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Gott oder Zufall?

Gott oder Zufall?

Titel: Gott oder Zufall? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Berry
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bekannten Gesetzen der Physik und Chemie erklärbar seien. Diese Anschauung bildet den Eckstein des wissenschaftlichen Unternehmens. Wenn wir uns ihr nicht anschließen, können wir unsere Labore zumachen. Wenn wir von der Annahme ausgehen, dass unser Untersuchungsgegenstand nicht erklärbar sei, schließen wir wissenschaftliche Forschung aus. Entgegen der Sicht mancher Wissenschaftler beinhaltet diese logische Notwendigkeit keineswegs, dass der Naturalismus als apriorischer philosophischer Standpunkt, als Lehre oder Glauben angenommen werden müsse. Wie in der Wissenschaft üblich, ist er ein Postulat, eine Arbeitshypothese, die von Philosophen oft als »methodologischer Naturalismus« bezeichnet wird, eine, die wir bereitwillig aufgeben sollten, wenn wir auf Fakten oder Ereignisse stoßen, die sich jedem Versuch einer naturalistischen Erklärung entziehen.
    Der Nobelpreisträger Christian de Duve in: »Mysteries of Life: Is There ›Something Else‹?« (2002)
    Als Atheist hat de Duve gewiss kein theologisches Anliegen. Als Wissenschaftler sagt er, dass wir uns nach Kräften um naturalistische Erklärungen bemühen müssen, vermeidet es aber, den Naturalismus zum philosophischen Dogma zu erheben.

Die menschliche Abstammung
    Alle lebenden Kreaturen haben eine gemeinsame Abstammung. Auch wenn der Mensch keine Ausnahme (siehe Kapitel
Biowissenschaften/​ Die Evulotion des Menschen
) bildet, sind sich alle über dessen Sonderstellung im Tierreich einig. Als besonderes Kennzeichen des Menschlichen wurden viele Kriterien aufgeführt – der aufrechte Gang, der opponierbare Daumen, die Herstellung von Werkzeugen, die Lernfähigkeit, das abstrakte Denken, der Spieltrieb oder der Sinn für Kunst –, aber mit dem wachsenden Wissen über das Leben und Verhalten von Tieren hielt keines einer Überprüfung stand. Der bahnbrechende Verhaltensforscher William Thorpe akzeptierte, dass kein einziges Merkmal für sich als Alleinstellungsmerkmal für die menschliche Spezies gelten könne, sah aber zwischen uns und unseren nächsten Verwandten im Tierreich eine so gewaltige Kluft, dass »ein Punkt kommt, wo ein ›Mehr‹ den ›Unterschied‹ macht«. Für Christen liegt dieser Unterschied darin, dass wir nach »Gottes Ebenbild« erschaffen wurden. Wir sind
Homo sapiens,
aber auch
Homo divinus
(siehe Kapitel
Biowissenschaften/​ Die Evulotion des Menschen
).
    Sind wir »nichts als« Affen? Einem konsequent denkenden Reduktionisten fällt die Antwort leicht: Der Geist ist ein Epiphänomen des Gehirns, ein reines Symptom physiologischer Abläufe. Das Problem ist, dass dieses reduktionistische Programm sich am Ende selbst unterläuft und abschafft. Wenn unser Geistesleben nichts anderes ist als die brummende Aktivität eines computerartigen und hochkomplex verschalteten Gehirns, wer kann dann sagen, ob das Programm, das auf dem Gerät läuft, fehlerfrei ist oder nicht?
    John Polkinghorne, One World (1986)
    Die Ursprünge des modernen Menschen
    Während wir andere Spezies anhand ihrer Anatomie und Abkunft identifizieren, erkennen wir unsere menschlichen Artgenossen vor allem an geistigen Fähigkeiten. Wie diese in prähistorischer Zeit aussahen, lässt sich freilich nur schwer rekonstruieren. Verraten können uns dies nur noch erhaltene Artefakte, typischerweise aus Stein, Knochen oder Muscheln. Die bildhaften Darstellungen, Ornamente oder Symbole, mit denen sie versehen wurden, spiegeln ein bildhaftes Denken, das heute als besonders wichtiges Merkmal des Menschseins gilt. Über die richtige Deutung solcher Hinterlassenschaften längst untergegangener Kulturen wird natürlich häufig gestritten. Einig ist man sich immerhin darin, dass zu den frühesten menschlichen kulturellen Äußerungen die Fertigung von Schmuck aus Muschelschalen gehörte. Erste Hinweise stammen aus den Höhlen von Qafzeh und Skhul von 120000 v. Chr., gefolgt von ähnlichen Funden quer durch Nordafrika (Atérien-Kultur) und in der Blombos-Höhle in Südafrika, deren Funde unter anderem aus der Zeit um 70 000 v. Chr. stammen.
    Neben dem Symbolgehalt ihrer Funde sind alle Stätten, in denen solche Meeresmuscheln auftauchten, auch wegen ihrer Lage viele Kilometer vom Meer entfernt bedeutsam: Sie weisen auf ausgedehnte Handelsverbindungen hin.
    Zu ähnlichen frühen Hinweisen auf ein symbolhaftes Denken aus Südafrika gehören verzierte Ockerblöcke, behauener Flint, bearbeitetes Leder, Abschläge (Steinwerkzeuge), Knochenspitzen und Knochenahlen sowie komplexe

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