Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gott oder Zufall?

Gott oder Zufall?

Titel: Gott oder Zufall? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Berry
Vom Netzwerk:
seiner kleinen Stieftochter zu nähern versuchte, zeigte seine Frau ihn an. Er wurde per Gerichtsbeschluss seines Hauses verwiesen, wegen Kindesmissbrauch verurteilt und mit triebhemmenden Medikamenten behandelt. Er sah ein, dass sein Verhalten inakzeptabel war, erklärte aber, sein Trieb sei stärker als seine Hemmungen. Vom Richter vor die Wahl gestellt, entschied er sich anstatt für die Haftstrafe für eine Therapie. Als er weiter Frauen sexuell belästigte, flog er aus dem Programm. Am Abend vor seinem Haftantritt suchte er eine Klinik auf. Er klagte über Kopfschmerzen und die Angst, dass er seine Vermieterin vergewaltigen könnte. Bei der Untersuchung kam ein eigroßer Tumor im rechten Stirnlappen zum Vorschein. Nachdem dieser operativ entfernt worden war, verhielt der Mann sich wieder völlig normal. Die pädophilen Antriebe waren verschwunden, kehrten aber ein Jahr später zurück: Der Tumor war nachgewachsen. Nach einer weiteren Operation waren sie erneut verschwunden. Wie der Tumor gewirkt hatte, ist nicht genau geklärt, aber Anhaltspunkte sprechen dafür, dass eine Schädigung des Stirnlappens moralische Hemmungen beeinträchtigt. Wahrscheinlich drückte der Tumor auf eine Hirnregion, die bestimmte Antriebe unter Kontrolle hält.
    Hirnschäden oder die Degeneration von Nervenzellen können auch die Spiritualität beeinträchtigen. So fühlen sich manche Alzheimer-Patienten von Gott abgeschnitten. Dieser beunruhigende Aspekt kommt angesichts der Bedeutung, die Erinnerungen und das Erkenntnisvermögen für die spirituelle Erfahrung haben, allerdings nicht wirklich überraschend.
    Die Wirkungen von Medikamenten auf Geist und Stimmung ⬅
    Arzneien und Drogen liefern einen weiteren Beweis dafür, dass sich Veränderungen in der Hirntätigkeit auf alle Aspekte unseres Bewusstseins auswirken können. Beim Alkohol ist diese Wirkung jedem bekannt.
    Ein weiteres Beispiel ist Kokain, eine Droge, welche die Wirkung von Dopamin verstärkt. Dieser Botenstoff wird vor allem im Nucleus accumbens, einem »Lustzentrum«, ausgeschüttet. Ratten gieren danach, dieses Hirnareal zu stimulieren, wenn sie es über eine eingepflanzte Elektrode selbst reizen können. Wenn eine Ratte in einem leicht abgewandelten Experiment den Knopf drückte, wurde ihr aus einer kleinen Pipette in den Nucleus accumbens Dopamin oder Kokain verabreicht – ebenfalls mit heftig stimulierender Wirkung. Das Ergebnis stützte die These, wonach der euphorisierende Effekt des Kokains dadurch ausgelöst wird, dass es die Wirkung von Dopamin in »Lustzentren« wie dem Nucleus accumbens verstärkt. Für Menschen ist dies aber nur indirekt belegt.
    Ein weiteres Beispiel für die Macht der Drogen über den Geist und seine Stimmungen ist das verbreitete Antidepressivum Fluoxetin (Prozac). Es verstärkt die Wirksamkeit des Botenstoffs Serotonin, indem es dessen Wiederaufnahme durch die Nervenendigungen hemmt, die ihn ausschütten. Etwa zu der Zeit, als Fluoxetin auf den Markt kam, wurden weitere Beweise erbracht, dass Serotonin Stimmungslagen verändert: Neue gentechnisch veränderte Mäuse, denen einer der 14 verschiedenen Rezeptoren für Serotonin fehlte, verhielten sich besonders aggressiv und griffen Artgenossen ungewöhnlich oft an.
    Schlussfolgerung
    Beachtlich viele Belege stützen die Sichtweise, wonach unsere geistigen Funktionen die Abläufe im Gehirn nicht nur begleiten, sondern von ihnen hervorgerufen werden. Warum dem so ist, mag als Mysterium erscheinen, aber dies ändert nichts daran, dass unser geistiges Leben von Prozessen im Gehirn abhängt.

Die Seele und die Frage des Dualismus
    Wir wollen nichts zu tun haben mit dem fantastischen Hinweis, dass die hyperempfindlichen »Reaktoren« in der Hirnrinde auf Anstöße einer praktisch körperlosen Seele reagieren. Aber worauf sollen sie denn reagieren? Worauf sonst, wenn nicht auf die Anstöße der verkörperten Seele, also auf andere Anstöße im selben Nervensystem.
    Austin Farrer, The Freedom of Will (1957)
     
    Ich glaube an den Geist in der Maschine. Das heißt, dass das Ich irgendwie so auf dem Gehirn spielt, wie ein Pianist auf dem Klavier klimpert oder ein Fahrer Steuer und Gangschaltung bedient.
    Karl Popper in: Popper und Eccles, The Self and Its Brain (1977)
    Zwei Ansätze
    Wenn wir von der »Seele« reden, meinen wir damit vielleicht ein zentrales »Ich«, das bewusst Erfahrungen machen, handeln und Entscheidungen treffen kann. Oder wir drücken damit auch die Überzeugung aus, dass

Weitere Kostenlose Bücher