Gott im Unglück
Himmel und Erde verstreut und hätte das bis ans Ende der Zeiten auch weiterhin getan.«
»Und was ist passiert?«
Syph seufzte. Die Wolke kam zurück, größer und schwärzer als zuvor.
»Ich habe mich verliebt.«
Bonnie wartete auf eine weitere Erklärung, doch Syph saß nur da. Sie biss sich auf die Unterlippe, während eine einzelne blutrote Träne über ihre Wange lief.
»Ich verstehe nicht«, sagte Bonnie. »Hätte das nicht etwas Gutes bedeuten sollen?«
Syph gluckste. Oder versuchte es zumindest. Was aus ihrer engen Kehle kam, war aber mehr ein erstickter Grunzlaut.
»Würde es einer Totengöttin nützen, selbst zu sterben? Oder einer Kriegsgöttin, zu sehen, wie die Welt der Sterblichen in einem nuklearen Holocaust verzehrt wird? Die Bedürfnisse und das Wohlergehen der Götter hängen nicht allein von einem einzelnen Beweggrund ab.«
»Daran hatte ich nicht gedacht«, gab Bonnie zu.
»Die meisten Sterblichen denken nicht daran. Ihr glaubt, es sei so leicht, ein Gott zu sein. Aber wir sind genauso fehlbar und töricht wie die Sterblichen. Vielleicht sogar noch mehr, denn unsere Unsterblichkeit führt oft zu Langeweile, und Langeweile führt zu Leichtfertigkeit. Und es ist einfach, leichtfertig zu sein, wenn die Unsterblichkeit uns normalerweise davor bewahrt, uns mit den Konsequenzen unserer Taten auseinandersetzen zu müssen.« Sie lachte wieder bitter auf. Die Wolke grollte und wuchs über den halben Himmel.
»Zuerst war es großartig. Ich, die Göttin der Liebe, hatte die Liebe entdeckt. Wahre Liebe. Meine Macht mehrte sich, und eine Weile glaubte ich, ich wäre vielleicht sogar in der Lage, auf Erden und in den Himmeln ein goldenes Zeitalter herbeizuführen.«
»Was ist passiert?«
Syph senkte den Kopf und murmelte vor sich hin.
»Was?«, fragte Bonnie.
Syph zog ihre Hand weg und musterte ihre Fingernägel. »Er hat mich sitzen lassen.«
Ein Gewitter materialisierte sich über Burger Town . Menschen rannten und suchten Schutz, als winzige, herzförmige Hagelkörner herabregneten. Beim Aufprall zerplatzte jedes Korn genau in der Mitte.
»Und?«, fragte Bonnie.
Syph blickte ihr in die Augen. »Und was?«
»Und was dann? Es muss ja noch etwas passiert sein, um dich zu verändern.«
»Du verstehst es immer noch nicht, oder? Ich wurde abserviert.«
»Warte mal«, sagte Bonnie. »Springt ihr Götter und Göttinnen nicht die ganze Zeit von einem zum anderen? Habt ihr nicht kurze Schwärmereien, gefolgt von hohlen Beziehungen? Ihr betrügt euch doch immer gegenseitig, oder nicht?«
»Nicht immer.«
»M-hm«, sagte Bonnie skeptisch.
»Also gut, normalerweise stimmt das. Obwohl es schon echte und lange haltende Ehen unter den Göttern gibt. Wenn auch nicht viele, muss ich zugeben. Unsterblichkeit und Langeweile sind selten gesund für Langzeitbeziehungen.«
»Was ist dann das Problem?«, wollte Bonnie wissen. »Er hat mit dir Schluss gemacht. Das ist unter Unsterblichen doch an der Tagesordnung, oder?«
»Nein. Nicht die Tagesordnung. Das Richtige wäre gewesen, mich zu heiraten. Selbst wenn er mich nicht liebte, hätte er mich besitzen wollen müssen, denn ich wurde von anderen begehrt. Oder er hätte warten können, bis genug Zeit vergangen wäre und wir uns auf natürliche Weise auseinandergelebt hätten. Aber er hat mich abserviert. Mich. Die Göttin der Liebe – zurückgewiesen von ihrer ersten wahren Liebe. Es war meine Blütezeit, und er war nur ein geringer Gott. Aber ich habe ihn auserwählt, trotz Dutzender anderer Anträge von viel einflussreicheren und begehrenswerteren Gottheiten. Zeus höchstpersönlich gehörte zu meinen Verehrern.«
»Du hättest fast Zeus geheiratet?«
»Geheiratet? Nein, nicht geheiratet. Darüber wäre Hera nicht sehr glücklich gewesen. Aber er hat mir angeboten, mir eine Eigentumswohnung auf dem Olymp zu kaufen, zusammen mit einem großzügigen Taschengeld.«
Bonnie lächelte. »Willst du mir sagen, dass du beinahe eine göttliche Mätresse geworden wärst?«
»Es war ein sehr großzügiges Angebot. Ich habe es allerdings nicht in Erwägung gezogen. Nicht ernsthaft. Aber es war schön, gefragt zu werden.«
Der Sturm löste sich auf. Die Sonne strahlte. So ungern Bonnie der Göttin die Stimmung und das Wetter auch vermiesen wollte, sie brauchte doch Antworten.
»Wie wäre es, wenn du mir von dem Kerl erzählst?«
Sie machte sich auf das Schlimmste gefasst, aber es war nicht so schlimm, wie sie erwartet hatte. Die kleine Wolke bedeckte die Sonne,
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