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Gott im Unglück

Gott im Unglück

Titel: Gott im Unglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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könntest du mich nicht aufhalten. Deine Gunst ist so wertlos wie der Rest der armseligen Götter, gefesselt von den Gesetzen und Regelungen, denen ihr euch unterworfen habt. Wie wäre es also, wenn du uns allen einen Gefallen tust und die Klappe hältst? Ich versuche hier, ein zivilisiertes Gespräch zu führen.«
    Die Sterblichen äugten in Richtung der möglichen Fluchtwege. Gorgoz schnippte mit den Fingern, und sämtliche Türen und Fenster verschlossen sich. Als Zugabe materialisierte er verschiedene Giftschlagen als Wächter. An der Haustür platzierte er eine zweiköpfige Mutantenbestie, irgendetwas zwischen einem Bären und einem Hai. Die missgestaltete Kreatur war unbeholfen; es schien wahrscheinlicher, dass sie Leute, die zu fliehen versuchten, überrollte, als sie tatsächlich zu beißen. Doch das wäre genauso tödlich gewesen.
    Eine Wolke summender Heuschrecken bedeckte sämtliche Fenster des Hauses und ließ gerade so viel Sonnenlicht herein, dass das Innere in schattigem Zwielicht lag.
    »Kein Problem«, sagte Lucky. »Alles wird gut.«
    Gorgoz verdrehte die Augen. Angesichts ihrer Größe war das eine erstaunliche Leistung. Er wedelte mit der Hand nach Lucky. Die Projektion verblasste und verschwand.
    »Der wird uns eine Weile nicht mehr stören.« Gorgoz gestikulierte zum Sofa hin. »Setzt euch doch!«
    Die Sterblichen zögerten.
    »Wenn ich euch töten wollte, wärt ihr jetzt schon tot. Na ja, wahrscheinlich jetzt noch nicht. Aber ihr wärt auf dem besten Weg dazu, und ihr wüsstet es.« Er versuchte, freundlich zu lächeln, aber es wirkte nur hungrig und bedrohlich. Mehr brachte er nicht zustande.
    Sie setzten sich. Gorgoz nahm den Sessel neben dem Sofa. Seine verkohlte Gestalt schwärzte das Polster. Krallen waren aus seinen Fingerspitzen hervorgebrochen, und ein Anflug von Schleim tropfte aus seinen Poren.
    »Ich konnte das nie wirklich gut, diese Sache mit der sterblichen Verkleidung.«
    Es blitzte – und er saß in seiner wahren Gestalt vor ihnen, ein zwei Meter dreizehn großer, schlacksiger Gott in einem abgeschabten Bademantel.
    »Ihr fragt euch wahrscheinlich, warum ihr noch nicht tot seid.«
    Sie nickten.
    »Oh, klar. Ich könnte euch auf der Stelle töten. Eurem nutzlosen Gott erlauben, sich hier zu projizieren und euch dann vor seinen Augen abschlachten. Und ja, es wäre den Spaß wert.«
    Er richtete den Blick träumerisch in die Ferne und lächelte wehmütig.
    »Nein, nein. Alle behaupten immer, dies sei ein zivilisierteres Zeitalter. Und ich kann mitspielen. Klar kann ich das. Statt euch zu töten, habe ich beschlossen, euch zu zeigen, dass sogar ich … vernünftig sein kann.«
    Er beugte sich vor und verschränkte die Finger.
    »Wie würde es euch gefallen, eurem Gott abzuschwören und mich als euren neuen Herrn und Meister anzunehmen? Hmmm? Klingt das nicht lustig?«
    Einen peinlichen Augenblick lang erfüllte Stille den Raum.
    »Oh, redet doch nicht alle gleichzeitig.« Gorgoz seufzte schwer. »Ich habe schon verstanden. Ihr seid« – er zeichnete Anführungsstriche in die Luft – »nette Menschen. Ihr seid nicht die Art von Sterblichen, die sonst für einen Gott des Chaos und Todes unterschreiben würden. Und normalerweise sind Leute wie ihr meiner Beachtung nicht wert. Aber ich bin anpassungsfähig. Und ich will, dass ihr euch meinem Team anschließt.«
    Wieder folgte Stille.
    »Noch Fragen?«, wollte Gorgoz wissen. »Überhaupt keine Fragen? Ich verspreche auch, ich beiß euch nicht den Kopf ab.« Er lehnte sich zurück und studierte seine Krallen. »Ich fange im Allgemeinen gern mit den Gliedmaßen an.«
    Janet sagte: »Warum wir?«
    »Eine gute Frage. Und ich werde dir eine ehrliche Antwort geben. Ich habe über die Jahre Hunderte von Luckys Anhängern getötet oder töten lassen. Und ich könnte euch beide jetzt verschlingen – es würde mich amüsieren. Aber ich habe mir etwas ausgedacht, das noch amüsanter wäre. Warum euch abschlachten, wenn ich euch abwerben kann?
    Ich weiß, was ihr jetzt denkt. Wo ist der Haken? Was müsst ihr tun, um mich von eurer Ernsthaftigkeit zu überzeugen? Und jetzt kommt das Beste.« Gorgoz räusperte sich und lächelte. »Ich bitte euch im Gegenzug um absolut nichts. Ja, richtig. Um keinen Tropfen vergossenen Bluts und nicht einen Cent. Kein Gebet und keine unangenehme wahllose Verhaltenseinschränkung. Kein einziger Akt der Huldigung. Ihr müsst absolut nichts anders machen, als ihr es jetzt tut, und dafür sollt ihr meine Gunst

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