den Tiefen des Frostreichs erlebt hatte, als er den Kampf am Speerstein von Orxanor hatte bestehen müssen. Diese Kälte war zweifellos magischen Ursprungs, die Kehlen tausender Eiskrähen hauchten sie aus, und sie ließ innerhalb weniger Augenblicke eine Eisschicht entstehen, die sich über den magischen Schirm legte und sich sehr schnell ausbreitete.
Der Maskierte nahm sein Schwert, ließ dessen Klinge zu einer Flamme werden und richtete diese empor.
»Nein!«, rief Orawéen und sandte dabei einen Gedanken aus, der von tiefstem Entsetzen geprägt war.
Aber der Maskierte hatte bereits gehandelt und ließ den Flammenstrahl seines Schwertes nach oben schießen. Dieser traf auf den schon zu zwei Dritteln vereisten Schirm, der daraufhin von einem magischen, grünlich und bläulich schimmernden Feuer erfasst wurde. Zischend schmolz das Eis und regnete herab, und die Eiskrähen, die noch gegen den Schirm drängten, verglühten zu Asche.
Wie ein Blitz erfasste das magische Feuer den gesamten Bereich um die Hoffnung des Himmels , die nun von einer ovalen Flammenhülle umgeben wurde. Sie war so hell, dass sie jeden an Bord blendete, aber keinerlei Wärme oder gar Hitze ging von ihr aus; dieses Feuer war so kalt wie das Eis, das die Hoffnung des Himmels gerade noch wie die Schale eines riesigen Eises umgeben hatte.
Der eisige Nordwind fegte über das Deck des Schiffs, trieb allen an Bord Schnee ins Gesicht und machte klar, dass
es keinen magischen Schutz mehr gab, weder vor dem Wetter noch vor anderen Gewalten, die dem Frostreich dienten.
Von den Eiskrähen waren einige wenige entkommen – Kundschafter Morygors, über deren Augen er mit Sicherheit erfahren würde, was sich in der Meeresenge zwischen Caladranien und der Insel Pela zugetragen hatte.
»Ihr habt den magischen Schirm zerstört«, sagte Orawéen anklagend zu dem Maskierten. »Der Zauber, der ihn neu erschafft, wirkt nicht so schnell.« Während sie sprach, zerzauste der Wind ihr Haar und zerrte an ihrem dünnen Gewand.
»So werden wir den Rest der Reise ohne diesen Schutz auskommen müssen«, erklärte der Maskierte ungerührt, während sich die Flammenklinge in Stahl zurückverwandelte. »Ihr werdet Euch wohl oder übel auf meinen Schutz verlassen müssen, bis wir den Stadtbaum von Pela erreicht haben.«
Ar-Don tauchte aus dem Grau des Schneegestöbers auf und stieß einen durchdringenden fauchenden Laut aus, der sogar das Tosen des Windes übertönte. Er hielt mit seinen Krallen ein schiffsgroßes Fledertier mit weißem Fell und drei walrossähnlichen Zähnen umklammert, einen Dreizahnigen. Der Legende nach gab es sieben von ihnen, und sie gehörten zu den legendären Frostgöttern, die einst in der Schlacht am Weltentor vertrieben und von Morygor zurück nach Erdenrund geholt worden waren.
Der Dreizahnige war um einiges größer als Ar-Dons Mischgestalt aus Gargoyle und Greif, dennoch war es Ar-Don offenbar gelungen, einen bevorstehenden Angriff des Frostgottes abzuwehren. Sein Blut spritzte fontänengleich aus den geöffneten Adern. Ar-Don hatte gleich ein halbes
Dutzend steinerner Dornen ausgebildet und sie in den Leib des riesenhaften Ungeheuers gerammt.
»Ar-Don gesiegt … Ar-Don sammelt … Substanz … für langen Weg zum Ursprung.«
Dieser rätselhafte Gedanke seines zwielichtigen Gefährten erreichte Gorian, während sich der Körper des dreizahnigen Frostgottes bereits umzuwandeln begann und ein Teil Ar-Dons wurde. Der sank tiefer, flatterte wild mit den Flügeln, hatte offenbar Schwierigkeiten, die zusätzliche Masse zu bewältigen. Doch nach und nach verwandelte sich der Körper des getöteten Frostgottes, und der Kadaver des Dreizahnigen wurde zu einem Teil von Ar-Dons steinernem Leib.
Die meisten Besatzungsmitglieder und Passagiere der Hoffnung des Himmels gingen unter Deck, um nicht ungeschützt der stürmischen Witterung ausgesetzt zu sein. Zu den wenigen, die im Freien blieben, gehörten neben dem Steuermann Lendaris und dem Maskierten auch Gorian und Torbas.
Ar-Don hatte unterdessen eine leuchtend
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