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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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werde, sei trotzdem
Christ und müsse als solcher leben. Tat es das nicht, wurde es als Ketzer
eingestuft, mit den furchtbaren Strafen, die das nach sich zog. Die Ghettos
hallten wider von Klagen, wenn solche Verbrechen verübt wurden. Sie trauerten
auch, wenn ein zum Christentum bekehrter Jude tat, was der Priester ihm sagte,
und seine Kinder aus dem Ghetto entführte. Sobald sie getauft waren, durfte
ihre Mutter sie nie wiedersehen.
     
    In den schlimmsten Tagen
päpstlicher Unterdrückung in Rom lebten die Juden in einem mit hohen Mauern
umgebenen Bereich. Natürlich mußten sie nach oben bauen. Folglich brachen die
Häuser zusammen, manchmal während einer Hochzeitsfeier. Brände griffen rasch um
sich. Hygiene gab es praktisch nicht, und so verstärkte sich der Mythos, Juden
hätten einen widerlichen Geruch, der erst bei der Taufe verschwände.
    Ramazzini, bekannt als Vater
der Berufskrankheiten, untersuchte italienische Juden und veröffentlichte seine
Befunde 1700 in seinem Buch De morbis artificum. Sie zeigten, schrieb
er, alle Symptome des seßhaften Lebens. Ihre Frauen litten an früher Blindheit.
Sie hatten überdurchschnittlich viel Kopfschmerzen, Zahnschmerzen,
Halsschmerzen und Lungenkrankheiten. Die Päpste waren verantwortlich für Generationen
von Schmerzen, die nicht im Geschichtsbuch stehen.
    Die Französische Revolution
brachte das Zeitalter der Aufklärung. Den Vatikan erreichte die Aufklärung
nicht. Eine geschlossene Reihe von Päpsten verstärkte die alten Vorurteile
gegen Juden und behandelte sie als Aussätzige, unwürdig, durch das Gesetz
geschützt zu werden. Auf Pius VII. folgte Leo XII., Pius VIII., Gregor XVI.,
Pius IX. — alle gute Schüler Pauls IV.
    Wenn Juden irgend etwas kauften
oder verkauften, das im katholischen Gottesdienst verwendet wurde—einen Kelch,
einen Rosenkranz, ein Kruzifix —, mußten sie 200 Scudi Strafe zahlen. Die
gleiche Strafe wurde dafür erhoben, Rom ohne Erlaubnis des Inquisitors zu
verlassen. Wenn ein christlicher Arzt gerufen wurde, einen Patienten im Ghetto
zu behandeln, mußte er zuerst versuchen, ihn zu Christus zu bekehren. Gelang
ihm das nicht, so mußte er sofort gehen. Drei oder vier jüdische Kinder wurden
jeden Montag zur Taufe geholt und zu Christen gemacht. Wer dem widersprach,
selbst wenn es die Eltern waren, wurde vor die Inquisition gezerrt. Wenn zwei
Christen bezeugten, ein Jude habe mit Worten oder Taten einen katholischen
Priester oder die wahre Religion beleidigt, wurde er hingerichtet.
    Leo XII. (1823—29) befand, die
Christen würden zu lasch. Er sperrte die Juden wieder in Ghettos ein. Auch
verbot er die Pockenimpfung während einer Epidemie, weil es »gegen das
Naturgesetz« sei. Aber die wirkliche Enttäuschung war Pius IX.
    Er war ein enttäuschter
Liberaler und erließ noch strengere Gesetze gegen die jüdische Gemeinschaft.
Cecil Roth schreibt in seiner History of the Jews in Italy (1946) von
einem wohlhabenden Juden, der unter Pius IX. ins Gefängnis geschickt wurde,
weil er eine alte Christin seine Wäsche besorgen ließ. Inzwischen hatten die
Juden im größten Teil der Welt Freiheit und Würde erlangt. Nicht aber in Rom
oder im Kirchenstaat. Das Haus der Katechumenen war noch immer geöffnet. Im
Jahr 1858 war es der Schauplatz des vielleicht schlimmsten aller Mißbräuche.
    Ein Mädchen in Bologna hatte
ihrem Beichtvater sub sigillo gesagt, daß sie vor sechs Jahren illegal als
Dienstmädchen bei einer jüdischen Familie namens Mortara gearbeitet hatte. Sie
hatten einen Sohn, und weil das Mädchen dachte, er liege im Sterben, taufte sie
ihn. Ihr Beichtvater sagte ihr, es sei ihre Pflicht, die Behörden zu
informieren. Mit Befehl vom Klerus ergriff die Polizei den siebenjährigen
Edgardo und schickte ihn nach Rom, damit er als Christ erzogen würde. Diese cause
célèbre löste in ganz Europa einen Sturm aus. Franz Joseph von Österreich
und Napoleon III. von Frankreich warnten beide den Papst, er errege weltweiten
Unmut. Im Mansion House in London wurde ein Massentreffen abgehalten. Der
angesehene britische Jude Sir Moses Montefiore reiste nach Rom, um den Papst
persönlich zu bitten. Pius IX. blieb eisern.
    Nach einer triumphalen Parade
durch das römische Ghetto wurde Edgardo Montara den feierlichen Zeremonien der
Taufe übergeben. Er wurde als Christ erzogen und wurde später ein angesehener
Missionspriester. Wieder einmal fehlte einem persönlich frommen Papst jedes
Gespür für natürliche Gerechtigkeit gegenüber

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