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Gott wuerfelt doch 1

Gott wuerfelt doch 1

Titel: Gott wuerfelt doch 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Kreutzer
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gestreckte Gestalt von Kárpathos vor uns liegen, und
das Flugzeug ging in den Sinkflug über.
    Die
Militär-Landebahn von Kárpathos war lang genug, um auch große
Passagiermaschinen starten und landen zu lassen. Erst vor kurzem sei sie - wie
Konrad mir später erzählte - für den Zivilluftverkehr freigegeben worden. Die
Flughafenbaracke glich daher eher einem kleinen Bürogebäude, sie genügte
allerdings, um den Flugverkehr aufrecht zu erhalten.
    Die Hitze war
erschlagend. Mir war schwindelig, als ich aus dem Gebäude trat. Konrad schritt
auf das erste Taxi zu. Ich wartete und nahm erst das dritte. Dem schwitzenden
Fahrer nannte ich das Ziel, das Konrad mir auf einen Zettel geschrieben hatte.
    Das Hotel lag
direkt am Meer am Rande der Hafenbucht von Pigádia, die von Tavernen und
kleinen Restaurants gesäumt war. Der Blick von meinem Zimmer war großartig. Das
Glitzern der Abendsonne auf dem Wasser gab mir für einen Augenblick
Zerstreuung. Ich erschrak, als Konrad mich an der Schulter berührte.
    „Wie bist du
hereingekommen?“, fragte ich erstaunt.
    Er machte eine
leichte Bewegung mit Augenbrauen und Schultern.
    „Wir werden nur
heute hier übernachten. Morgen fahren wir weiter. Ich habe einen Geländewagen
gemietet. Die Straßen sind schlecht, aber wir müssen nach Norden.“
    „Wohin fahren wir?“
    „Du wirst schon
sehen. Vertrau mir.“
    „Konrad, das möchte
ich ja gerne, aber ich habe doch etwas Angst vor dir. Ich meine, es beunruhigt
mich alles ...“ Ich warf die Arme hoch und gab meiner Hilflosigkeit Ausdruck.
    „Ja, in Ordnung.
Ich werde es dir gleich erzählen. Jetzt brauchen wir etwas zu essen. Fisch ist
hier sehr gut. Rund um die Insel liegt einer der noch wenigen guten Fanggründe
des Mittelmeers. Wir gehen zum Hafen.“
    Wir schlenderten
die Hafenpromenade entlang und wurden von freundlichen Gesichtern angegrinst,
Kellnern, die uns zum Verweilen in ihrem Restaurant einladen wollten, ohne
aufdringlich fordernd zu sein. Ich grüßte jeweils lächelnd zurück, während
Konrads wache Augen immer einen Schritt voraus waren und die gesamte Szenerie
beobachteten. Schließlich kamen wir zu einer kleinen Taverne, die unterhalb der
Akropolis direkt am Hafen lag.
    Die Ouzeri war
klein und unscheinbar, aber hier gebe es den besten Fisch, sagte Konrad und
nahm an einem der ersten Tische Platz. Die geflochtenen Sitzflächen der Stühle
waren hart, die Tische mit rot-weiß karierten Decken verziert. Auf jedem Tisch
brannte ein Windlicht.
    „Eigentlich ein Platz,
wo man lieber mit einer Frau sitzen würde“, bemerkte Konrad lakonisch. Ich sah
ihm streng ins Gesicht und vereiste ihn mit meinem Blick: „Du blödes Arschloch!
Schaff mir meine wieder her!“
    Konrad sah nach
unten und schämte sich. „Vergib mir. Es tut mir wirklich leid!“
    Ich glaubte es ihm.
Schlechtes Gewissen war in unserer Situation eher hinderlich, und so versuchte
ich - trotz meines Schmerzes -, ihm seine unbedachte Bemerkung nicht
nachzutragen.
    Er rückte seinen
Sitz zurecht, räusperte sich und bestellte Wein. Der Kellner sprach Englisch
und erklärte, sein Schnaps sei besonders gut, und so wurden es zusätzlich zwei
Ouzo.
    Wir tranken den
milden Schnaps, und dann beugte Konrad sich zu mir vor. „Wir fahren morgen nach
Spóa. Das liegt in der Mitte der Insel. Muss ein merkwürdiges Dorf sein“, sagte
Konrad versonnen und schüttelte den Kopf. „Die Bevölkerung dort besteht zu
einem großen Teil aus Heimkehrern, man nennt sie dort Frisbees.“
    „Frisbees?“
    „Ja, wie diese
Wurfscheiben. Man wirft sie weit weg, und irgendjemand wirft sie wieder zurück.
Die hiesigen Frisbees sind in ihrer Jugend über den Atlantik nach Dallas und
nach Brooklyn geschippert, haben dort ihr Glück gemacht und sind im Alter
wieder zurückgekehrt. Sie alle reden mit breitem amerikanischem Tonfall.
Deshalb werden sie auch Amerikáni genannt. Für jemanden, der sich verstecken
will, ist das eine perfekte Tarnung. Unser Mann, den wir suchen, hat sich dort
eine Existenz aufgebaut. Vor langer Zeit hat er einen alten Spoiten in New York
kennen gelernt, der keine Familie mehr hatte; er hat ihm von Spóa erzählt, wo
er aufgewachsen war. Sein Haus stand leer, aber es gehörte ihm noch. Nachdem
der Alte gestorben war, kam unser Mann hierher und gab vor, sein unehelicher
Sohn zu sein, aus einer leidenschaftlichen Freundschaft mit einer
deutschstämmigen Amerikanerin. Man glaubte ihm und ließ ihn in das Haus
einziehen. In Spóa ist er heute ein

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