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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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ein paar Schritte vom Tisch.
    »Nein, nein«, wiederholte er, strich sich heftig durchs Haar und rang nach Luft.
    Sara und Göran erhoben sich still.
    »Wie gesagt, wir wissen es nicht«, betonte Göran.
    Sara ging auf Ricky zu.
    »Wollen Sie sich nicht wieder setzen?« Sie berührte ihn sanft an der Schulter.
    »Ja.« Er rührte sich nicht.
    Wieder verbarg er das Gesicht in den Händen und murmelte ein Wort, das Sara nicht richtig verstehen konnte. War es Papa ?
    »Kommen Sie.« Sie packte ihn am Arm und führte ihn zurück zu seinem Stuhl. »Ich kann Sie verstehen, es ist zu viel auf einmal.«
    Sie stellte die üblichen Fragen. Ob es jemanden gebe, der herkommen könne, damit er nicht allein war. So lange würden sie bei ihm bleiben.
    »Meine Schwester ist schon unterwegs.«
    »Ach ja?«, fragte Sara perplex. Die Logik schien einen Purzelbaum geschlagen zu haben.
    »Wir wollten uns heute Abend treffen. Die ganze Familie. Mama war diejenige, die …«
    Ricky guckte auf die Uhr.
    »Ich werde Elin am Busbahnhof abholen.«
    Sara nickte.
    »Schaffen Sie das?«
    »Klar. Ich freue mich, dass sie kommt.«

13
     
    »Muttermal.« Eva Karlén lag auf dem Fußboden und leuchtete mit einer Taschenlampe unter das graue Samtsofa. »Das hört sich gut an.«
    Den Anblick der beiden verunstalteten Körper konnte man zwar nicht leicht abschütteln, doch auf der Fahrt nach Visby war das grausame Bild ein wenig verblasst. Nun schlug ihnen der Raum erneut entgegen. Die Leichen waren abgedeckt, aber die Blutflecken auf Möbeln und Wänden schrien ihre grausame Botschaft umso lauter heraus. Die Wand hinter dem Sofa war bis an die Decke mit Blut bespritzt. An den dicksten Stellen war die Blutspur dunkelrot, am Rand hatten die Pünktchen eine hellrosa Farbe.
    »Über dem Knie«, fügte Gustav hinzu.
    »Okay.« Eva machte die Lampe aus.
    Sie setzte sich auf und sah die beiden an.
    »Göran und Sara informieren gerade den Sohn der Frau.« Sie deutete auf den abgedeckten Frauenkörper und stand langsam auf.
    »Ich habe eine Gerichtsmedizinerin gerufen. Hoffentlich braucht sie nicht so lange. Allmählich riecht es hier etwas muffig.«
    Der Geruch war intensiv, aber auszuhalten. Wie in einem Kühlschrank, in dem schon lange nicht mehr aufgeräumt worden war.
    »Normalerweise genügt es im Oktober, die Heizung abzuschalten, aber draußen hat es achtzehn Grad«, sagte Eva.
    Vor gut einem Jahr, kurz nach ihrer leidenschaftlichen, aber nicht sehr langlebigen Affäre, hatte Fredrik es kaum in einem Raum mit Eva ausgehalten. Jeden Morgen fürchtete er, mit ihr zusammen zu einem Tatort beordert zu werden oder sie im Pausenzimmer zu treffen. Was natürlich öfter passierte. Jedes Mal überkam ihn ein schweres und düsteres Gefühl, eine seltsame Mischung aus Sehnsucht und Selbstvorwürfen.
    Ninni und er waren einige Male zu einem Paartherapeuten gegangen. Von all den ewig wiedergekäuten Worten hatte sich ein Satz in sein Gedächtnis gebrannt, den der Therapeut gesagt hatte: Es wird immer Versuchungen geben. In einer Beziehung zu leben bedeutet, sich gegen sie zu entscheiden.
    Das war wohl richtig. Es hörte sich zumindest richtig an. Oder gut. Gleichzeitig klang es ziemlich anspruchsvoll, wie etwas, das ein Pastor hätte sagen können. Aber es war hängen geblieben, und er musste oft daran denken. Besonders wenn er sich mit Eva Karlén in einem Raum befand.
    Nach einigen Monaten war das Unbehagen verschwunden. Vielleicht war es gar nicht schlecht, dass sie zusammenarbeiten mussten. So hatten sie keinen Spielraum für Phantasien, keine Möglichkeit, eine Wunschvorstellung mit sich herumzuschleppen, die nicht der Wahrheit entsprach und trotzdem langsam, aber sicher seine Ehe aufrieb. Es war, wie es war. Er war zu Ninni zurückgekehrt. Sie war natürlich nur mäßig begeistert von seiner Nähe zu Eva Karlén, doch damit musste sie leben, solange sie auf der Insel blieben. Wo Eva stand, wusste er nicht. Über solche Dinge redeten sie nicht mehr. Eine Weile schienen sie und ihr Mann wieder aufeinander zuzugehen, doch wenn die Gerüchte zutrafen, war das nur eine Phase gewesen. Fredrik hatte nicht nachgefragt.
    Ganz unkompliziert war es natürlich nicht. An manchen Tagen lagen diese gefühlsgeladenen Frühlingsmonate eine Ewigkeit zurück, aber manchmal schien es erst gestern gewesen zu sein. Das waren keine guten Tage.
    »Aha, ein Muttermal über dem rechten Knie, dann sehen wir wohl am besten gleich nach.« Eva zog eine Schere aus der Tasche.
    »Das hier
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