Gottes Gehirn
Konferenz gefragt.“ „Nach welcher Konferenz?“
„Blake“, sagte Troller.
„Gehen Sie“, sagte Mrs. Marconi leise und kalt. „Wir werden nicht darüber reden.“
„Ihr Mann hat gesagt, es gibt jemanden, der alle Konferenzteilnehmer umbringen will“, sagte Troller.
„Und wir fragen uns“, sagte Jane, „warum jemand ihnen die Gehirne raubt.“
„Gehen Sie“, rief Marconi erregt aus, „haben Sie nicht gehört, was meine Frau gesagt hat?“
„Warte“, sagte Laura Marconi. „Lass mich nachdenken.“ Marconi gehorchte. Auch Troller und Jane wagten nicht, die imposante Frau zu stören. Alle schauten mit Spannung auf das attraktive und, wie Troller fand, durchaus nicht unsympathische Gesicht, in dem vor allem der Mund zu denken schien. Laura Marconi biss sich leicht auf die Oberlippe, befeuchtete sie, schob die Lippen zu einem Schmollmund vor, kniff sie zusammen – ein wahres Lippentheater, das sie da offenbar ganz unbewusst aufführte. Wahrscheinlich war ihr Gehirn gerade dabei, in ihrem Körper nachzufragen, wie es sich entscheiden sollte.
„Enzo“, sagte sie schließlich, „vielleicht ist es Zeit, die Geheimhaltung aufzugeben. Wer weiß, wann du dran bist. Oder ich.“
„Du nicht“, sagte Marconi. „Du warst nicht auf der Konferenz. Bisher haben sie sich streng an die Teilnehmerliste gehalten.“
„Wer?“, fragte Jane. „Wer sind sie?“
Marconi schaute seine Frau an. Mrs. Marconi wusste offenbar doch noch nicht genau, wie sie sich entscheiden sollte. Sie schien zu überlegen, ob sie Troller und Jane trauen könnte. Schließlich sagte sie: „Vielleicht sollten wir es ihnen wirklich sagen. Vielleicht solltest du es ihnen zeigen.“
„Also gut“, sagte Marconi. „Kommen Sie.“
Ohne sich zu vergewissern, ob Troller und Jane ihm folgten oder nicht, eilte er durch das Vorzimmer, an der Sekretärin vorbei und wieder zurück in sein Arbeitszimmer. Dort griff er zum Telefon, wählte eine Nummer und wartete. Keine Antwort. Er blätterte in einem Telefonverzeichnis, fand eine andere Nummer und wählte erneut. „Helmut“, sagte er, als endlich jemand abhob, „gut, dass du noch da bist.“ Danach folgten einige Hms und Ahas, bevor er erklärte, er hätte hier zwei deutsche Journalisten bei sich, die sich gern mal die Affen anschauen wollten. In einer Viertelstunde.
„Übrigens ein Landsmann von ihnen. Helmut Ziegler. Hat am anderen Ende des Parks ein Versuchslabor. Die Experimente finden unter seiner Leitung statt, aber wir arbeiten eng zusammen. Letztlich trage natürlich ich die Verantwortung für alles. Was mir nicht immer leicht fällt, glauben Sie mir.“
„Versuche mit Affen?“, fragte Jane mit leichtem Ekel in der Stimme. „Ja“, sagte Marconi. „Ich gebe zu, ich bin mir manchmal auch nicht mehr sicher, ob wir das Richtige tun. Aber vielleicht ist jetzt nicht die Zeit dafür zu moralisieren. Ich fürchte, es gibt jemanden, der weit schlimmere Experimente macht als wir. Aber lassen Sie mich kurz den Hintergrund der Sache erklären.“ Er ging hinter seinen Schreibtisch, zog eine Schublade heraus, wühlte darin herum und hielt schließlich eine Zigarette zwischen den Fingern. „Wissen Sie“, sagte er, nachdem er sich Feuer gegeben hatte, „was mich immer beunruhigt hat? Das ist die Sache mit den Plattwürmern. Es ist vollkommen erforscht, wie die funktionieren. Es gibt bei ihnen keine einzige Nervenzelle mehr, die uns ein Geheimnis wäre. Nun ja, Plattwurm, werden Sie sagen, irgend so ein primitiver Organismus. Aber Sie sollten sich Ihren Hochmut verkneifen, denn das Beunruhigende ist: Unsere Nervenzellen unterscheiden sich nicht im Geringsten von denen des Plattwurms. Wir haben mehr davon, natürlich, und sie sind anders organisiert, keine Frage – aber es gibt vom Plattwurm über das Krokodil und den Affen bis zu uns keinen ontologischen Sprung. Da fährt nicht irgendwann der Geist vom Himmel auf uns herab in Gestalt einer Taube oder eines Blitzes. Nichts davon. Plattwurm – Krokodil – Affe – wir. Das geht nahtlos ineinander über. Nun, ich sagte ja, ich bin Reduktionist. Aber beunruhigend ist das schon.“
„Sie meinen, wir Menschen sind auch nur eine höhere Form des Plattwurms?“
„Nein, das nicht“, sagte Marconi. „Wir haben durchaus ein anderes, ein höheres Bewusstsein als die Tiere, keine Frage. Wir haben überhaupt erst Bewusstsein im höheren Sinne, nicht nur ein phänomenales Bewusstsein, sondern ein Selbstbewusstsein. Wir wissen nicht nur, wir wissen auch,
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