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Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Titel: Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Während einer körnigen Nahaufnahme von Stevens Gesicht friert das Bild ein, sein Lächeln ist grausam und lakonisch zugleich.
    »Ich verstehe das nicht«, sagt Jesus,
    »Was?«, fragt Becky
    »Das Mädchen, sie war doch ... fürchterlich, oder etwa nicht?«
    »Doch.«
    »Aber als ich in New York beim Casting war, haben sie dort sogar Leute abgelehnt, die sehr viel besser singen konnten.«
    »Und?«
    »Ich vermute also, dass diese Leute«, er zeigt auf das unscharfe, pixelige Gesicht auf dem Bildschirm, »oder zumindest
jemand, der für sie arbeitet, sie vor diesem Auftritt da gehört haben, richtig?«
    »Na klar.«
    »Warum ... nehmen sie sie dann in die Show, wenn sie so schlecht ist?«
    Becky sieht Jesus schweigend an, blickt in diese klaren blauen Augen - klar, bis auf eine leichte Rötung von all den Joints, die im Bus die Runde machen –, betrachtet sein blondes Haar, das ihm wie flüssiges Gold auf die Schultern fällt und im Sonnenlicht regelrecht zu glühen scheint. Oh ja, denkt Becky nicht zum ersten Mal, was ich hier sehe, ist wahre Unschuld. Ob Becky Jesus glaubt, dass er Jesus ist? Nicht für eine Sekunde. Aber er hat ihr völlig grundlos geholfen. Er hat nie auch nur den Versuch unternommen, sich ihr zu nähern, dabei ist sie durchaus schon Zeuge gewesen, wie er andere Mädchen abschleppte - oder vielmehr: wie sie ihn abschleppten. Becky fragte sich häufig, warum das so war.
    »Ähm, um sie zu demütigen. Ich nehme an, weil die Zuschauer das unterhaltsam finden«, sagt Becky und schämt sich, dass sogar sie versteht, was er nicht verstehen kann.
    »Wow, als sich dieser Engländer, dieser ... Steven?«
    »Steven Stelfox.«
    »Als er böse wurde, weil sie ihm seine Zeit stiehlt, da wusste er längst, dass sie ihm seine Zeit stehlen würde?«
    »Ja, vermutlich.«
    »Verstehe«, sagt Jesus. »Dann hat er also nur so getan, als wäre er sauer? Das war alles nichts als ... Theater?«
    »Ja. Show.« Becky steht auf und nimmt das Band aus dem Rekorder.
    »Aber«, Jesus ist noch nicht fertig, »dieses Mädchen, sie war wirklich überzeugt davon, singen zu können, oder?«
    »Das sind viele der Kandidaten. Willst du eine Limo?«
    »Vielleicht ist sie ja nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Auch das sind viele der Kandidaten.«

    »Im Prinzip sagst du mir also, dass Amerikaner es unterhaltsam finden, geistig instabilen Personen dabei zuzusehen, wie sie im Fernsehen lächerlich und fertiggemacht werden?«
    »Ähm. Sieht wohl ganz so aus, JC. Ist schon einmalig, wie kaputt wir sind, oder?« Becky verschwindet Richtung Kühlschrank.
    Nein, denkt Jesus und blickt ihr hinterher, nicht einmalig.
    Er muss an diese Story denken, die ihm einer der Jungs vor langer Zeit mal erzählt hat. Matthäus? Oder war es Johannes? Oder Lukas? Scheiße, sein Gedächtnis. Na ja, ist auch schon ein paar Tausend Jahre her, und sie pflegten damals verdammt viel Wein zu trinken. Auch egal. Einer der Jungs war jedenfalls durch irgendeine römische Provinz gereist und wurde von jemandem zu diesen Spielen geschleppt, die sie in einer kleinen, provisorischen Arena veranstalteten. Die Römer liebten diesen Scheiß. Sie hatten politische Gefangene, Kriminelle, die üblichen Verdächtigen, die sie bei diesen Spielen kämpfen ließen. Kleine, schmächtige Kerle, die gegen bullige, bis an die Zähne bewaffnete Killermaschinen, gegen Löwen, wilde Tiere und all so was antreten mussten. Und einige dieser Gefangenen waren behindert, geistig zurückgeblieben. Idioten hatten sie sie genannt. Dann wurden zwei dieser hilflosen Idioten gezwungen, gegen einen verfickten Bären zu kämpfen. Diese armen Schweine wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Sie taumelten bloß kichernd und sabbernd herum, und dieser Bär kam herein und riss die beiden einfach in Stücke. Hat sie vor all diesen Menschen aufgefressen. Und die Leute hatten sich ihre Ärsche weggelacht.
    Immer noch das gleiche Spiel, denkt Jesus.

3
    A BER ICH VERSTEHE NICHT, WO DAS PROBLEM LIEGT. ES sind noch zwei Wochen bis zur ersten Liveshow. In ausgewählten Sendebereichen zeigen wir bereits alle halbe Stunde Fünfzehnsekünder, und die langen, dreißigsekündigen Clips werden im ganzen Senderverbund zu jeder vollen Stunde ausgestrahlt - alles abgestimmt auf die Zielgruppe. Ich weiß beim besten Willen nicht, was wir sonst noch ...«
    Ohne sich vom Fenster abzuwenden, so dass alle Anwesenden gegen die Baumwipfel und Dächer von Burbank bloß seine schwarze Silhouette erkennen können, hebt Steven

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