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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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beschwichtigend eine Hand auf die Schulter.
    Die Pistole - ohne Zweifel die gleiche Dienstwaffe wie die des Chefinspektors - berührte weiter seinen Nacken. »Tun Sie’s nicht«, forderte Arkadi den Mann hinter sich auf.
    »Arkadi Wassiljewitsch, was bleibt mir anderes übrig?« fragte Jamskoi. »Hätten Sie getan, was ich Ihnen befohlen habe, wären wir jetzt beide nicht hier. Dieser betrübliche Anlass hätte sich nie ergeben. Aber Sie haben durchgedreht. Ich bin für Sie verantwortlich und muss diese Sache wieder ins Lot bringen - nicht nur um meinetwillen, sondern auch im Interesse der Dienststelle, die wir beide vertreten. Recht oder Unrecht hat nichts damit zu tun. Mir geht es auch keineswegs darum, Ihre Fähigkeiten zu leugnen. Es gibt keinen zweiten Chefinspektor mit Ihrer Intuition, Ihrer Erfindungsgabe und Ihrer Integrität. Ich habe wirklich auf Sie gezählt.« Hofmann stand auf und kam langsam heran. »Ich dachte, ich wüsste Sie einzuschätzen, aber Sie …«
    Während Jamskoi ihn festhielt, rammte Hofmann Arkadi seine Faust in den Magen und zog sie mit einer eigenartigen Bewegung zurück. Arkadi sah an sich herab: Aus seinem Magen ragte ein schlanker Messergriff. Er hatte das Gefühl, sein Inneres sei zu Eis geworden, und bekam keine Luft mehr.
    »Aber Sie haben mich überrascht«, fuhr Jamskoi ruhig fort. »Vor allem dadurch, dass Sie hierher gekommen sind, um dieses Frauenzimmer zu retten. Das ist interessant, denn Osborne hat Ihnen das von Anfang an zugetraut.«
    Arkadi starrte Irina hilflos an.
    »Seien Sie ehrlich zu sich selbst«, schlug Jamskoi vor, »und gestehen Sie sich ein, dass ich Ihnen einen Gefallen tue. Außer dem Namen Ihres Vaters verlieren Sie nichts - keine Ehefrau, keine Kinder, keine politische Überzeugung und keine Zukunft. Sie wären demnächst als Individualist abgesägt und zwangsversetzt worden. Davor hab ich Sie seit Jahren gewarnt. Jetzt sehen Sie, was man davon hat, wenn man gute Ratschläge ignoriert. Glauben Sie mir, so ist’s besser. Wollen Sie sich nicht setzen?«
    Jamskoi und Hofmann traten zurück, um ihn zusammenbrechen zu lassen. Arkadi spürte, dass seine Knie zitterten und bald nachgeben würden. Er zog das Messer heraus. Es schien endlos lang zu sein: zweischneidig, scharf und rot. Er fühlte einen heißen Schwall auf der Innenseite seiner Uniform. Im nächsten Augenblick stieß er Hofmann das Messer in den Magen. Als der andere zurücktorkelte, fielen sie beide in das Becken.
    Sie tauchten gemeinsam aus dem Wasser auf. Hofmann versuchte ihn wegzudrücken, aber Arkadi stieß das Messer noch tiefer und riss es nach oben. Am Beckenrand lief Jamskoi auf und ab, ohne zum Schuss zu kommen. Hofmann schlug auf Arkadi ein, der ihn um so fester umklammerte und nochmals mit dem Messer zustieß. Als der Deutsche sich nicht befreien konnte, versuchte er zu beißen, und Arkadi riss ihn mit sich unter Wasser. Hofmann drückte ihn nach unten und würgte ihn. Arkadi sah aus dem Wasser zu ihm auf. Hofmanns verzerrtes Gesicht schwankte, teilte sich, floss wieder zusammen und teilte sich erneut. Es zerfiel in Monde, und die Monde wurden zu Blütenblättern. Dann verschwand das Gesicht hinter einer dunkelroten Wolke; Hofmanns Hände wurden kraftlos, und er sank zur Seite.
    Arkadi kam keuchend hoch. Neben ihm trieb Hofmanns Leiche im Becken.
    »Halt! Keine Bewegung!«
    Arkadi hörte Jamskois Befehl; er war ohnehin zu keiner Bewegung imstande.
    Der Staatsanwalt stand am Beckenrand und zielte auf ihn. Arkadi hörte die laute Detonation einer großkalibrigen Pistole, ohne jedoch das Mündungsfeuer zu sehen. Jamskoi griff sich mit einem Aufschrei an den Kopf. Irina erschien mit einer Pistole in der Hand hinter ihm. Sie schoss erneut, und als Jamskois Kopf herumschnellte, sah Arkadi, dass ein Ohr fehlte. Der dritte Schuss Irinas traf den Staatsanwalt in die Brust. Jamskoi bemühte sich verzweifelt, auf den Beinen zu bleiben. Nach dem vierten Schuss kippte er über den Beckenrand und versank.
    Irina stieg ins Wasser, um Arkadi herauszuziehen. Sie zerrte ihn eben über den Rand, als Jamskoi ganz in ihrer Nähe bis zur Taille aus dem Wasser auftauchte. Er sank zurück, ohne sie zu sehen, starrte blicklos in den Nachthimmel und schrie: »Osborne!«
    Danach ging er lautlos unter, aber sein Schrei gellte noch lange in Arkadis Ohren.
     
    Schatura
     
    Er war ein Kanal. Schläuche führten in ihn hinein und brachten Blut und Traubenzucker; Schläuche führten aus ihm heraus und

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