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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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willens, dem
Geschwafel untüchtiger Päpste zuzuhören. Vor allem die Fürsten nicht.
    Der neue Papst war blinder und
tauber als jeder vor ihm, wenn auch keineswegs stumm. Er versuchte, den Sturm
zu überschreien, und führte sich auf wie ein ins Leben zurückgekehrter Gregor
VII.

8. Kapitel

Das Zwielicht absoluter Macht
     
     
     
     
     
     
     
    Die Römer sagten von ihm, seine Mutter hätte ihn bei der Geburt erwürgt, wenn sie seine
Laufbahn vorausgesehen hätte. Der Betreffende war Johannes Petrus Carafa, der fleischgewordene
Zorn Gottes, der Paul IV. wurde (1555-1559).
    Er war groß, kahlköpfig und
schmal; als er mit neunundsiebzig gewählt wurde, quälte ihn der Rheumatismus,
doch er hatte noch immer einen elastischen Gang. Mit seinen plötzlichen,
heftigen Gesten schlug er oft in der Nähe stehende Berater zu Boden. Der
Botschafter von Florenz beschrieb ihn als einen Mann aus Eisen, der selbst aus
den Steinen, auf denen er ging, Funken schlug. Sein massiver Kopf hatte die
Form des Vesuvs, in dessen Schatten er geboren war. Auch er brach ohne
Vorwarnung aus und spie Zerstörung und Tod. Sein zottiger Bart und seine
buschigen Brauen gaben ihm ein wildes Aussehen; seine tiefliegenden Augen, rot
und fleckig, leuchteten wie brennende Lava. Seine krächzende Stimme, selten frei
von Katarrh, rollte und donnerte; sie verlangte sofortigen, blinden Gehorsam.
    Selbst der Papsthistoriker
Pastor hatte Schwierigkeiten, etwas Freundliches über Paul IV. zu sagen.
Unflätiger Süditaliener, der er war, ließ er sich laut Pastor »dazu hinreißen,
Ausdrücke zu gebrauchen, die unglaublich scheinen würden, wären sie nicht von
Zeugen bestätigt, die über jeden Zweifel erhaben sind«.
    In seinen Flüchen war er
vollkommen katholisch. Er kanzelte durchaus einmal einen Kardinal als Lakaien
ab; Botschafter ließ er zwischen vier und sieben Stunden warten, als stünde das
dem Nachfolger Petri an. Er ließ sie nie vor, ohne ihnen in die Ohren zu
schreien, er stehe höher als alle Fürsten. Als Stellvertreter Christi konnte
er, wie er behauptete, alle Monarchen der Erde austauschen, wenn er nur einen
Finger bewegte.
    Im Jahr 1557 veröffentlichte
Paul die Bulle Cum ex Apostolatus officio. Er beanspruchte, Pontifex
maximus zu sein, Gottes Repräsentant auf Erden. Als solcher habe er unbegrenzte
Macht, jeden Monarchen abzusetzen, jedes Land der ausländischen Invasion
preiszugeben, jeden ohne gerichtlichen Prozeß seiner Habe zu berauben. Jeder,
der einem Abgesetzten Hilfe anbot — selbst einfache Menschlichkeit — würde
exkommuniziert.
     
     
    Eine neue Königin für England
     
    Anfang 1559 erschien der englische Botschafter Edward Carne vor diesem päpstlichen
Vulkan. Er teilte Seiner Heiligkeit mit, daß Elizabeth Tudor, Tochter Heinrichs
VIII. von Anne Boleyn, Maria auf den Thron Englands gefolgt war.
    Paul haßte alle Frauen mit
unbeugsamem theologischem Ingrimm und erlaubte nie, daß ein Wesen dieser
Gattung in seine Nähe kam. Er war entschieden gegen Platon, wenn dieser sagte,
Frauen seien den Männern gleich. Thomas von Aquin hatte recht: Frauen waren
mißlungene Männer. Ihre Seelen waren einfach nicht kräftig genug, um die
männliche Gestalt und den überlegenen männlichen Intellekt zu formen. Trotz
alledem war ihm Maria Tudor fast sympathisch geworden, als er hörte, wie sie
mit den sterblichen Überresten ihres Vaters Heinrich verfahren war. Sie hatte
seine ketzerische Leiche exhumiert und verbrannt. Außerdem hatte sie innerhalb
weniger Jahre zweihundert lebende Protestanten verbrannt.
    Da war Elizabeth etwas anderes.
Wußte dieser weibliche Emporkömmling nicht, fragte der Papst Carne, daß England
seit König Johann Lehen des Heiligen Stuhls war? Und daß uneheliche Kinder es
nicht erben konnten? Hatte sie seine letzte Bulle nicht gelesen? Es war eine
schlichte Frechheit von ihr, England regieren zu wollen, wenn es doch ihm
gehörte. Nein, das konnte er ihr nicht durchgehen lassen. Sie war eine
Usurpatorin, ein Bankert, eine Ketzerin. Wenn sie auf ihre lächerlichen
Ansprüche verzichtete und sofort bußfertig zu ihm käme, würde er sehen, was er
für sie tun könnte. Andernfalls...
    Innerhalb von ein paar Monaten
brach Elizabeth die diplomatischen Beziehungen mit Rom ab.
     
    Der arrogante männliche
Chauvinist im Vatikan verstand die fünfundzwanzigjährige Frau nicht, mit der er
es zu tun hatte. Bei all ihren Fehlern hatte sie ein Herz von englischer Eiche.
    Elizabeth war in einem
französischen

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