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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.E. Lawrence
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bei sich zulassen. Sex, Religion und Tod sind in seinem Kopf inzwischen so sehr miteinander verschmolzen, dass sie für ihn schon die gleiche Bedeutung haben.«
    »Und dann bedenke man noch den sadomasochistischen Aspekt im Katholizismus – das Leiden Jesu, der blutend am Kreuz hängt.«
    »Und Maria wird immer als jung und schön dargestellt. Auf vielen Darstellungen sieht sie dazu noch aus großen, tränenerfüllten Augen bewundernd zu ihm auf.«
    »Ich stimme dir zu«, sagte Nelson. »Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Falls Jesus wirklich Anfang dreißig war, als er starb, muss Maria mindestens fünfzig Jahre alt gewesen sein, oder?«
    »Richtig. Und in dem sonnigen Klima, ohne Botox und Liftings und Zahnmedizin, hätte sie auch so ausgesehen.«
    »Trotzdem wird sie immer so jung und schön dargestellt, dass sie seine Schwester sein könnte.«
    »Stimmt«, bestätigte Lee. »Für einen jungen Mann, der sich nicht von seiner übermächtigen Mutter lösen kann, muss das besonders verwirrend sein.«
    Nelson nahm einen tiefen Schluck von seinem Scotch. »Katholische Mütter sind ohnehin nicht mein Lieblingsthema.«
    Seine eigene Mutter hatte Nelson in all den Jahren ihrer Freundschaft kaum je erwähnt, ja, er schien ein Gespräch über sie sogar bewusst zu vermeiden.
    »In welchem Bezirk wird er als Nächstes zuschlagen, was meinst du?«, fragte er.
    »Genau dasselbe hat Chuck mich gefragt. Und ich würde euch das wirklich gern beantworten.«
    Nelson starrte aus dem Fenster.
    »Wie schaffen wir das nur, Lee? Wie kann man bloß all den Schmerz dieses Lebens ertragen und einfach weitermachen?«
    »Ich weiß nicht. Manche schaffen es auch nicht.«
    »Aber die meisten schon, und das ist das eigentlich Erstaunliche.« Nelson stand auf, schob sich die Hände in die Hosentaschen und lief ruhelos auf und ab. »Karen hat überlegt, ob sie sich umbringt, als der Krebs schlimmer wurde, und das, obwohl sie gläubig war. Ich hätte ihr sogar dabei geholfen. Doch dann haben wir jeden gemeinsamen Moment noch ausgekostet, auch wenn es oft sehr hart war. Aber das ist auch etwas anderes, findest du nicht? Menschen mit einer tödlichen Krankheit denken bestimmt immer daran, sich das Leben zu nehmen, wenn sie es auch meistens nicht tun.«
    »Ja, in einer solchen Situation würde das doch jeder zumindest in Erwägung ziehen – außer der eigene Glaube hält einen davon ab.«
    Nelson schnaubte. »Glaube. Eine der größten Lügen der Menschheit. Ich habe noch immer Karens Kreuz, das sie stets getragen hat. Sie hat sich ihren Glauben bis zum Schluss bewahrt. Ich schätze, ich habe sie darum beneidet, wenn ich ihn auch nie teilen konnte.«
    Das Telefon klingelte. Murrend stellte Nelson den Drink auf der Lehne seines Sessels ab und ging ran.
    »Hallo?« Es folgte eine Pause, dann fügte er hinzu: »Wer ist da?« Eine weitere Pause, dann legte er auf.
    »Und? Wer war’s?«, erkundigte sich Lee.
    »Sehr seltsam«, antwortete Nelson kopfschüttelnd. »Da war nur Musik am anderen Ende der Leitung.«
    »Was denn für Musik?«
    »Ein alter Song von Rodgers und Hart, den kannte ich sogar.«
    »Welcher denn?«
    »Manhattan.«
    »Mein Gott!«, entfuhr es Lee. »Dann weiß er also, dass du zu unserem Team gehörst.«
    »Ganz offensichtlich.«
    »Und die Nummer war unterdrückt, vermute ich?«
    »Ja, und selbst wenn wir sie zurückverfolgen lassen, landen wir bestimmt nur in einer Telefonzelle, darauf könnte ich wetten. Falls er schlau ist – und das wissen wir ja bereits –, befindet die sich auch nicht in der Nähe seiner Wohnung.«
    »Tja«, fügte Nelson nach einem Moment hinzu. »Wenigstens können wir jetzt aufhören, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, wo er das nächste Mal zuschlagen wird.«

KAPITEL 43

    Der Wind fuhr in die Bäume und wirbelte die dürren dunklen Äste hin und her wie beim Tanz, ein Tango, der von schlechtem Wetter kündete.
    Sie wussten nicht, dass sie verdorben waren, diese Mädchen mit dem sanften Blick, den weißen Händen und den noch weißeren Hälsen – eigentlich waren sie kleine Lämmer, Schäfchen ohne Arg. Sie vertrauten ihm, und welchen Grund hätten sie auch gehabt, das nicht zu tun? Er war hier, um sie zu retten, ihre Seelen in den Himmel zu schicken und sie vor dem grauenvollen Ort zu bewahren, von dem seine Mutter immerzu redete, wo die Dämonen einem das Fleisch von den Knochen fraßen und man in ewiger Verdammnis lebte.
    Er ging am Lauf des Baches entlang und passte auf, dass er keine nassen

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