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Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Titel: Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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unzähligen Logos geschmückten Tisch, an dem DeAngelo und Stutz bereits Platz genommen haben.
    »Und nun«, fährt Leary fort und wendet sich den Zuschauern zu, »um die heutige Show zu eröffnen, ein Mann, der bereits für einigen Gesprächsstoff gesorgt hat. Aus New York City: Hier kommt Jesus!« Das Publikum kreischt, als das Saallicht erlischt.
    »Ach du Scheiße«, sagt Becky.
    »Mann, ich mach mir gleich in die Hose«, flüstert Kris. Eine Sekunde lang ist alles schwarz, dann flutet langsam kaltes, blaues Unterwasserlicht die Bühne, während ein vertrautes, rollendes Gitarrenriff den Saal erfüllt. »Das gibt’s doch nicht«, sagt Kris sofort, als die Scheinwerferbatterien erstrahlen, Bass und Drums sanft einsetzen, JC ans Mikro tritt und »Come as you are ...« singt, während spontan Applaus und Kreischen laut wird.
    Das Publikum klatscht mit, jubelt, während die erste Strophe ihren Lauf nimmt, die Juroren zusehen und sich Notizen machen, wobei Herb stolz vor sich hin nickt. Darcy grinst wie immer, und selbst Stelfox lächelt, als der Song nach einer Minute und dreiundzwanzig Sekunden den ersten Refrain ansteuert und Jesus beim Gedanken an Barry, den Dirigenten, der hinter ihm steht, mit leisem Lächeln seinen Fuß über das verbotene Overdrive-Pedal hebt. Das Pedal ist ein alter Ibanez Tube Screamer von 1984, eines der wenigen Geräte, die in den letzten Wochen der Pfandleihe entgangen sind. Auf seiner Platine ist der heilige D-9-Chip verbaut, und sein Lautstärkeregler ist bis zum Anschlag aufgedreht. Jesus’ zerschlissener Turnschuh drückt den Metallschalter herunter, während er mit seinem Plektrum der Länge nach über die Saiten fährt, von der Bridge bis rauf zum Sattel. Und der Tube Screamer tut genau das, wofür er gebaut wurde: Er füllt das gesamte Studio mit dem Lärm
einer landenden Boeing 747, der man zwei Cruise Missiles untergeschnallt hat. Jesus schreit mittlerweile, schwört, dass er unbewaffnet ist, als er sich auf Cobains Gitarrenbreak stürzt - im Prinzip nur eine Variante der Melodie -, sich zum Orchester umdreht und den Song antreibt. Barry hat Jesus den Rücken zugewandt, als er seinen Taktstock mit beschwichtigender Geste schwenkt, um das Tempo zu drosseln. Aber der Drummer steigt voll ein, er und Jesus grinsen sich an. Während der eine härter auf die Hi-Hat eindrischt und der andere ganz nah an seinem Verstärker, kurz vor einer Rückkopplung, seiner Gitarre kreischende Töne entlockt, bemüht sich der Rest des Orchesters sichtlich verwirrt und panisch, dem geänderten Arrangement zu folgen.
    Zwei Minuten später steht Jesus vor der Jury, leicht schwitzend, als der Applaus verklingt. Doch die Reaktionen sind zwiespältig: Teile des Publikums - natürlich einschließlich JCs Bande - sind völlig aus dem Häuschen, während andere, vor allem die ältere Fraktion mit den T-Shirts von der Studiotour, immer noch mit den kleinen Fingern in den Ohren stochern, die Köpfe schütteln und ihre Sitznachbarn anschreien: »Wie bitte?«
    »junge, war das laut!«, hebt Darcy an. Herb hält Jesus zwei Daumen hoch.
    »Nirvana also ...«, beginnt Stelfox. »Ich glaube, das dürfte in dieser Show wohl das erste Mal gewesen sein ... und hoffentlich auch das letzte.«
    »Ach, das kann doch wohl nicht dein Ernst sein, Steven!«, erwidert Herb. »Der Junge hat voll abgeliefert.«
    »Ich sag mal ...« Stelfox’ Satz erstirbt, und es scheint, als fehlten ihm die Worte. »Dieses ganze Grunge-Ding, ich meine, mal ehrlich, wen juckt das denn noch?«
    »Hey«, entgegnet Herb. »Das ist ein toller Song. Das Album hat um die zwanzig Millionen verkauft. Da willst du mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass sich keiner dafür interessiert? «

    »Ja, vor ungefähr zwanzig Jahren hat es Millionen verkauft. Der Song an sich ist ja gar nicht mal so übel«, räumt Stelfox ein. »Ich glaube sogar, man könnte daraus eine brauchbare Version basteln. Aber die eben war’s nun wirklich nicht.«
    »Aha«, sagt Jesus. »Und was hat Ihnen daran nicht gepasst? «
    »Zu sehr runtergerotzt. Zu amateurhaft. Ich meine, der Song wurde mittendrin plötzlich schneller!«
    »Hey, Rock’n’Roll zieht immer an«, sagt Jesus, als wüsste das jeder Idiot.
    »Darcy?«, fragt Stelfox.
    »Ich finde, du hast eine tolle Ausstrahlung«, beginnt sie. »Du spielst toll Gitarre, aber deine Songauswahl ist nicht so mein Ding. Also, ich fürchte, von mir kriegst du ein Nein. Tut mir leid.«
    »Hey, ist doch nicht schlimm, halb so wild«,

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