Gottes erste Diener
begannen zu sagen, ein eheloser Klerus sei trotz all seiner Opfer für die
Kirche ein Luxus, den sie sich nicht mehr leisten konnte. Die Haltung der
Priester schien zu sein: »Wenn Sie nicht die moralische Kraft haben, ehelos zu
sein wie wir, müssen Sie die Folgen tragen — einschließlich aller Kinder, die
Gott Ihnen schenkt.« Ein amerikanischer Jesuit meinte, das Zölibat sollte für
Priester freiwillig sein, für Bischöfe aber Pflicht, damit sie zur Besinnung
kämen. Wie Erzbischof Hurley andeutete, war nicht einmal beim Konzil die ganze
Kirche vertreten. Wie können alte, ehelose Männer den sensus fidelium in
Angelegenheiten vertreten, worin sie nicht kompetent sind, wo selbst der freie
Gebrauch ihrer Phantasie sie in Sünde stürzen würde? Es war so unrealistisch,
wie wenn Laien den Mönchen und Klerikern sagen wollten, wie sie ihr Leben der
Ehelosigkeit führen sollten.
Der Reichtum an Weisheit, den
die Laien besitzen, wurde in den gemeinsamen Vorrat, der die Kirche ernähren
sollte, einfach nicht eingebracht. Fünfundzwanzig Jahre nach dem Konzil hält
der Klerus noch immer Synoden über »die Laien«, ohne daß ein einziger Laie ein
Stimmrecht hat. Besonders Frauen fanden, Humanae vitae habe ihnen übel
mitgespielt. Sie porträtierte einen Gott, der Frauen nicht liebt. In Christus
ist weder Mann noch Frau, doch in der katholischen Kirche ist nur Mann. Bei
allen wohltönenden Worten Pauls VI. über die Würde der Frauen — tatsächlich
beschrieb er Wesen, die es nur in seiner Vorstellung gab. Zum erstenmal war es
Frauen möglich, gleichberechtigte Partner in der Ehe zu sein; das Vorurteil,
Männer seien höher entwickelt, war von wissenschaftlichen Fortschritten
weitgehend korrigiert worden. Katholische Prälaten konnten das nicht sehen; sie
zogen Frauen als ewige »Puppenhaus«-Leute vor, an Haus und Kinder gefesselt.
Die Frauen sahen das anders.
Für sie hatte die
Empfängnisverhütung nicht nur dazu beigetragen, die ehelichen Beziehungen
gleichberechtigt zu machen; sie hatte die Sexualität humanisiert. Sex war nun
eine Sache der Freude für Mann und Frau, ohne die endlose Angst vor der
Empfängnis. Sie hatte Kinderhaben und Kindererziehung zu einer Sache der
Entscheidung gemacht. Die Paare waren endlich in der Lage, dann Kinder zu
bekommen, wenn sie dafür bereit waren, wenn es für die Familie gut war, so daß
jedes Kind ein Wunschkind war.
Der Klerus, in Einsamkeit
geschult und versunken, konnte Frauen nicht verstehen. Für ihn stellen Frauen
Versuchung dar, ein Abfallen von seiner Berufung. Deshalb ist »die Frau« in
päpstlichen Dokumenten eigentlich ein Porträt der Jungfrau Maria; sie allein
bedeutet unter allen Frauen keine Gefahr für die Berufung eines Priesters.
Im neunzehnten Jahrhundert
griffen die Päpste ständig die bürgerliche und religiöse Freiheit an; im
zwanzigsten befassen sie sich vor allem mit Sexualität. Sie haben mit der
besten Absicht versucht, die Freiheit in diesem intimsten und privatesten
Bereich der Liebe zu ersticken. Angesichts der explosionsartigen Vermehrung von
Menschen — Häusern und selbst Kontinenten, die vor Überfüllung platzen — hatte
päpstliche Weisheit nur die höchst unsicheren »sicheren Tage« und eheliche
Ehelosigkeit zu bieten, um die Fruchtbarkeit zu kontrollieren. Beides zeigte,
wie wenig der Klerus vom Leben wußte. Er sprach, als sei sexuelles Begehren
etwas, das nach Bedarf an- und abgestellt werden kann. Die Laien waren
enttäuscht.
Die Priester betraf Humanae
vitae auf andere Weise. Die Enzyklika zwang sie, ihre eigene Sexualität neu
zu überdenken. Viele hinterfragten das Zölibat zum erstenmal. Die Enzyklika
zeigte ihnen, daß der Papst über Sex in der Ehe unrecht hatte. Was, wenn er
über Sexualität insgesamt unrecht hatte? Was wurde dann aus ihnen?
Aus welchem Grund auch immer
erhielt Rom eine Flut von Anträgen von Priestern, die den Dienst aufgeben
wollten, als die Frage der Empfängnisverhütung 1962 aufkam. Der am häufigsten
angegebene Grund war Unfähigkeit, das Zölibat durchzuhalten. Die Geschichte
zeigt, daß das Zölibat fast immer eine Katastrophe war, doch nie zuvor waren so
viele Priester bereit gewesen, das einzugestehen und Rom um ihre Entlassung zu
bitten.
Ein Mitglied der päpstlichen
Kommission fehlte, als die Schlußabstimmung stattfand: Karol Wojtyla, Kardinal
von Krakau. Seine Abwesenheit wurde nie erklärt. Zweifellos glaubte er wie Paul
VI., daß kein Wandel möglich war. Vielleicht wollte
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