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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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einschließlich das von Pius XII., von den Toren der
Großen Synagoge. Die Juden waren wieder frei. Sie kamen aus ihren Verstecken
und fanden, daß zweitausend von ihnen fehlten.
    Cecil Roth drückte 1946
aufrichtige Dankbarkeit aus, daß die Kirche seinem Volk im Krieg geholfen habe.
»So wurde im zwanzigsten Jahrhundert das große Unrecht des italienischen
Ghettos wiedergutgemacht.« Pinchas E. Lapide lobte Pius XII. für sein stilles
Wirken hinter den Kulissen. Viele Beobachter sind weniger freundlich. Für sie
lautet die Frage: Warum hat der Papst seine Stimme nicht erhoben?
    Seine Verteidiger sagen, er
wollte die Neutralität des Vatikans als Vermittler bewahren; er fürchtete, den
deutschen Katholiken eine unerträgliche Gewissenslast aufzubürden. Seine
Kritiker entgegnen: Kann es Neutralität zwischen dem Guten und dem so furchtbar
Bösen geben? Außerdem, was ist mit der Last der Juden, die Deutsche, Katholiken
wie Nichtkatholiken, millionenweise massakrierten?
    Hochhuths Darstellung Pius’
XII. in seinem Schauspiel Der Stellvertreter als eine Art
Superkapitalist, der nur den Kursverlust seiner Wertpapiere fürchtet, ist
lächerlich. In seinem ganzen Leben hat Pius nie an persönlichen Besitz gedacht.
Hochhuth war der Wahrheit näher, als er fragte, wie in diesem sogenannt
christlichen Europa der Mord an einem ganzen Volk geschehen konnte, ohne daß
die höchste moralische Autorität ein Wort dazu zu sagen hatte.
    Im Vatikan selbst traten
Meinungsverschiedenheiten zutage. Nach dem Krieg sollte Paul VI. seinen
ehemaligen Chef mit dem Argument verteidigen, ein Protest gegen die deutschen
Greuel »wäre nicht nur sinnlos, sondern schädlich gewesen«. Kardinal Tisserant,
der spätere Dekan des Heiligen Kollegiums, sagte dagegen während des Krieges:
     
    Ich
fürchte, die Geschichte wird den Heiligen Stuhl dafür tadeln, daß er eine
Politik selbstsüchtigen Vorteilsdenkens und nicht viel anderes gemacht hat.
Dies ist sehr traurig besonders für uns, die wir unter Pius XI. gelebt haben.
Jedermann (in Rom) vertraut darauf, daß Kurienkardinäle keinen Schaden leiden
werden, nachdem Rom zur offenen Stadt erklärt worden ist; das ist eine Schande.
     
    Die Zeiten der abgesetzten
Herrscher waren lange vorbei. Katholiken wie Hitler und Goebbels hätte eine
Exkommunikation nichts ausgemacht, sie hätten auch mit der Judenverfolgung
nicht aufgehört, weil der Papst das wollte. Doch haben einige gefragt: Hätte
Seine Heiligkeit, der 1950 unfehlbar erklärt hatte, eine Jüdin sei mit Leib und
Seele in den Himmel aufgenommen worden, 1942 mit Autorität sagen können, daß
ihre Rasse nicht vernichtet werden sollte, nur weil sie jüdisch war? Was
hinderte ihn daran, wie Kardinal Tisserant ihm dringend nahelegte, öffentlich
zu sagen, Katholiken dürften sich nicht an Massenmord beteiligen oder es gebe
Situationen, in denen rechtmäßigen Staatsoberhäuptern um jeden Preis der
Gehorsam zu verweigern sei?
    Die einzig befriedigende
Erklärung für das Schweigen Pius’ XII. ist, daß er zuerst und vor allem
Katholik war; Katholik und dann erst Christ oder Mensch, obwohl er ein
prächtiger Christ und ein tief barmherziger Mensch war. sein jüdischer
Bewunderer Lapide schreibt: »Ein einziges päpstliches Edikt, das den Christen
sagte, das jüdische Gesetz »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, das
Christus seine Jünger lehrte, sei auch auf Juden anwendbar, wäre besser gewesen
als lange Listen von Verboten und Einschränkungen. Doch ein solcher einfacher
Brief kam nie aus Rom.« Wenn nur Pius XII. soviel an den Juden gelegen hätte
wie Pius XI. an seinem Kirchenstaat.
     
    Auf Pius folgte Johannes
XXIII., siebenundsiebzig Jahre alt, der große, wesentliche Mensch. Er strich
sofort das »treulos«, das Eigenschaftswort, das für Juden in der
Karfreitagsliturgie benutzt wurde. Er wußte, daß der Karfreitag vielmehr eine
Art katholisches Yom Kippur sein sollte, ein Tag der Buße für die Sünde der
Kirche, über die Jahrhunderte hinweg Jesus in Gestalt seiner jüdischen
Geschwister gekreuzigt zu haben. Als er einmal die Führer des amerikanischen
United Jewish Appeal empfing, sagte der Papst mit einem Lächeln: »Ich bin
Josef, euer Bruder« — »Son’io Giuseppe il fratello vostro.« Josef war der
jüngste Bruder.
    Unter Johannes’ Anleitung
erarbeitete Kardinal Bea ein Dokument über die Juden, das dem Zweiten
Vatikanischen Konzil vorgelegt werden sollte. Johannes starb, bevor es
verabschiedet war. Es wurde bis zur

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