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Gott oder Zufall?

Gott oder Zufall?

Titel: Gott oder Zufall? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Berry
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dadurch belegt, dass Reizungen oder Schädigungen des Gehirns oder die Einwirkung von Drogen geistige Aktivitäten beeinflussen.
    Reizungen des Gehirns offenbaren einen kausalen Zusammenhang zwischen Gehirn und Geist
    In den 1920er und frühen 1930er Jahren kam der Schweizer Physiologe Walter Hess bei Versuchen zu faszinierenden Ergebnissen. Er stimulierte tiefere Bereiche der Gehirne von Katzen mit dünnen Elektrodennadeln, die diesen unter Betäubung eingepflanzt worden waren. Dabei wies er nach, dass der Hypothalamus nahe der Hirnanhangsdrüse einige lebenswichtige Funktionen steuert. Wenn er einen kleinen Teil des Hypothalamus reizte, wurde die Katze aggressiv: Mit erweiterten Pupillen und aufgestelltem Fell fauchte sie und griff an, sobald man sich ihr näherte. Wurden Regionen gereizt, die nur Millimeter entfernt lagen, nahm sie eine unterwürfige und anschmiegsame Haltung ein. Wurden anderen Stellen stimuliert, veränderte sie ihren Schlaf, ihr Fressverhalten oder ihre Atmung. Oder sie setzte sich nieder und entleerte ihre Blase.
    Bemerkenswert sind auch die Ergebnisse von Experimenten, bei denen Versuchstiere dazu gebracht wurden, sich selbst zu stimulieren. In den 1950er Jahren pflanzte James Olds Elektroden in die Gehirne von Ratten ein und schloss sie an Stimulatoren an, welche die Tiere im Käfig per Knopfdruck selbst bedienen konnten. Steckten die Elektroden in »Lustzentren«, wie sie später genannt wurden, drückten die Ratten ständig die Knöpfe, als löse die Reizung ein Glücksgefühl aus. Um an die Knöpfe zu gelangen, liefen sie in manchen Versuchen sogar über einen Rost, der unter Strom stand. »Lustzentren« wurden in zahlreichen Hirnregionen ausgemacht, so im Nucleus accumbens (siehe Kapitel
Menschheit und Menschsein/​ Die Wirkungen von Medikamenten auf Geist und Stimmung
), einem Teil des unteren Vorderhirns.
    Dass Hirnaktivität und Bewusstseinszustände zusammenhängen, ist am unmittelbarsten durch Versuche an
menschlichen
Gehirnen belegt. Wie bei den Ratten ruft die elektrische Reizung bestimmter Hirnbereiche Gefühle hervor. So wurden Lust in der Septumregion und Angst in der Amygdala sowie im Hippocampus hervorgerufen, der tief im Schläfenlappen sitzt. Die Amygdala ist gelegentlich auch für Zorn verantwortlich.
    Der kanadische Neurochirurg Wilder Penfield zeigte, dass sich durch Reizung des Schläfenlappens sogar komplexe kognitive Erfahrungen hervorrufen lassen. Als beispielsweise eine 14-jährige Epileptikerin an dem Teil ihres rechten Schläfenlappens stimuliert wurde, der mit dem Sehen assoziiert ist, rief sie plötzlich: »Oh, da kommt etwas auf mich zu! Lassen Sie es nicht auf mich losgehen!« Als der für das Hören zuständige Teil ihres Schläfenlappens Reize erhielt, sagte sie: »Sie schreien mich an, weil ich etwas falsch gemacht habe.« Penfield schloss daraus, dass er ein abnormes Areal stimuliert hatte, das die epileptischen Entladungen auslöste. Durch eine operative Entfernung befreite er die Patientin von ihrem Leiden.
     
    Regionen des Gehirns
     
    An anderen Patienten rief Penfield mit Elektroden im Schläfenlappen komplexe Halluzinationen hervor. »Musik, eine vertraute Melodie«, beschrieb es einer. Ein anderer rief: »Ich hatte so eine ganz vertraute Erinnerung, irgendwo in einem Büro. Ich sah Schreibtische. Jemand rief nach mir, ein Mann, der mit einem Bleistift in der Hand an einem Schreibtisch lernte.« Eine Frau, deren Gehirn stimuliert wurde, hatte plötzlich das Gefühl, dass sie zu Hause in ihrer Küche, inmitten eines vertrauten Geräuschpegels, von draußen die Stimme ihres kleinen Sohnes hörte. Zehn Tage nach der Operation stritt sie ab, dass es eine Täuschung gewesen war: Sie habe die Szene wirklich erlebt.
    Hirnverletzungen und Bewusstsein
    Forschungen, wie sich Hirnverletzungen auf geistige Funktionen auswirken, brachten eine Fülle neuer Erkenntnisse. Sie belegten nicht nur, dass Bewusstsein und willentliches Verhalten zwangsläufig vom Gehirn gesteuert werden, sondern auch, dass verschiedene Hirnbereiche für unterschiedliche Aspekte unseres Geisteslebens zuständig sind.
     
    Bei der Alzheimer-Krankheit sterben Nervenzellen ab. Gehirnmasse schwindet, und sogenannte senile Plaques entstehen.  ©  © Science Photo Library/​Dr. Robert Friedland
     
    So auch die moralische Hemmschwelle. Ein reales Beispiel ist das eines angesehenen Lehrers, der plötzlich kinderpornographische Websites aufsuchte und Prostituierte bedrängte. Als er sich

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