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Gott im Unglück

Gott im Unglück

Titel: Gott im Unglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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gab Probleme.
    Eine Kundin warf einen Stapel Brautmagazine auf den Tresen, während Bonnie die Kasse machte.
    »Ich möchte die hier zurückgeben«, sagte die Frau.
    »Tut mir leid, Zeitschriften nehmen wir nicht zurück«, antwortete Bonnie. »Anweisung von oben.«
    »Aber sie sind fehlerhaft.« Die Kundin öffnete die oberste Zeitschrift und zeigte auf eine zufällige Seite. »Schauen Sie!«
    Auf den ersten Blick wirkte das Bild in Ordnung. Ein genauerer Blick zeigte jedoch die Anomalie. Die schöne Braut war gar nicht so schön. Sie hatte das perfekte Kleid, die perfekte Frisur und den perfekten Brautstrauß. Aber sie fletschte die Zähne, und die Wimperntusche um ihre tränenden Augen war verschmiert.
    Bonnie blätterte die Seiten durch. Es wurde nur noch schlimmer. Artikel waren mit »Wie vergifte ich den betrügerischen Mistkerl?« und »Die 10 besten Gründe, warum du allein sterben wirst« überschrieben. Perfekte Fotobräute zogen finstere Gesichter und wurden auf späteren Bildern zu gekrümmten, welken Gestalten in zerfetzten, fleckigen Kleidern. Das Schlimmste war eine Doppelseite einer Hochzeit, wo der Bräutigam beschlossen hatte, seine zukünftige Braut für die Brautjungfer zu verlassen. Bonnie konnte das verstehen, fand es aber dennoch ein bisschen übertrieben, dass das glückliche Paar seine Liebe im Mittelgang der Kirche vor allen Gästen vollzog.
    Die Zeitschrift Modern Homes war voller Fotos von brennenden und einstürzenden Häusern. Alle Pflanzen in den Gartenzeitschriften waren tot. Die Katzenzeitschrift öffnete Bonnie in weiser Voraussicht erst gar nicht.
    »Ich will mein Geld zurück«, sagte die Kundin. »Ist mir egal, was Sie für Vorschriften haben.«
    »Ja, ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Bonnie. »Einen kleinen Augenblick bitte.«
    »Hey, Bonnie«, sagte Vince, »hast du die Carter gesehen?«
    »Ich glaube, sie ist in ihrem Büro.«
    »Da ist sie nicht. Hab nachgesehen.« Er beugte sich über den Tresen und wühlte in der Schublade neben ihr. »Weißt du wenigstens, wo der Schlüssel ist, mit dem man den Radiosender wechseln kann? Ich hab langsam die Schnauze voll davon, ›Copacabana‹ in Dauerschleife zu hören.«
    Barry Manilows schmachtender Vortrag seiner tragischen Geschichte hing in der Wiedergabewiederholung fest. Und es schien, als würde Lolas Ende ungefähr alle zehn Minuten noch ein bisschen tragischer. Bonnie konnte sich nicht vorstellen, dass in der Originalversion ein Erdbeben die Erde aufriss und sowohl das Mädchen mit dem gebrochenen Herzen als auch das Copacabana und dazu noch einen Trupp verwaister Pfadfinder verschluckte, die zufällig in dem Nachtclub gewesen waren, um nach dem Weg zu einem Wohltätigkeitspfadfinderlager zu fragen.
    »Irgendwer wird da bei diesem Sender seinen Job verlieren«, sagte Vince.
    Sie heuchelte Ahnungslosigkeit.
    Nachdem sie der Kundin ihr Geld zurückgegeben und die Zeitschriften weggeworfen hatte, um die Beweise loszuwerden, spürte Bonnie Syph im Café auf.
    Bonnie sprach mit zusammengebissenen Zähnen. »Was tust du?«
    »Ich würde ja sagen, es tut mir leid, aber du hast mich gebeten, das nicht mehr zu tun.«
    Die Bedienung stellte eine Tasse Kaffee vor die Göttin hin. »Bitte schön, Ma’am. Leider sind alle unsere Milchprodukte verdorben, deshalb ist er gratis.«
    »Oh, danke schön! Ich trinke ihn sowieso am liebsten schwarz. Schwarz wie die endlose Nacht, die am Ende alle sterblichen Seelen einhüllt und verschlingt.«
    Bonnie sah sich um, bevor sie sich vorbeugte. »Das kannst du nicht tun«, flüsterte sie. »Ich arbeite hier!«
    »Was erwartest du von mir?«
    »Geh weg. Geh nach Hause. Wenn du mich nicht in Ruhe lassen kannst, dann geh wenigstens zurück in meine Wohnung und warte dort auf mich.«
    »Dort gibt es nichts zu tun.« Syph nippte an ihrem Kaffee. Sie runzelte die Stirn. »Bitterer als ich erwartet hatte, aber andererseits ist er das ja immer.«
    »Könnte ich Sie einen Moment sprechen, Bonnie?«, fragte die Carter. »Aber nur, falls Sie nicht zu beschäftigt sind mit Plaudern.«
    Bonnie setzte ein falsches Lächeln auf und wandte sich von Syph ab.
    »Haben Sie das gesehen?« Die Carter hob einen Roman mit dem Titel Die leeren Versprechungen der Liebe hoch. Das Cover war klassisch, nur dass die Motive nicht besonders attraktiv wirkten. Der langhaarige Held war schwabbelig, während die rothaarige Heldin schielte und einen Buckel hatte. Sie hatten einander den Rücken zugewandt, und die wirkliche Schande

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