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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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interessieren Sie bestimmt nicht; darüber sind Sie längst hinaus. Wofür wollen Sie sterben? Für jemand anders?
    Irina Asanowa?«
    Der Amerikaner zeigte auf seine linke Manteltasche, griff langsam hinein und zog das rotweißgrüne Kopftuch mit den Ostereiern heraus, das Arkadi Irina gekauft hatte. »Das Leben ist immer komplizierter und zugleich einfacher, als wir wahrhaben wollen«, sagte er. »Auch diesmal - das sehe ich Ihnen an.«
    »Wie kommen Sie zu diesem Tuch?«
    »Ich schlage Ihnen einen einfachen Tausch vor, Chefinspektor: Ich gegen sie. Ich verrate Ihnen, wo sie ist, und Sie haben eigentlich keine Zeit, lange darüber nachzurätseln, ob ich etwa lüge, denn sie wird nicht mehr lange dort sein. Ja oder nein?«
    Osborne legte das Kopftuch aufs Autodach. Arkadi griff mit der freien Hand danach und hob es an die Nase. Es roch zart nach Irina.
    »Wir haben beide etwas, für das wir alles andere opfern würden«, fuhr Osborne fort. »Sie sind bereit, Ihr Leben, Ihre Karriere und Ihren Verstand für diese Frau wegzuwerfen. Ich bin bereit, meine Komplizen zu verraten, um mein Flugzeug zu erreichen. Uns brennt beiden die Zeit auf den Nägeln.«
    Die Limousinen stauten sich. Ein KGB-Agent rief Osborne zu, er solle endlich einsteigen und abfahren.
    »Ja oder nein?« fragte der Amerikaner.
    Die Entscheidung hatte von Anfang an festgestanden. Arkadi stopfte sich das Kopftuch in die Uniformjacke. »Sagen Sie mir, wo sie ist«, forderte er Osborne auf. »Wenn ich Ihnen glaube, sind Sie frei. Wenn nicht, erschieße ich Sie.«
    »Einverstanden. Sie ist auf dem Universitätsgelände - im Park beim Brunnenbecken.«
    »Noch mal!« Arkadi beugte sich vor und presste den Daumen fester auf den Abzug.
    »Auf dem Universitätsgelände in der Nähe des Brunnenbeckens.«
    Diesmal spannte Osborne unwillkürlich die Muskeln an, als erwarte er eine Kugel. Gleichzeitig sah er Arkadi unerschrocken in die Augen. Osbornes Blick zeigte, dass er keine Angst hatte.
    »Ich nehme Ihren Wagen.« Arkadi steckte seine Pistole weg. »Sie können sich einfach den nächsten kaufen.«
    »Ich liebe Russland«, flüsterte Osborne.
    »Sehen Sie zu, dass Sie nach Hause kommen, Mr. Osborne.« Arkadi nahm in der Limousine Platz.
    In seinem goldenen Strahlenkranz leuchtete der Stern auf der Lomonossow-Universität weithin über die Parkanlagen, die sich über die Leninberge hinzogen. Der 32stöckige Turm des Hauptgebäudes war in Licht gebadet, aber verlassen; die meisten Studenten verbrachten den Maifeiertag anderswo.
    Regenbogenfarbige Wasserfontänen stiegen aus dem beleuchteten Becken im Teil des zur Moskwa abfallenden Parks auf. Von Suchscheinwerfern auf den Kais tasteten kilometerlange Lichtfinger über den dunklen Nachthimmel.
    Osborne war die Flucht mühelos geglückt. Er hatte Arkadi mit Irmas Kopftuch überzeugt. Arkadi war sicher, dass Irina hier war. Das Ganze war keine Lüge, sondern eine Falle.
    Die Lichtschau von den Kais dauerte eine halbe Stunde. Dann erloschen auch die Unterwasserscheinwerfer, die Springbrunnen versiegten, und in dem langgestreckten Becken erschien das Spiegelbild des Turms der Universität.
    Arkadi wartete hinter mannshohen Edeltannen. Osbornes Maschine musste inzwischen gestartet sein.
    Die Tannen dufteten nach Harz, als sie sich in der aufkommenden leichten Brise bewegten. Vom anderen Ende des Beckens aus kamen zwei Schatten auf ihn zu.
    Auf halber Strecke verschmolzen die Schatten plötzlich mit dem Beckenrand, und der Wasserspiegel geriet in Bewegung. Arkadi rannte mit der Pistole in der Hand los. Er erkannte Hofmann, der versuchte, einen Körper über den Beckenrand ins Wasser zu drücken, und dann Irina, die nach Luft schnappend versuchte, ihren Kopf freizubekommen. Als Hofmann sie erneut unter Wasser drücken wollte, wehrte sie sich verzweifelt und zerkratzte ihm das Gesicht. Hofmann wickelte sich ihr langes Haar um die Hand, um ihren Kopf besser packen zu können. Er sah auf, als er Arkadi rufen hörte, und ließ Irina los. Sie richtete sich keuchend auf und blieb nach Atem ringend am Beckenrand knien. Ihr nasses Haar hing ihr ins Gesicht.
    »Steh auf!« befahl Arkadi Hofmann.
    Der Deutsche blieb grinsend auf dem Beckenrand hocken. Im nächsten Augenblick spürte Arkadi das kalte Metall einer Pistolenmündung im Nacken.
    »Nein, mein Lieber!« Jamskoi kam noch einen halben Schritt näher an Arkadi heran. »Wie wäre es, wenn Sie Ihre Waffe fallen ließen?«
    Arkadi gehorchte wortlos. Der Staatsanwalt legte ihm

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