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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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zur Beerdigung, aber bis dahin würde es noch dauern. Wie lange konnte sie warten? Sie würde mit ihrem Studium in Verzug geraten. Aber wäre sie überhaupt in der Lage zu lernen, wenn sie zurückführe?
    So wenig hatte sie von ihrer Mutter gehabt.
    Wie würde der Sarg aussehen? Die Blumen? Wer würde kommen? Lud man die Leute zum Essen ein? Oder zum Kaffee?
    Dann dachte sie an den Gutshof, die Ländereien und das Geld. Sie schämte sich dafür, aber sie konnte nichts dagegen machen. Was würde daraus werden? Selbst wenn ihr Vater … es getan hatte, der Besitzer war er trotzdem, oder? Egal, wem das Ganze gehörte, irgendjemand musste sich darum kümmern. Falls ihr Vater ins Gefängnis käme oder für immer nach Japan geflüchtet war, konnte er es nicht tun.
    Ricky natürlich. Er war immer eine Art Familienheinzelmännchen gewesen. Hatte gemacht und getan. Rasen gemäht und Mama die Reifen gewechselt. Was absolut lächerlich war. Man brauchte sich nur in seiner Wohnung umzusehen, um zu merken, dass das überhaupt nicht zu ihm passte. Außerdem hätten sie sich für all diese Arbeiten Leute leisten können. Hatte er etwa geglaubt, er könne mit diesen Handlangerarbeiten irgendetwas zusammenhalten?
    Ihre Gedanken verdüsterten sich. Im Grunde musste er noch dringender von hier weg als sie. Weg vom Gut, weg von Gotland, weg von allem. Das hier war nicht seine Welt. Woanders würde es ihm so viel besser gehen.
    Endlich war die Straße frei. Was soll’s, dachte sie, während sie losfuhr, er war nur ein paar Jahre älter als sie. Er musste sich eben zusammenreißen. Jetzt war er der Herr im Haus.
    Trotz des ganzen Elends musste sie ein kleines bisschen lächeln.

Donnerstag, 2. November,
Karolinska-Krankenhaus, Solna
     
    Zwischen dem Gebäude der psychiatrischen Abteilung und den rotbraunen, immer spärlicheren belaubten Bäumen sah man, wie sich der Verkehr auf der E4 geradezu deprimierend langsam in Richtung Norden quälte. Sara war froh, dass sie jetzt nicht in einem dieser Autos sitzen musste.
    »Letzte Woche hatte ich eine Abtreibung.« Sie wendete sich nicht vom Fenster ab.
    Ihre Worte schienen von den kahlen Wänden widerzuhallen. Eigentlich hatte sie es nicht erzählen wollen, schon gar nicht Fredrik. Sie war genauso überrascht, dass es ihr herausgerutscht war, wie es Fredrik womöglich war, falls er überhaupt verstand, was sie sagte.
    Ohne zu begreifen, wie es dazu kommen konnte, hatte sie einem Kollegen ihr Geheimnis verraten. Eigentlich sollte sie von den Ermittlungen berichten, von ihrer gemeinsamen Arbeit. Damit Fredrik erfuhr, wie er hier gelandet war. Das war der Plan.
    Natürlich war es von Vorteil, dass er das Geheimnis nicht ausplaudern konnte.
    Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie sich da nicht so sicher sein konnte. Im Moment war er zwar überhaupt nicht fähig zu reden, aber wenn es ihm besser ging? Vielleicht würde er einfach drauflosplappern wie ein Papagei.
    Sara spürte, wie sie innerlich zusammensackte und es in ihr dunkler wurde.
    Scheißegal, dachte sie dann.
    »Der Mordfall kam mir ziemlich ungelegen. Ich wollte ja … eigentlich …«
    Mann, war das schwierig. Sie hustete. Erst jetzt drehte sie sich um. Fredrik sah sie an. Sein Blick war unerwartet intensiv. Sie hatte das Gefühl, dass eine Frage darin lag.
    Fredrik öffnete den Mund.
    »Puh.«
    Sara erstarrte. War das ein Kommentar oder nur ein zufälliges Puh? Schweigend wartete sie, ob Fredrik noch etwas sagen würde, aber mehr kam nicht. Ich muss weitersprechen, dachte sie und atmete tief durch.
    »Ich wollte das Kind nicht behalten. Aber ohne eine richtig gute Entschuldigung konnte ich mir mitten in einer Mordermittlung nicht einfach freinehmen. Mit Göran zu reden hatte ich keine große Lust. Also hoffte ich wohl, dass sich die Sache nicht allzu lang hinziehen würde, dass Arvid Traneus in eine Passkontrolle geraten und den Mord gestehen würde. Anschließend wollte ich mir einen Termin geben lassen, am liebsten hier auf dem Festland, wie du dir sicher vorstellen kannst. Deshalb habe ich Göran nichts gesagt.«
    Sie hatte nicht gewollt, dass es irgendjemand erfuhr. Der ärztlichen Schweigepflicht auf Gotland vertraute sie nicht. Selbst wenn die Krankenschwestern den Mund gehalten hätten, hätte sie nur jemanden in der Klinik treffen müssen, und schon wäre das Gerede losgegangen.
    Sara ging zu dem hohen, ergonomisch geformten Besuchersessel mit orangebraunem Kunstlederbezug.
    »So hatte ich mir das nie vorgestellt,

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